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Edge und Cloud: Mehr Partner als Rivalen

Fabriknahe Verarbeitung von Daten ist schneller und sicherer
Edge und Cloud: Mehr Partner als Rivalen

Sollen die Daten von Maschinen und Sensoren entweder lokal in der Fabrik oder in der Cloud verarbeitet werden? Die Antwort: Sowohl als auch. Denn das fabriknahe Edge Computing und das Cloud Computing ergänzen sich bestens. Autor: Armin Barnitzke

In vielen Fabriken fallen täglich Massen an Daten an, die sich mit Data Analytics bestens für die vorausschauende Wartung oder die Optimierung von Produktionsprozessen auswerten lassen. „Public-Cloud-Lösungen boten sich hier anfangs als eine schnelle Lösung an. Man schickt einfach alle Daten zur Datenauswertung in die Cloud“, berichtet Christian Wied, IBM Account Manager Cloud Software – Industrial Clients bei IBM. Das funktioniere zwar grundsätzlich recht gut. „Inzwischen stellen viele Unternehmen jedoch fest, dass sie aufgrund wachsender Datenmengen im Hinblick auf Datensicherheit, Latenzzeit und Echtzeitverarbeitung eine kombinierte Edge-/Cloud-basierte Infrastruktur benötigen“, berichtet Wied.

Die Idee dahinter: Fabriknah (also am Rand des Netzwerks, deshalb Edge Computing) findet (quasi in Echtzeit) bereits ein wichtiger Teil der Datenverarbeitung statt. Das Cloud Computing ist dann vor allem für zeitunkritische, übergreifende Auswertungen sowie für das Training von Algorithmen zuständig. Auch Produktionstechnik-Experten favorisieren eine Edge-Cloud-Kombination: „Cloud Computing und Edge Computing sind bei der IIoT-Datenanalyse ganz eindeutig Partner und keine Rivalen“, sagt Bernhard Lusch, Sales Manager CNC, Fanuc Deutschland GmbH. „Das lässt sich auch daran erkennen, dass Fanucs IoT-Plattform Field System zwar Edge-basiert ist, aber auch Schnittstellen zu Cloud-Systemen aufweist.“

Partnerschaftliche Ergänzung

Auch Prof. Dr.-Ing. Markus Glück, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung bei Schunk, versteht das Edge-Computing als eine wichtige und partnerschaftliche Ergänzung zur Cloud-Analyse. Schunk baut dazu entsprechende Rechenintelligenz in seine Greifer ein: „Vor allem zeitkritische Daten werden unmittelbar im smarten Greifer nahe am Ort des Geschehens verarbeitet. So können beispielsweise Qualitätsmerkmale von Bauteilen schon während des Handlings geprüft und IO-/NIO-Entscheidungen unmittelbar im Greifer erfolgen.“ Rechenintensive Aufgaben ohne Echtzeitanforderungen hingegen erfolgen weiter in der Cloud, wobei durch das Edge Computing das zu übertragende Datenvolumen auf das Nötigste reduziert wird, so Glück. Dr. Olaf Munkelt, Managing Director des Vision-Software-Spezialisten MVTec, verweist zudem auf die Sicherheitsvorteile: „Edge Computing ermöglicht auch eine bessere Kontrolle darüber, wie und wo die Daten gespeichert werden. Das senkt die Sicherheitsrisiken.“ Da aber das Cloud Computing klare Vorteile in Bezug auf die Skalierbarkeit von Datenspeicher und Rechenleistung sowie die Wartungsfreundlichkeit habe, sei es mit dem Edge Computing alleine nicht getan. „Denn eine industrielle Anwendung kann ja sowohl hohe Anforderungen an Latenz und Zuverlässigkeit stellen als auch eine hohe Rechenleistung erfordern.“ Daher plädiert Munkelt ebenfalls dafür, mit einer richtigen Kombination die Vorteile beider Technologien, Cloud und Edge Computing, zu nutzen. Wie das konkret aussehen kann, veranschaulicht Munkelt an einem Beispiel aus der industriellen Bildverarbeitung: Für eine industrielle Inspektionsaufgabe zeichnet eine intelligente Kamera ein Bild des Produkts in der Produktionslinie auf. Die Kamera führt auch die Vorverarbeitung der Bilddaten aus und klassifiziert die Bilddaten mithilfe eines vortrainierten Deep-Learning-Netzwerks. „Der Vision-Sensor sendet dann seine Ergebnisse an die SPS der Maschine und die Bilder und Telemetriedaten an einen Cloud-Server. Die Bilder werden dann verwendet, um das neuronale Netzwerk über Nacht weiter zu trainieren und so die Robustheit der Erkennung zu erhöhen oder um die Daten die vorbeugende Wartung zu verwenden.“

