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Künstliche Intelligenz: Woran es bei KI in Produktion und Industrie noch hapert

Datenqualität und fehlende Fachkräfte sind große Bremser des KI-Booms
Künstliche Intelligenz in der Industrie: Woran es hapert

Wo lohnt sich der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Industrie? Und welche Hürden sind für den KI-Erfolg noch zu nehmen? Vier KI-Experten stehen Rede und Antwort.

Autor: Armin Barnitzke

Die mit dem Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) verknüpften Hoffnungen sind groß: „Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, das Wachstum der Industrie stark zu steigern. Insbesondere die Produktion sowie Logistikaktivitäten versprechen die höchsten Potenziale“, ist Sebastian Seutter, Global Manufacturing Lead beim Softwarespezialisten Uipath, überzeugt.

Doch wo genau liegen nun die KI-Potenziale in der Industrie? „Qualitätssicherung, vorausschauende Wartung, also Predictive Maintenance, sowie Prozessüberwachung und -optimierung sind die derzeit vielversprechendsten Felder für KI-Anwendungen“, berichtet Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger, Leiter des Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der Technischen Universität Berlin und Leitautor des Standpunktpapiers „KI in der Produktion“ der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik WGP.

Qualitätssicherung als Vorreiter

„Gerade in der Qualitätssicherung ist die KI schon seit einigen Jahren in der industriellen Praxis angekommen, beispielsweise unterstützt durch Kameras und automatische Analysen von Fehlerbildern mit maschinellen Lernverfahren“, betont Krüger. Auch Prof. Dr.-Ing. Marco Huber, Leiter des Zentrums für Cyber Cognitive Intelligence CCI am Fraunhofer IPA, sieht bei der kamerabasierten Qualitätsprüfung und Objekterkennung kurzfristig die größten Potentiale für KI in der Produktion. „Denn hierfür lassen sich die erforderlichen Daten meist sehr einfach erzeugen und in den letzten Jahren wurde eine Vielzahl leistungsfähiger Algorithmen entwickelt.“

Bezüglich Instandhaltung und Prognose von Verschleiß, Ausfällen und Störungen von Prozessen, Maschinen und Anlagen sowie in der Prozessoptimierung mit KI sei die Industrie hingegen noch nicht ganz so weit, ergänzt Prof. Krüger: „Aber in naher Zukunft werden sich die Anwendungen auch hier deutlich häufen.“

Der digitale Unterbau fehlt

Auf dem Weg in diese KI-Zukunft sind allerdings in der Industrie noch einige Herausforderungen zu meistern. So weist Huber darauf hin, dass in vielen produzierenden Unternehmen noch der digitale Unterbau fehle: „Das heißt: Maschinen sind nicht vernetzt, die Datenerfassung etwa durch entsprechende Sensorik ist nicht ausreichend vorhanden und es liegt eine sehr heterogene und schwer zu wartende IT-Infrastruktur vor.“ Gerade dieser Unterbau sei aber erforderlich, um beispielsweise ausreichende und aktuelle Daten aus den Produktionsprozessen zu gewinnen.

Aufwand für Datenvorbereitung

Doch selbst wenn genügend Daten fließen gilt: „Große Datenmengen allein genügen leider nicht für den erfolgreichen KI-Einsatz“, warnt Prof. Dr.-Ing. Kai-Uwe Sattler, Data Science Experte an der TU Ilmenau. Die Daten müssten auch entsprechend aufbereitet werden. „Dies umfasst die Bereinigung wie das Erkennen und Entfernen fehlerhafter Werte, die Verknüpfung mit anderen Daten und gegebenenfalls die Annotation der Daten“, so Sattler.

Der Aufwand dieser Datenvorbereitung könne in KI-Projekten bis zu 80 Prozent des Gesamtaufwands betragen, berichtet Sattler. Und gerade in Maschinenbau und Industrie spielen Datenaufbereitung und -bereinigung eine wichtige Rolle. „Die Herausforderungen liegen hier zum einen in der Heterogenität – also der Vielzahl von verschiedenen Sensoren und Datenaustauschformaten –, zum anderen aber auch in der Qualität und Menge der Sensordaten“, sagt Sattler.

Und dieser Aufwand beginne schon bei den Trainingsdaten für das maschinelle Lernen. Denn es komme darauf an, die richtigen Daten als Trainingsdaten zur Verfügung zu haben. „So sollten die Trainingsdaten – beispielsweise für die Bilderkennung – natürlich die zu identifizierenden Objekte enthalten. Aber eben auch Negativbeispiele in allen möglichen Variationen.“

Herausforderung Datenqualität

Und wenn es um Anwendungen im Bereich Predictive Maintenance gehe, müssten eben auch Fehlerzustände und nicht nur normale Betriebsdaten erfasst werden. Der Bedarf an „richtigen Daten“ ist für Seutter beim Thema KI fast schon ein Dauerbrenner. „Die Datenqualität ist eine der größten Herausforderungen für die erfolgreiche Implementierung, den Betrieb und die fortlaufende Weiterentwicklung von KI-Systemen in Unternehmen.“

Seutter fallen aber noch zwei weitere wichtige Hürden ein. Beide haben mit den am KI-Prozess beteiligten Menschen zu tun: Neben der Transformation der Arbeit, wo es zu signifikanten Verschiebungen von Arbeitsaufgaben zwischen Mensch und Maschine kommen wird, verweist Seutter auf den Mangel an erfahrenem Personal, das sich mit KI auskennt: „Künstliche Intelligenz erfordert mehr Fachkräfte, die gut ausgebildet sind und geschult werden müssen. Nur so lassen sich intelligente Systeme entwickeln, betreiben und warten. Und nur so kann man die Fehlersuche und die fortlaufende Verbesserung dieser Lösungen voranbringen.“

Es fehlen Fachleute und Wissen

Und hier geht es nicht nur um Informatiker und Data-Science-Experten, ergänzt Sattler: „Es werden zunehmend auch Ingenieure benötigt, die datenzentrierte Methoden kennen, verstehen und anwenden können. Dies lässt sich durch geeignete Weiterbildungen kurzfristig erreichen, aber auch längerfristig durch entsprechende Studienmodule in klassischen Ingenieurstudiengängen.“ Diese Domänenexperten müssen keine Machine-Learning-Experten sein, allerdings sollten sie ein Verständnis der Möglichkeiten und Grenzen der eingesetzten Methoden haben.

Und auch bei den Verantwortlichen und Entscheidern in der Industrie müsse das KI-Wissen steigen, ergänzt WGP-Experte Krüger: „Um KI voranzubringen, braucht es noch mehr Verständnis für Machine Learning. Selbstlernende Maschinen treffen ihre Entscheidungen nicht deterministisch, sondern basierend auf Erfahrungen. Wenn Verantwortliche in Unternehmen mehr über maschinelle Lernverfahren wissen, können sie einzelne Entscheidungen auch besser nachvollziehen – und akzeptieren.“

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https://industrieanzeiger.industrie.de/kuenstliche-intelligenz/

https://automationspraxis.industrie.de/machine-learning/


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