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Auf dem Weg zur vernetzten Produktion

Blechbearbeitung: Industrie-4.0-Anwendungen sorgen für immense Zeiteinsparungen
Auf dem Weg zur vernetzten Produktion

Auf dem Weg zur vernetzten Produktion
Um die Potenziale von Industrie 4.0 für die Blechfertigung zu ermitteln, haben Forscher vom Fraunhofer IPA die Arbeitsschritte mit und ohne digitale Werkzeuge nachgestellt. Hier zu sehen: Die manuelle Buchung der Teile. Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez
Auftrag abholen, Materialen zusammensuchen, ans Band bringen und schließlich die fertigen Teile abtransportieren: Auf eine Stunde Bearbeitungszeit entfallen in der Blechbearbeitungsbranche bis zu vier Stunden unproduktiver Tätigkeiten – völlig unverhältnismäßig. Die Firma Trumpf und Forscher vom Fraunhofer IPA ergründen deshalb gemeinsam, welches Optimierungspotenzial in modernen Industrie-4.0-Anwendungen schlummert.

Die meisten Anlagen zur industriellen Blechbearbeitung sind heute mit Lasertechnik und anderen hocheffizienten Technologien ausgestattet und so schnell, dass die vorgelagerten und nachfolgenden Prozesse nicht mehr mithalten können. Das Problem: „Die einzelnen Stationen sind nicht miteinander vernetzt und werden mühsam von den Mitarbeitern koordiniert“, sagt Eberhard Wahl, Leiter Produktmanagement flexible Blechfertigung bei Trumpf. Das mache eine Menge nicht wertschöpfender Tätigkeiten erforderlich: Angebote erstellen, Material suchen, Teile absortieren oder Maschinen programmieren.

Solange die Maschinen über einen langen Zeitraum hinweg die immer gleichen Blechteile produzierten, hatten diese unproduktiven Arbeitsschritte ihre Berechtigung und fielen kaum ins Gewicht. Doch inzwischen wirken sie sich zunehmend negativ aus. Der Grund: Die Marktanforderungen haben sich in den vergangenen Jahren geändert. Der Trend zu individualisierten Produkten geht einher mit rückläufigen Losgrößen. „Unsere Auswertung hat zum Beispiel ergeben, dass auf eine Stunde Bearbeitungszeit etwa vier Stunden indirekte Tätigkeiten fallen“, so Wahl weiter. Das stehe in keinem Verhältnis mehr zur wertschöpfenden Arbeit.

Industrie 4.0 für mehr Wirtschaftlichkeit

Beim Hersteller von industriellen Lasern und Werkzeugmaschinen für die Blechbearbeitung Trumpf sieht man Industrie 4.0 als große Chance, die Wirtschaftlichkeit und Produktivität der Branche zu steigern. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA startete das Unternehmen aus Ditzingen das langfristige Projekt „Lab flexible Blechfertigung“, um zu ergründen, welche Potenziale in digitalen Anwendungen schlummern.

Für ihr gemeinsames Forschungsvorhaben besuchten die Wissenschaftler vom Fraunhofer IPA, Mitarbeiter von Trumpf und Vertreter der studentischen Unternehmensberatung Emendo 25 Trumpf-Kunden aus der Blechbearbeitungsbranche. Vor Ort untersuchten sie die einzelnen Arbeitsschritte nach den Kriterien der „Lean Production“. Mit Wertstromanalysen und Layouts zeigten sie auf, wo es zu Verschwendungen kommt. „Schwachstellen treten entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf“, fasst Christian Jauch, Projektleiter am Fraunhofer IPA, die Ergebnisse zusammen. Dazu gehöre „das lange Warten der Kunden auf ein Angebot, das Suchen der Materialien und Werkzeuge, das Warten auf Wägen oder Gabelstapler, unnötige Transportwege bei der Materialvorbereitung, Nacharbeit beziehungsweise Überproduktion, viel Papiertransport und die hohen Bestandsmengen in der Produktion.“

