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KIT: Opensource-Software optimiert Wälzschälen

„Open Skiving“ ermöglicht eine detaillierte Prozessanalyse und -optimierung für das Wälzschälen
Opensource-Software optimiert Zahnradfertigung

Mit dem durch die Mobilitätswende bedingten hohen Bedarf an Innenverzahnungen, den steigenden Anforderungen an die Flexibilität der Fertigung und den neusten Maschinensteuerungen hat das über 100 Jahre alte Verfahren Wälzschälen den breiten Einzug in die Zahnradfertigung geschafft. Es ist jedoch durch stark variierende Schnittbedingungen und häufig noch unzureichende Werkzeugstandzeiten oder hohe Qualitätsschwankungen gekennzeichnet. Diese Probleme erfordern zur Vermeidung kritischer lokaler Prozesskenngrößen eine gezielte Werkzeug- und Prozessauslegung.

Die KIT Campus Transfer GmbH bietet seit 2021 mit der Opensource-Software „Open Skiving“ eine Lösung zur detaillierten Prozessanalyse und -optimierung für das Wälzschälen an. Die Software wurde am wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) im Rahmen der Erforschung und Weiterentwicklung des Verfahrens entwickelt. Das Thema Wälzschälen wurde in Karlsruhe bereits vor über 20 Jahren aufgegriffen und seitdem kontinuierlich beforscht. Früh konnte die Leistungsfähigkeit des Verfahrens durch experimentelle Arbeiten nachgewiesen werden. Bereits 2002 wurde eine rechnerunterstützte Werkzeug- und Prozessauslegung für das Verfahren abgleitet und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.

Durch umfangreiche Studien konnten Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens sowie Korrelationen zwischen Prozessstell- und Ergebnisgrößen ermittelt werden. In jüngster Zeit stehen die Hartfeinbearbeitung von Hohlrädern für die Elektromobilität mittels Wälzschälen und die Bearbeitung von Stufenritzeln (Cluster-Gears) mit kleinen Achskreuzwinkeln im Forschungsfokus der Karlsruher.

Kostenlos mit offenem Quellcode

„Open Skiving ist die ideale Möglichkeit, Wissen aus der Forschung direkt in die industrielle Anwendung zu bringen“, sagt Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Schulze über die Software. Die Simulationsumgebung für das Wälzschälen wird kostenlos und mit offengelegtem Quellcode zur Verfügung gestellt und durch ein Trainingsprogramm zur Anwendung in der Praxis ergänzt. Die Lösung ermöglicht die Analyse und Optimierung des Wälzschälens durch Berechnung der Relativbewegungen sowie der Durchdringung von Werkstückhalbzeug und Werkzeug, woraus lokale Prozesskennwerte abgeleitet werden.

Der offene Programmcode von Open Skiving basiert auf einer Methode der geometrischen Durchdringungsrechnung und ermöglicht bei der lokalen Auswertung und flexiblen Anpassung an neue Anwendungsfälle große Freiheitsgrade. Die Umsetzung in Matlab bietet viele fortschrittliche mathematische Funktionen sowie Bibliotheken für die anschauliche Darstellung und Ausgabe der Ergebnisse.

Die Software bietet im Standard schon viel anschauliche 2D- und 3D-Visualisierung zur Nachbereitung der Prozessanalyse. Damit ermöglicht Open Skiving die detaillierte Untersuchung, ein tiefgreifendes Verständnis und in der Folge die erfolgreiche Auslegung von Wälzschälprozessen und -werkzeugen.

Werkzeugauslegung und Prozessanalyse

Open Skiving besteht aus zwei Teilmodulen für zwei grundlegende Schritte der Prozessauslegung. Im ersten Modul „Skiving Kin“ wird die Prozesskinematik berechnet, Grenzen wie mögliche Kollisionen werden geprüft und die Werkzeugkontur wird als Punktewolke ermittelt. Im zweiten Modul „Skiving Sim“ wird zu festgelegten Kombinationen von Prozesskinematik und Werkzeug eine Schnittstrategie bestimmt. Für diese werden lokale Prozesskenngrößen berechnet.

