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Nur sichere Maschinen sind wirtschaftliche Maschinen

Mehrwert von Trends in der Maschinensicherheit erkennen
Nur sichere Maschinen sind wirtschaftliche Maschinen

Der Schutz von Menschen ist ein Grundsatz, der auch in der Industrie konsequent befolgt wird. Sicherheitssysteme sind ein fester Bestandteil der Maschinen in der Fertigung, gesetzlich verankert und sowohl von Maschinenherstellern als auch von Betreibern eingesetzt – soweit zumindest die Theorie. In der Realität werden Systeme jedoch immer häufiger manipuliert und Arbeitsunfälle sind vorprogrammiert.

Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung sind rund 37 Prozent der Sicherheitssysteme und Schutzeinrichtungen in der Industrie manipuliert. Auf die Frage nach Gründen, gab etwa die Hälfte der Befragten in einer Studie des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften die zeitliche Optimierung der Arbeitsabläufe an. Zudem stellte sich in der Studie heraus, dass für ca. drei Viertel der Befragten Manipulationen der Systeme leicht auszuführen sind, da keine besonderen materiellen Anschaffungen oder zusätzliche Vorbereitungen notwendig sind.

Hersteller von Maschinensicherheitssystemen arbeiten aktiv daran, durch eine ganzheitliche, integrierte und prozessgerechte Konstruktion von Sicherheitskonzepten solchen Manipulationen entgegenzuwirken und dadurch einen Mehrwert für den Kunden zu generieren.
Deutsche Hersteller profitieren von der Harmonisierung internationaler Richtlinien
Ein Welthandelsanteil von ca. 16 Prozent macht Deutschland zum führenden Anbieter von Maschinen weltweit. Laut VDMA gehen drei Viertel der deutschen Maschinen ins Ausland. Um als Global Player erfolgreich zu sein, müssen Maschinenhersteller den Schutz von Mensch und Maschine in jedem Land garantieren können und die jeweiligen regionalen Bestimmungen erfüllen. Daher sehen sich Unternehmen oft dazu gezwungen, verschiedene Produktversionen für den heimischen und den internationalen Markt herzustellen. Dies erhöht die Variantenanzahl und bringt einen zusätzlichen Aufwand in der Supply Chain mit sich.
Die Bemühungen für eine Harmonisierung der internationalen Richtlinien in punkto Maschinensicherheit verstärkten sich daher in letzter Zeit. In Europa wurden die Vorteile der Standardisierung längst erkannt, weswegen die EU-Regelungen als Vorbild gelten. Die europäische Richtlinien zum Thema Explosionsschutz (Atex) beispielweise, wurden bereits von der International Electrotechnical Commision (IEC) in internationale Normen überführt. Zudem wurden weitere EU-Richtlinien in nicht-EU-Staaten wie der Schweiz, der Türkei und Japan anerkannt und das CE-Zeichen, welches die Konformität mit den EU-Normen bestätigt, akzeptiert. Für europäische Hersteller von Maschinen ist dies ein klarer Vorteil im globalen Markt.
Auch im Bereich der funktionalen Sicherheit sind Integrationsbemühungen zu finden. In 2009 wurde die Maschinenrichtlinie 98/37/EG durch die neue Version 2006/42/EG abgelöst. Hierdurch wurden Sicherheitsanforderungen standardisiert und der freie Warenverkehr innerhalb der EU begünstigt. Darüber hinaus wurde die internationale Richtlinie IEC 4121 durch einen standardisierten Leitfaden zur frühzeitigen Bewertung von Risiken und deren Wahrscheinlichkeit ergänzt und somit ein Fokus auf die Vermeidung von Manipulationen und „vorhersehbaren menschlichen Fehlern“ gelegt.
Mehrwert durch frühzeitige Risikobewertung im Produktentstehungsprozess
Der obengenannte Leitfaden für eine ganzheitliche Bewertung der Sicherheit hilft dabei, mögliche Manipulationen zu erkennen und schon in der Frühphase der Konstruktion präventive Maßnahmen zu entwickeln. Die Umsetzung dieser Standards bringt einen Mehrwert gegenüber Herstellern und Kunden. Zum einen ermöglicht die frühzeitige Einplanung von Sicherheitssystemen ein besseres Maschinendesign und damit verbunden einen leichteren Zugang bei späterer Instandhaltung. Zum anderen wird der nachträgliche Einbau überflüssiger oder für den Prozessablauf ungeeigneter Schutzeinrichtungen vermieden und der Kunde gegebenenfalls vor zusätzlich entstehenden Kosten geschützt. Die erforderliche Zusammenarbeit von Hersteller und Bediener der Maschinen bei der Bewertung des Risikos sorgt für eine effektive und nachhaltige Maschinensicherheit.
Eine prozessgerechte Sicherheitslösung bietet beispielsweise die Roba Guidestop Sicherheitsbremse für Werkzeugmaschinen, welche die Firma Chr. Mayr GmbH & Co. KG auf dem mav Innovationsforum 2013 vorgestellt hat. Die Bremse wird bereits in der Frühphase der Produktentstehung eingebracht. Sie wird in einen direkt auf der Führungsschiene angebrachten Schlitten integriert und ist durch zwei voneinander unabhängigen Bremskreisen redundant. Dadurch kann eine sehr hohe Steifigkeit erreicht werden, die sowohl höchste Mitarbeitersicherheit, als auch eine Verbesserung des Fertigungsprozesses mit sich bringt.
Mehrwert durch Integration von technologischen Innovationen in Sicherheitssystemen
Der Einsatz von technologischen Innovationen bei der Entwicklung von Sicherheitskonzepten bringt weitere Vorteile. So zeigt sich beispielsweise die Tendenz, von elektromechanischen Sicherheits-Relais-Bausteinen, die durch eine Verkabelung an die zentrale Steuereinheit angeschlossen werden, auf kabellose PLC (Programmable Logic Controller) umzusteigen. PLCs behalten die Zuverlässigkeit und Vielfalt von integrierbaren Sicherheitsfunktionen bei, bringen jedoch den zusätzlichen Vorteil einer nahtlosen Kommunikation mit sich. Die klare Identifikation der Sensorsteuerung ermöglicht eine Vereinfachung des Instandhaltungsprozesses und der Fehlerbehebung. Außerdem reduziert sie den Energieverbrauch und benötigt weniger Platz.
Ein weiteres Beispiel, wie aktuelle Technologietrends in der Weiterentwicklung von Maschinensicherheitssystemen einfließen, ist die Zusammenführung von Automatisierungs- und Sicherheitsfunktionen in eine gemeinsame Steuerungsarchitektur. Diese kann Informationen über die Drehzahl oder Geschwindigkeit der verschiedenen Achsen in einer Fertigungszelle erfassen und zur sicheren Auswertung an die Steuerung weiterleiten. Die Lieferung von Daten in Echtzeit macht eine schnelle Analyse der Maschinenleistung möglich, wodurch die Instandhaltung und Inbetriebnahme effizienter erfolgen. Damit verringern sich Ausfallzeiten und die Produktivität steigt.
Für einen erfolgreichen Informationsaustausch wird ein standardisiertes und sicheres Kommunikationsnetzwerk vorausgesetzt, welches Steurungs- und Sicherheitsfunktionen zuverlässig integriert. Produktewie die Pnoz multi und PPS universal Multi der Firma Pilz können dies bereits durch den Einsatz von Profi Safe-Protokollen erfüllen.
Einen ebenfalls positiven Effekt auf die Maschinenverfügbarkeit bietet der 3-Achsen-Beschleunigungssensor Pulse NG von Montronix. Dieser erkennt Vibrationsüberlast und Kollisionen deutlich früher als die CNC-Maschine selbst und schütz durch autonome Gegenmaßnahmen Werkzeug, Werkstück, Werkzeughalter und die gesamte Maschinengeometrie. Dabei reagiert der Sensor 1000-fach schneller als der Mensch.
Maschinensicherheit schützt insbesondere die Mitarbeiter
Die Vorteile der Maschinensicherheit liegen vor allem im Schutz von Mitarbeitern. Bei einem Verstoß gegen aktuelle Regelungen im Arbeitsschutz werden nicht nur Personen gefährdet, dem Unternehmen drohen auch hohe Strafen, Rufschädigungen oder gar eine Stilllegung von einzelnen Fertigungsstandorten. Schätzungen zufolge gehen in der EU ca. 500 Millionen Arbeitstage und ein entsprechender Umsatz pro Jahr durch Arbeitsunfälle verloren.
In einer Studie der Aberdeen Universität wurde die Anlagensicherheit von 120 Herstellern weltweit untersucht. Dabei wurde ermittelt, dass diejenigen Unternehmen, die im Vergleich zu allen Befragten doppelt so viel in Sicherheitstechnologien investieren, auch um die Hälfte weniger ungeplante Stillstandzeiten haben und 15 Prozent mehr Gesamtanlagenverfügbarkeit erreichen. Darüber hinaus sind längere Nutzungsdauern der Anlagen zu erwarten.
Hersteller von Maschinensicherheitssystemen arbeiten aktiv daran, Sicherheitskonzepte und Prozessoptimierungen in Einklang zu bringen. Intelligente Ansätze führen zu einer erhöhten Sicherheit für Maschinenbediener und für die Anlage selbst und vermeiden eine Manipulation der Systeme. Sicherheitssysteme sorgen daher für eine höhere Produktivität der Prozesse und tragen damit zu einer Steigerung des Unternehmensgewinns bei.

