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Reinigungsergebnisse kontrollieren

Wie sauber ist bedarfsgerecht sauber?
Reinigungsergebnisse kontrollieren

War es in den letzten Jahren überwiegend partikulärer Restschmutz, mit dem sich Sauberkeitsvorgaben beschäftigten, rücken jetzt auch filmische Rückstände auf gereinigten Bauteilen immer mehr in den Fokus. Um sie aufzuspüren, stehen neue und weiterentwickelte Lösungen zur Verfügung. Autorin: Doris Schulz

Spezifikationen zur technischen Sauberkeit gehören heute in vielen Branchen ebenso zu den Standardangaben auf Konstruktionszeichnungen wie beispielsweise die Maße einer Bohrung. Dabei handelt es sich meist um Vorgaben zur Menge und Größe zulässiger Restpartikel.

In der Automobilindustrie ist die Kontrolle der partikulären Sauberkeit nach VDA Band 19, Teil 1, beziehungsweise dem internationalen Pendant ISO 16232, Band 1 bis 10, inzwischen fester Bestandteil des Qualitätswesens. Ziel ist, die technische Sauberkeit eines Bauteils objektiv beurteilen und vergleichen zu können.
Dies erfordert, dass der definierte Sauberkeitswert grundsätzlich mit einer Prüfspezifikation verknüpft ist. Sie enthält Angaben über die Prüfreinigungsparameter und die Partikelmesstechnik. Festgelegt ist außerdem, dass die Parameter der Prüfreinigung für den betrachteten Bauteiltyp in Form so genannter Abklingmessungen ausgetestet und optimiert werden, um eine möglichst vollständige Abreinigung vorhandener Partikel zu erreichen, ohne die Bauteilsubstanz anzugreifen.
Der Nachweis von Partikeln kann bei einem Großteil der Werkstücke geometriebedingt nicht direkt auf der Produktoberfläche erfolgen. Die Partikel werden deshalb durch einen Reinigungsschritt in ein flüssiges Medium überführt. Die Extraktion, also das Ablösen der Partikel vom Bauteil, kann durch unterschiedliche Methoden erfolgen: Spritzen, Ultraschall, Spülen und Schütteln, wobei weder Extraktionsverfahren noch Prozessparameter wie Volumenstrom oder Ultraschallleistung vorgegeben waren.
Extraktions-Startparameter für bessere Vergleichbarkeit
Aus dieser Freiheit resultierte allerdings eine mangelnde Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Sauberkeitsanalysen. Die Extraktion war daher auch ein wesentlicher Punkt bei der Überarbeitung der VDA 19. In der neuen Version des Regelwerks, die seit Mitte 2015 erhältlich ist, wurden deshalb für die verschiedenen Verfahren so genannte Startparameter festgelegt. So wird beispielsweise für die Extraktion mittels Spitzen die Verwendung eines bestimmten Düsendurchmessers sowie eines definierten Volumenstroms empfohlen. Aufgenommen in die VDA 19.1 wurden beispielsweise für Bauteile, die in der Fertigung oder im Betrieb nicht mit Flüssigkeit in Kontakt kommen, mit dem Durchströmen und Abblasen zwei neue Extraktionsverfahren, die mit Luft als Extraktionsmedium arbeiten.
Nach der Filtration der Extraktionsflüssigkeit und Trocknung des Analysefilters erfolgt die Auswertung der Proben. Um auch hier die Vergleichbarkeit zu erhöhen, enthält die VDA 19.1 System- und Einstellungskonventionen für Standardanalysen mit Gravimetrie und/oder lichtoptischem Mikroskop und neu – auch mit Flachbettscanner. Ein weiteres Novum ist die verkürzte Analyse, beispielsweise mit einem Flüssigkeitspartikelzähler oder einem neuen System. Dieses basiert auf der optischen Erkennung und Vermessung von Partikeln, die ein Analysesieb im Medienstrom belegen. Die Ergebnisse der lichtoptischen Standardanalyse und der verkürzten Analyse sind durch die unterschiedlichen Detektionsprinzipien nicht direkt vergleichbar.
Ursache des Restschmutzes aufspüren
Weichen Sauberkeitsspezifikation und Ergebnis der Restschmutzanalyse ab, geht es in die Ursachenforschung. Das Wissen, woher die Partikel stammen, ist der Schlüssel zu sauberen Teilen beziehungsweise für eine gezielte Prozessoptimierung. Zur Materialbestimmung beziehungsweise 3D-Geometrie-Erfassung stehen verschiedene weiterführende Analyse-Methoden zur Verfügung. Dazu zählen die Raster-Elektronenmikroskopie und energiedispersive Röntgenanalyse (REM/EDX), die Raman- oder IR-Spektroskopie, die laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LiBS), die lichtoptische Partikelhöhenbestimmung und Micro-Computertomografie.