Anhand dieser Kenngrößen und dreidimensionaler Darstellungen können der Prozess und die Grenzen der Auslegung analysiert und verstanden werden. Die Kenngrößen korrelieren mit der Werkzeugbelastung und der hergestellten Werkstückqualität. Open Skiving kann beispielsweise die Unterschreitung kritischer Werte wie der Mindestspanungsdicke oder Freiwinkelkollisionen offenlegen. Diese Probleme treten lokalisiert auf und sind ohne eine dreidimensionale Simulation kaum von anderen Einflüssen zu trennen. Die Identifizierung und Quantifizierung dieser Probleme erlaubt eine gezielte und optimierte Prozessauslegung.

Update zur Jahresmitte

Ein Ziel der Opensource-Lösung ist der einfache Transfer von Forschungsdaten in die breite Anwendung. Hierzu werden in regelmäßigen Abständen Updates der Software durchgeführt, um neue validierte Methoden und Modelle zugänglich zu machen. Nach der Veröffentlichung von Open Skiving im Oktober 2021 folgt zur Jahresmitte 2022 die Version 1.6. Mit dieser neuen Version können nun auch die Auswirkungen von Fehlern in der Prozesskinematik auf die hergestellte Profilqualität des Werkstücks untersucht werden. Zusätzlich ist die dreidimensionale Berechnung der hergestellten Zahnlückentopografie für rundlauffehlerbehaftete Werkzeuge bzw. Werkzeugspannsysteme in einem weiteren neuen Modul möglich.

Abschließend besteht die Auswertung der hergestellten Qualität analog zu einem klassischen Verzahnungsmessprotokoll über Flanken- und Profillinienabweichung. Hierdurch wird ein bestmöglicher Transfer in die reale Fertigungsumgebung sichergestellt.

Nutzung von Open Skiving

Open Skiving besteht aus offen les- und veränderbaren Matlab-Dateien und ist unter GNU General Public Licence Version 3 (GPLv3) lizensiert. Die Eingabedaten werden in ein Formular in den Kopf des Programmcodes geschrieben. Die Ausgabe erfolgt in anschaulichen Grafiken und Tabellen. Zusätzlich gibt es Tools, welche die Animation der Relativbewegung des Werkzeugs durch die Zahnlücke oder die anschauliche Falschfarben-Darstellung der lokalen Prozesskenngrößen ermöglichen.

Das Softwarepaket kann ohne Anmeldung direkt von der Open-Skiving-Homepage der KIT Campus Transfer GmbH heruntergeladen werden. Zur Nutzung wird der jeweilige Hauptteil des gewünschten Moduls mittels Matlab geöffnet. Jedem Modul ist ein lauffähiges Standardbeispiel hinterlegt, sodass die prinzipielle Nutzung von Open Skiving schnell verstanden werden kann.

Die Ergebnisse einer Berechnung werden in einem Unterordner gespeichert, dessen Namen im Kopf des Programms vorgegeben wird. Eingabedaten wie die Verzahnungsgrößen des Werkstücks können einfach angepasst werden und die Berechnung lässt sich leicht erneut starten.

Um die Kinematikberechnung aus dem ersten Modul „Skiving Kin“ zur Prozessauslegung zu nutzen, werden die Ergebnisse in den Eingabeordner des zweiten Moduls „Skiving Sim“ kopiert, der Projektname wird im Modulkopf angeben. Anschließend werden Schnitt- und Zustellstrategie des Prozesses in der Simulation flexibel angepasst.

Eine Herausforderung des Wälzschälverfahrens besteht in der Simulation: Der Anwender muss ein Verständnis für den Zerspanungsprozess und das Wälzschälen besitzen, um die Simulationsergebnisse interpretieren und den Prozess optimieren zu können. Open Skiving ist damit ein Expertenwerkzeug für Forschung, Entwicklung und Prozessauslegung.

Weitere Informationen finden Sie unter https://openskiving.kit-campus-transfer.de

KIT Campus Transfer GmbH
www.kit-campus-transfer.de

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