Autorinnen
Talia Bracamontes und Patricia Klauß studieren Produktionsmanagement an der ESB Business School, Hochschule Reutlingen. Dieser Zeitschriftenbeitrag entstand im Zuge des Seminars „Spezialthemen der Produktion“ bei Prof. Dr.-Ing. Helmut Schaal.

Quellen
Aberdeen Group (2012). Machine Safety: The Correlation between Safety Systems and Productivity. Harle-Hanks Company.
Apfeld, R., Huelke, M., & et. al. (2006). Manipulation von Schutzeinrichtungen an Maschinen. Sankt Augustin: Hauptverband für gewerbliche Berufsgenossenschaften (HVBG).
Chr. Mayr GmbH (URL): Homepage www.mayr.com/de/ (Zugriffsdatum: 07.06.14)
Commission, Health and Safety (2004). The business of health and safety – Case studies UK : Commision, Health and Safety.
IDC Technologies Ltd. (Ed.) (2003): New Principles and Practices in Machine Safety. DM Macdonald.
Montronix GmbH (URL): Homepage www.montronix.com/de/news/346-mav2013.html (Zugriffsdatum: 07.06.14).
Pilz GmbH (URL): Produkte Steuerungstechnik www.pilz.com/de-DE/eshop/ 00010000237014/ PSSuniversal-Steuerung (Zugriffsdatum: 03.06.14).
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