„In der Cloud trainieren, lokal handeln“, ist auch das Motto von Boris Fiedler, Digital Leader Robotics bei ABB. „Denn fabriknah lassen sich schnelle Reaktionszeiten realisieren, die mit der Cloud so nicht erreichbar sind. Die Cloud dagegen ist der richtige Ort, um die Daten zu analysieren und die Algorithmen zu entwickeln, die später auf der Edge genutzt werden.“

Dafür liefert Fiedler ein konkretes Beispiel aus dem Lackieren im Karosseriebau, das mit kostspieligen Rohstoffen und einem hohen Energiebedarf zu den teuersten Prozessen bei der Automobilherstellung gehört. Um den Lack mit höchster und konsistenter Qualität aufzubringen, hat ABB einen digital vernetzten Lackzerstäuber entwickelt, der mit der Ability-Cloud-Plattform vernetzt ist. Fiedler: „Wir nutzen das Edge Computing, um während des Lackierprozesses Daten zu analysieren und Prozessanomalien, wie z. B. Luftbläschen im Lack mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen zu erkennen. Um diese Algorithmen zu entwickeln und verbessern, laden wir mit Zustimmung unserer Kunden einen Teil der Rohdaten in die Cloud und trainieren diese dank der dort zur Verfügung stehenden Speicherplatz- und Rechenleistung.“


Vorteile des Cloud Computing

  • Die Cloud hat Vorteile in Bezug auf die Skalierbarkeit von Datenspeicher und Rechenleistung. Die große Rechenleistung des Cloud Computing ist gerade für rechenintensive Aufgaben wie das Training von tiefen neuronalen Netzwerken (Deep Neural Networks) erforderlich.
  • Die Cloud ist daher der richtige Ort, um Deep Learnig Algorithmen zu trainieren, die dann später auf der Edge ausgeführt werden.
  • Cloud-Technologien haben ihre Stärke in der Bündelung von Daten aus unterschiedlichen Quellen sowie in deren erweiterten Möglichkeiten der Auswertung. Gerade für Trendanalysen oder statistische Auswertungen zur Prozessqualität sind Cloud-Lösungen daher prädestiniert.
  • Die Cloud bietet sich zudem dafür an, bereits analysierte Daten zu sammeln, Daten aus mehreren Quellen zu verknüpfen und so Daten über eine einzelne Maschine oder Anlage hinaus zu bewerten.

Vorteile des Edge Computing

  • Edge Computing ist unabhängig von einer Internetverbindung, wird also nicht durch Bandbreitenbeschränkungen behindert. Es eignet sich daher für Anwendungen mit niedriger Latenzzeit.
  • Zudem ist via Edge Computing eine fabriknahe Datenvorverarbeitung am Ort des Geschehens möglich, sogar annähernd in Echtzeit. So lassen sich schnelle Reaktionszeiten realisieren, die mit der Cloud nicht erreichbar sind.
  • Mit Edge Computing können auch große Datenmengen nahe am Prozess gespeichert und ausgewertet werden.
  • Edge Computing ermöglicht eine bessere Kontrolle darüber, wie und wo die Daten gespeichert warden. Das senkt die Sicherheitsrisiken gibt und dem Anwender die Kontrolle über seine Daten.

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