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Additive Fertigung im automobilen Werkzeugbau

Überarbeitete Kühlung optimiert den Produktionsprozess für spritzgegossene Kunststoffteile
Additive Fertigung im automobilen Werkzeugbau

Die Qualität der verbauten Kunststoffteile in Fahrzeugen hat in den letzten Jahren enorm zugenommen: Komplexität, Passgenauigkeit, Optik und Haptik erfüllen inzwischen selbst bei vielen günstigeren Modellen den viel zitierten Premiumanspruch. Hersteller und Zulieferer setzen hierbei vermehrt auf Hightech-Lösungen. So ist der tschechische Werkzeugbauer bei komplexen Kundenprojekten mit additiven Fertigungsverfahren erfolgreich.

Das in der Tschechischen Republik ansässige Unternehmen Innomia a.s. ist unter anderem in der Automobilbranche tätig und hat sich ganz dem Direkten Metall-Laser-Sintern (DMLS) verschrieben. Das Portfolio reicht vom Prototypenbau über die Herstellung von Einsätzen für Spritzguss- und Druckgusswerkzeuge bis hin zur Werkzeugreparatur. So haben die DMLS-Profis mithilfe der EOS-Technologie den Automobilzulieferer Magna dabei unterstützt, dank überarbeiteter Kühlung den Produktionsprozess für spritzgegossene Kunststoffteile zu optimieren. Im vorliegenden Fall betrifft das die Armlehnen zwischen den Vordersitzen.

