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Interview: Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz AG

Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz AG
„Wir produzieren verschiedene Antriebsarten auf einer Linie“

Die Mercedes-Benz Elektro-Offensive ist in vollem Gange. Mittlerweile werden in jedem Segment elektrifizierte Modelle angeboten – vom 48-Volt-Bordnetz (EQ Boost), über Plug-in-Hybride (EQ Power) bis zu vollelektrisch angetriebenen Fahrzeugen (EQ). Die mav hat mit Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz AG, Produktion und Supply Chain Management, darüber gesprochen, welche Auswirkungen die Transformation auf die Produktion hat. Das Interview führte: Frederick Rindle

mav: Elektromobilität ist das große Thema in der Automobilbranche. Wie sieht ihre Strategie in der Produktion aus?

Burzer: Im globalen Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz Cars arbeiten wir schon seit Jahren konsequent an der Umsetzung unserer Elektro-Offensive. Elektrofahrzeuge unserer Produkt- und Technologiemarke EQ werden in die Serienproduktion der bestehenden Mercedes-Benz Pkw-Werke integriert. Dank hochflexibler Strukturen können wir Fahrzeuge mit verschiedenen Antriebsarten auf einer Linie produzieren, sodass wir flexibel und schnell auf Nachfrageänderungen in den Märkten reagieren können. Damit nutzen wir die Chancen der Elektromobilität optimal und begrenzen den Investitionsbedarf deutlich.

Wo produzieren Sie künftig Elektrofahrzeuge?

Burzer: Wir werden Elektrofahrzeuge an sechs Standorten unseres Produktionsnetzwerks auf drei Kontinenten fertigen. Dazu gehören zum Beispiel Sindelfingen und Tuscaloosa. Im vergangenen Jahr ist sehr erfolgreich die Produktion unseres Mercedes-Benz EQC in Bremen und anschließend in Peking gestartet.

Wie wird es künftig mit der Produktion des Powertrains weitergehen?

Burzer: Das Powertrain-Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz Cars besteht aus mehreren deutschen und internationalen Standorten und wird künftig auch elektrische Komponenten und Batterien fertigen. Dabei stellen wir unser Portfolio konsequent um. Wir gehen davon aus, dass wir bis 2030 mehr als die Hälfte unseres Pkw-Absatzes mit Plug-In Hybriden oder sogar rein elektrischen Fahrzeugen erreichen.

Welche Rollen spielt dabei die Fertigung eigener Batterien?

Burzer: Die lokale Produktion von Batterien ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in unserer Elektrooffensive und der entscheidende Baustein, um die weltweite Nachfrage nach Mercedes-Benz Elektrofahrzeugen flexibel und effizient zu bedienen. Wir investieren mehr als eine Milliarde Euro in einen globalen Batterie-Produktionsverbund, der ein wichtiger Bestandteil des weltweiten Produktionsnetzwerks von Mercedes-Benz Cars wird. Geplant sind aktuell neun Fabriken an sieben Standorten auf drei Kontinenten, darunter fertigen wir schon heute Batterien in Kamenz, Bangkok und Peking. Ich bin überzeugt davon, dass unser Produktionsnetzwerk für die Mobilität der Zukunft sehr gut aufgestellt.

Wird die Fertigung der E-Motoren zukünftig bei Daimler selbst erfolgen?

Burzer: Bei den Antriebskomponenten streben wir eine optimale Kombination aus innovativen Technologien und wettbewerbsfähige Kostenstrukturen an. Generell überprüfen wir für alle Produktionsumfänge kontinuierlich, welche Umfänge in Eigen- bzw. Fremdfertigung hergestellt werden. Erst im Dezember vergangenen Jahres haben wir bekanntgegeben, dass das Mercedes-Benz Werk Untertürkheim künftig Teile des elektrischen Antriebsstrangs (eATS) fertigen und montieren wird. Das Mercedes-Benz Werk Untertürkheim hat eine 115-jährige Tradition, ist der größte Standort im weltweiten Powertrain-Produktionsverbund und Sitz der Daimler Konzernzentrale.

Ist der Automobilstandort Deutschland für die Produktion der Antriebe der Zukunft noch die erste Wahl?