Oft müssen die Mitarbeiter beispielsweise selbst ins Zwischenlager gehen, um den richtigen Auftrag zu suchen. Häufig ist die Bestandsmenge so hoch und die Lagerhaltung derart chaotisch, dass sie lange suchen oder ihren Vorgesetzten fragen müssen. Das Gleiche gilt für die Werkzeuge beim Maschinenrüsten. Nicht selten sind auch alle Transportwagen belegt, so dass der nächste Bearbeitungsprozess nicht starten kann. Kommuniziert wird hauptsächlich über Laufzettel, die die Mitarbeiter einander weiterreichen. Dafür legen sie nicht nur weite Transportwege zurück, sondern müssen gleichzeitig die für sie relevanten Informationen filtern und eingeben. Da oft Bauteile verloren gehen oder beschädigt werden, planen viele Trumpf-Kunden von Anfang an Überproduktionen ein oder fertigen den Auftrag am Ende komplett neu.

Digitale Werkzeuge zur Datenverarbeitung

Nachdem die Produktionsprozesse analysiert waren, richteten die Forscher einen Demo-Arbeitsplatz im Applikationszentrum Industrie 4.0 ein, das das Fraunhofer IPA zusammen mit der Universität Stuttgart betreibt. Der Demo-Arbeitsplatz bildet einerseits die Wirklichkeit der meisten Unternehmen aus der Blechbearbeitungsbranche ab und dient andererseits dazu, verschiedene Industrie-4.0-Lösungen zu testen und sie dem Ist-Zustand gegenüber zu stellen.

Integriert haben Jauch und sein Team in erster Linie digitale Werkzeuge zur Datenverarbeitung. Den Werkern werden beispielsweise intuitiv verständliche Informationen in ihren Arbeitsfeldern dargestellt, die sie dabei unterstützen, ihre Aufgaben möglichst effizient zu lösen, ohne ihnen den Ablauf fest vorzugeben. „Damit lässt sich die Zeit einsparen, die bisher darauf verwendet wurde, Materialien zu suchen, Daten zu filtern und Laufzettel zu überbringen“, erläutert Jauch. Ebenfalls getestet haben die Forscher die automatische Rückführung von Informationen vom Arbeitsplatz zum übergeordneten System. Auf der Basis von Kameradaten werden Prozessfortschritte erkannt und wertvolle Hinweise für die nachfolgenden Arbeitsschritte gewonnen.

Zeitersparnis von bis zu 85 Prozent

Der anschließende Vergleich bestätigte, dass die getesteten Industrie-4.0-Anwendungen die Produktionsprozesse in der Blechbearbeitungsbranche effizienter gestalten: „Je nach Kundensituation haben wir pro Auftrag Zeiteinsparungen von 28 bis 51 Prozent erzielt“, berichtet Jauch. Für einzelne Prozesse ergeben sich ihm zufolge sogar noch größere Potenziale: Beim Kommissionieren ermittelten die Wissenschaftler eine Zeitersparnis von 85 Prozent. Auch beim Auffinden von Blechbauteilen war die optimierte Lösung immerhin um 42 Prozent schneller.

Neue Technologien, die die Forscher für das Absortieren der Teile an der Laserschneidmaschine eingesetzt haben, waren um 48 Prozent schneller gegenüber der Variante mit den Laufzetteln. Neben der Zeitersparnis punkteten die Industrie-4.0-Lösungen allesamt mit einer höheren Ergebnisqualität. „Beispielsweise konnte beim Absortieren mit automatischer Teileerkennung und Buchung die Fehlerhäufigkeit von durchschnittlich 1,5 auf null Prozent gesenkt werden“, sagt Jauch. Überproduktionen, die seither aufgrund eingeplanter Verluste bewusst angefertigt wurden, lassen sich so komplett vermeiden.

Fraunhofer‐Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
www.ipa.fraunhofer.de


Absortierassistent im Showroom in Chicago

Der Lösungsansatz zum Absortieren mit automatischer Teileerkennung und Buchung an der Laserschneidmaschine, der auf der Euroblech 2016 für „Akademische Exzellenz“ ausgezeichnet wurde, ist bereits in die Produktentwicklung von Trumpf aufgenommen worden. Seit vergangenen September ist eine erweiterte Variante des Absortierassistenten im Chicago Showroom von Trumpf ausgestellt und darf gerne ausprobiert werden.

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