Nachdem immer mehr Bauteilverbindungen durch Verkleben und Schweißen hergestellt werden, rücken filmische Restkontaminationen wie etwa Fett- und Ölrückstände, Kühlschmierstoffe oder Trennmittel verstärkt in den Fokus von Teileherstellern und ihren Kunden. Prozesse wie Lackieren, Beschichten und Härten erfordern ebenfalls „öl- und fettfreie“ Oberflächen. Doch was verbirgt sich hinter öl- und fettfrei – auf alle Fälle keine quantifizierbare Sauberkeitsspezifikation.
Die Definition von Grenzwerten ist bei filmischen Verunreinigungen deutlich schwieriger als bei Partikeln – nicht zuletzt, weil es für viele Fragestellungen noch keine geeigneten Messverfahren gibt. Hier arbeiten Industrie, Verbände und Forschungseinrichtungen an entsprechender Messtechnik sowie an Handlungsempfehlungen und Regelwerken.
Verfahren zur filmischen Sauberkeitskontrolle
Auf die rein visuelle Kontrolle beschränken sich die möglichen Verfahren aber auch hier nicht. Eine Kenngröße ist beispielsweise die Oberflächenenergie (mN/m = Millinewton pro Meter). Sie bestimmt, ob eine Oberfläche durch eine Flüssigkeit benetzt wird oder diese abperlt. Zur einfachen und schnellen Überprüfung der Oberflächenenergie stehen so genannte Testtinten – Flüssigkeiten mit definierten Oberflächenspannungen (von 18,4 bis 105 mN/m) – und Teststifte zur Verfügung. Bei der Kontaktwinkelmessung wird der Winkel gemessen, den ein Flüssigkeitstropfen auf einer festen Oberfläche bildet. Daraus lassen sich verschiedene Eigenschaften der Substratoberfläche wie beispielsweise die Oberflächenenergie bestimmen.
Die Fluoreszenzmessung basiert auf der Eigenschaft organischer Substanzen wie Ölen, Fetten und Wachsen, bei Anregung mit UV-Licht zu fluoreszieren. Je stärker die filmische Schicht ist, desto stärker die emittierte Fluoreszenz. Für die Messung stehen seit Jahren bewährte Hand- und Inline-Messgeräte zur Verfügung. Neu entwickelt wurde eine automatisierte Systemlösung. Sie basiert auf einem Inline-Fluoreszenzsensor, der mit einer Drei-Achs-Verfahreinheit schnell und exakt positioniert wird. Durch eine Abtastrate von 50 Hz und die Verfahrgeschwindigkeit der Achsen von bis zu 100 mm/s lassen sich mit dem innovativen Messsystem in kurzer Zeit große Oberflächen örtlich hochauflösend auf filmische Verunreinigung kontrollieren. Dabei ist auch die Kontrolle von Bauteilen unterschiedlicher Geometrie mit einer hohen Messwertdichte möglich.
Die genannten Verfahren erlauben eine qualitative, allenfalls semi-quantitative (vergleichende) Bewertung des Sauberkeitszustandes. Außerdem können sie keinen Hinweis zur Ursache beziehungsweise Herkunft der Verunreinigungen liefern. Dies ermöglicht ein Messverfahren, das filmische Kontaminationen durch vakuuminduzierte Desorption von der Bauteiloberfläche extrahiert. So lassen sich Verunreinigungen auf der gesamten Oberfläche einzelner Bauteile, von Baugruppen oder Bauteilchargen beliebiger Geometrie, qualitativ und quantitativ nachweisen. Es wird dabei sowohl die Menge des auf der Bauteiloberfläche befindlichen Restschmutzes in Gramm bestimmt. Dadurch können zweckmäßige Grenzwerte festgelegt und kontrolliert werden. Darüber hinaus lassen sich Verunreinigungen eindeutig identifizieren und ihren Ursachen, beispielsweise Rückstände von Fertigungshilfsmitteln, zuordnen. ■

Branchentreff für Reinigungsexperten

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Welche Verfahren und Systeme ermöglichen eine zuverlässige und wirtschaftliche partikuläre Sauberkeitskontrolle? Wie lassen sich partikuläre Schmutzquellen aufspüren? Mit welchen Verfahren können filmische Restkontaminationen detektiert werden? Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um die Teilereinigung und Sauberkeitskontrolle bietet die Parts2clean. Die internationale Leitmesse für industrielle Teile- und Oberflächenreinigung findet vom 31. Mai bis 2. Juni 2016 auf dem Stuttgarter Messegelände statt. Sie ermöglicht umfassende Informationen über Reinigungssysteme, alternative Reinigungstechniken, Reinigungsmedien, Qualitätssicherungs- und Prüfverfahren, Reinigungs- und Transportbehältnisse, Entsorgung und Wiederaufbereitung von Prozessmedien, Handling und Automation, Dienstleistung, Beratung, Forschung und Fachliteratur. Viel Knowhow über unterschiedliche Themen zur Reinigung vermitteln auch das dreitägige Fachforum und die Guided Tours. Parallel zur Parts2clean findet die O&S, internationale Fachmesse für Oberflächen und Schichten, statt.
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