Burzer: Wir fertigen im globalen Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz Cars an mehr als 30 Standorten weltweit. Unseren deutschen Werken kommt dabei eine besondere Rolle zu. Als Lead-Werke und Kompetenzzentren für alle Auslandswerke von Mercedes-Benz Cars leiten sie die Neuanläufe, neue Technologien und die Qualitätssicherung.

Wird die Digitalisierung zum Alleinstellungsmerkmal in der PKW-Produktion?

Burzer: Digitalisierung spielt in der Produktion der Zukunft eine entscheidende Rolle. Aktuell entsteht im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen mit der Factory 56 eine der modernsten Automobilproduktionen der Welt. Diese Montagehalle wird durchgängig digitalisiert, flexibel und nachhaltig. Moderne Technologien und Konzepte kommen flächendeckend zum Einsatz. In der Factory 56 wird eine völlig neue Infrastruktur implementiert. Sie ist flächendeckend mit W-LAN und einem Mobilfunknetz ausgestattet und kommuniziert mit ihrer Umgebung. Mit der Factory 56 wird somit die Fabrik der Zukunft bei Mercedes-Benz Cars heute bereits Realität.

Wird der neue Mobilfunkstandard 5G bereits zum Einsatz kommen?

Burzer: Wir errichten zusammen mit dem Telekommunikationsunternehmen Telefónica Deutschland und dem Netzwerkausrüster Ericsson in der Factory 56 das weltweit erste 5G-Mobilfunknetz für die Automobilproduktion. In einem über 20 000 m2 großen Bereich wird 5G in einem Innovationsprojekt erstmals in der laufenden Produktion eingesetzt. Die dort gewonnenen Erfahrungen fließen in die künftigen Einsätze in weiteren Werken aktiv mit ein. Mit diesem Meilenstein sorgen wir dafür, dass der Zukunftsstandard 5G für den Industriestandort Deutschland Realität wird. Nach Abschluss der Installation und Inbetriebnahme wird das Netz ausschließlich von uns betrieben. Wir haben bereits im letzten Jahr mit den ersten Testläufen begonnen und die Ergebnisse sind sehr vielversprechend. Ich freue mich darauf, die Möglichkeiten, die uns das 5G Netz liefert, im laufenden Serienbetrieb nach der Eröffnung der Factory 56 weiter zu testen und die vielfältigen Potenziale für uns zu nutzen.

Auf der IAA haben Sie ein neues Tool für die Umsetzung der Digitalisierung in ihren Werken vorgestellt: MO360. Was genau verbirgt sich dahinter?

Burzer: Bei Mercedes-Benz Cars Operations haben wir unsere eigene digitale Plattform entwickelt: MO360. Diese neue Applikationsfamilie integriert Systeme wie Quality Live und das Digital Shop Floor Management. Der Erfolgsvorteil: Durch MO360 können wir Effizienz, Qualität und weitere Key Performance Indicators deutlich steigern. Wir planen den globalen Rollout bis Ende 2020. Erstmals wird das Tool in der Factory 56 zum Einsatz kommen.

Mercedes-Benz AG
www.mercedes-benz.com


Schritt für Schritt auf dem Weg zur Normalität

Die Mercedes-Benz Pkw-Werke haben seit Mitte April nach einer Phase der Arbeitsunterbrechung in Folge der COVID-19-Pandemie sukzessive die Produktion wiederaufgenommen. Ab Juni befinden sich alle Werke der Mercedes-Benz AG weltweit im Wiederanlauf. Zunächst sind am 20. April die deutschen Motoren- und Komponenten-Werke gestartet, gefolgt von den deutschen Mercedes-Benz Pkw-Aufbauwerken. Die internationalen Mercedes-Benz Standorte haben die Produktion parallel wieder hochgefahren. Die Gesundheit und Sicherheit aller Beteiligten hat dabei für Mercedes-Benz oberste Priorität. Der Hochlauf der Produktion wird flexibel gestaltet, um auf aktuelle Entwicklungen sowie länderspezifische behördliche Vorgaben reagieren zu können. Mit dem koordinierten Wiederanlauf der Produktion treibt Mercedes-Benz seine Produkt- und Elektrooffensive weiter voran und bedient damit zudem seinen größten Absatzmarkt China, in dem das Unternehmen wieder einen deutlichen Anstieg der Nachfrage sieht.


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