Herausforderung
Die Herstellung der Plastikbauteile für die Mittelarmlehne erfolgt beim Zulieferer Magna – Kunde von Innomia – im klassischen Spritzgussverfahren: Dabei wird über ein Spritzgusswerkzeug flüssiger, mit Glasfasern gefüllter Kunststoff in einen Hohlraum eingebracht, welcher wieder erstarrt. Das Bauteil kann anschließend entnommen werden und ist fertig für den Transport zum Automobilhersteller bzw. zu weiteren Zulieferern. Soweit die vereinfachte Darstellung. In der Realität ist dieser Vorgang ein komplexer Prozess, bei dem jeder Arbeitsschritt perfekt funktionieren muss.
Die Wärmeenergie des flüssigen Ausgangsmaterials muss über das Produktionswerkzeug abgeführt werden, um den Kunststoff erstarren zu lassen. Der Kühlvorgang bestimmt unter anderem die Qualität des Bauteils, denn ungleichmäßige Wärmeableitung kann zu Verformungen führen. Darüber hinaus spielt die Temperierung eine tragende Rolle für den Herstellungszyklus: Je schneller die Wärme abtransportiert wird, desto eher kann ein Teil entnommen und das nächste produziert werden.
Im bisher verwendeten, aus einer Kupfer-Beryllium-Legierung mit hoher Wärmeleitfähigkeit hergestellten Werkzeug war die Kühlung nur von einer Seite möglich. Die Temperaturverteilung war daher ungleichmäßig. Das verwendete Kühlwasser musste mit nur 16 °C sehr kalt sein, um entsprechend viel Wärmeenergie zu absorbieren. Durch die hohen Temperaturen an der Oberfläche des Einsatzes – bis zu 120 °C – stieg die Luftfeuchtigkeit in der Umgebung. Das beschleunigte die Korrosion. So war eine kostenintensive Reinigung alle ein bis zwei Wochen erforderlich. Allein die große Härte des Werkzeugkerns hat Beschädigungen der Oberflächen bei den häufigen Säuberungsvorgängen verhindert.
Lösung
Als logische Konsequenz begannen die Designer von Innomia damit, ein neues Kühlsystem für den Werkzeugeinsatz zu entwickeln. Eine optimale Abführung der beim Produktionsvorgang entstehenden Wärme stand dabei weit oben auf der Prioritätenliste. Wie vielfach bei der DMLS-Technologie erprobt, entschloss sich das Team, auf integrierte konturnahe Kühlkanäle zu setzen – eine der besonderen Möglichkeiten, die nur additive Fertigungsverfahren bieten. Zum Einsatz kam dabei die bei Innomia seit vielen Jahren bewährte Eosint M 270 von EOS.
Der Durchmesser der Kühlkanäle beträgt 3 mm. Beim Metall fiel die Wahl auf den martensitaushärtenden Stahl 1.2709. Nach dem eigentlichen Herstellungsprozess – dem schichtweisen Auftragen und Verschmelzen des Metallpulvers gemäß der 3D-Daten – haben die Mitarbeiter des tschechischen Spezialisten den Härtegrad durch Nachbehandlung auf über 50 HRC (Rockwell-Härte) erhöht. Diese mechanischen Eigenschaften garantieren hohe Verschleißfestigkeit und reduzieren damit den Wartungsaufwand.
„Wir konnten im DMLS-Verfahren mit der Eosint M 270 ein extrem langlebiges Bauteil herstellen, gleichzeitig blieben die bekannten und bewährten Vorteile der Methode hinsichtlich Design und Zykluszeitreduzierung gewährleistet“, erläutert Luboš Rozkošný , CEO von Innomia. „Durch die Möglichkeit, die Kühlkanäle konturnah und damit optimal in das Bauteil zu integrieren, haben wir die zentralen Herausforderungen des Produktionsprozesses mit geringem Aufwand gelöst.“
Ergebnisse
Die konturnahe Kühlung und die Fertigung im Schichtbauverfahren brachten die erwünschten Ergebnisse. Die Temperaturverteilung und damit die Wärmeableitung sind nun wesentlich homogener. Da die Wärme besser verteilt und schneller vom Werkzeug und Werkstück abgeführt wird, genügte Magna in der Folge Wasser mit 60 °C zur Kühlung – der Energiebedarf sinkt dadurch. Die Oberfläche des Einsatzes selbst wird nicht wärmer als 90 °C. So konnten die Ingenieure auch das Feuchtigkeitsproblem in der Umgebung lösen.
Magna profitiert somit dank Innomia und der EOS-Technologe von einem auf fünf bis sechs Wochen verlängerten Wartungsintervall, da die Probleme mit der Luftfeuchtigkeit und der Korrosion vollständig gelöst werden konnten. Die konformen Kühlkanäle funktionieren so gut, dass die Zeit für einen Produktionszyklus um 17 % niedriger liegt als zuvor. Die Bauteile verformen sich zudem durch die gleichmäßige und schnelle Wärmeverteilung und -ableitung nicht mehr, ein direkter positiver Einfluss auf die Qualität und Geschwindigkeit der Fertigung: Die Zykluszeitreduktion und die Qualitätsverbesserung des Endprodukts kommen so gleichsam zum Tragen. Die Werte haben Innomia und Magna übrigens nach etwa 370 000 Zyklen erhoben. In diesem Zeitraum lagen die kompletten Einsparungen bereits bei einem Wert von etwa 20 000 Euro.
So zieht Pavel Strnadek, Leiter der Werkzeugwartung bei Magna, eine positive Bilanz: „Die Kühlthematik hatten wir seit langem im Auge. Wir wussten, wie ein verbessertes Produkt aussehen müsste, doch dessen Herstellung erschien zunächst unmöglich. Den Durchbruch ermöglichte uns die additive Fertigung. Wir konnten die Kühlkanäle von Innomia nach Belieben planen und den Werkzeugkern entsprechend fertigen lassen. Der Laser schmilzt schließlich Schicht für Schicht des Metallpulvers auf, so dass wirklich jede Form möglich ist. Das Ergebnis überzeugt in jeder Hinsicht. Wartung, Qualität des Endprodukts, Kosten, Wärmeableitung – ein perfektes Projekt.“
Rozkošný pflichtet bei: „Für uns ist es von größter Bedeutung, beste Qualität zu niedrigen Kosten zu fertigen. Im Zuge der Optimierung unserer Fertigungsanlagen durch eine verbesserte Kühlung unserer Werkzeuge haben wir dafür ein Paradebeispiel geschaffen: Wir konnten die Wartungskosten für unsere Produktionsanlagen senken, die Qualität unserer Bauteile nochmals verbessern und die Zahl der Zyklen erhöhen. Damit erfüllen wir das Qualitätsversprechen unserer Auftraggeber und gleichzeitig unsere eigenen Ansprüche an Wirtschaftlichkeit.“
EOS GmbH www.eos.info
Innomia a.s. www.innomia.cz/de

Spezialist für Prototyping
Die Aktiengesellschaft Innomia a.s. wurde im Jahr 2006 gegründet. Das im ostböhmischen Jaromer ansässige Unternehmen unterstützt und berät Kunden wie den Škoda-Zulieferer Magna bei der Entwicklung und Herstellung von Produkten sowie Metall- und Plastikprototypen. Dabei kommen modernste Verfahren und Technologien aus dem Bereich des Rapid Prototyping zum Einsatz.
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