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Offener Handel – ohne Standards zu opfern

Industrielle Wertschöpfungsketten enden nicht an den Landesgrenzen
Offener Handel – ohne Standards zu opfern

Der Staat hat in der sozialen Marktwirtschaft zwei Kernaufgaben zu erfüllen. Zum einen hat er den rechtlichen Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen die Akteure mit hoher Rechtssicherheit agieren können. Zum anderen hat er zu gewährleisten, dass ein marktwirtschaftlicher Wettbewerb stattfinden kann, und das am besten weltweit. Dabei gilt es vor allem wettbewerbsbeschränkende Vorgänge auf den Märkten zu verhindern.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Jahresgutachten 2018/19 der deutschen Volkswirtschaft eine sehr gute Ausgangsposition bescheinigt, allerdings würden ungünstige außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen, temporäre produktionsseitige Probleme und Kapazitätsengpässe das Expansionstempo dämpfen.

Die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürften sich daher mit 1,6 % für das Jahr 2018 und 1,5 % für das Jahr 2019 dem geschätzten Potenzialwachstum von derzeit etwa 1,5 % annähern. Das Wachstum der Weltwirtschaft dürfte sich ebenfalls verlangsamen. Für den Euroraum werden in den Jahren 2018 und 2019 Zuwachsraten des BIP von 2,0 % beziehungsweise 1,7 % prognostiziert. Es bestehen Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung durch eine Eskalation des Handelskonflikts, die Auswirkungen des Brexits oder ein Wiederaufflammen der Eurokrise.

Die deutsche Volkswirtschaft steht laut dem Sachverständigenrat vor großen Herausforderungen. Auf internationaler Ebene ist dies vor allem die ungewisse Zukunft der multilateralen globalen Wirtschaftsordnung. Eine Stärkung der Europäischen Union (EU) wäre Teil der Antwort auf die internationalen Herausforderungen.

Seit der Amtsübernahme durch US-Präsident Trump ist eine Abkehr der Vereinigten Staaten von multilateralen Organisationen und Abkommen zu beobachten. Insbesondere im internationalen Handel und beim globalen Klimaschutz sind nationale Alleingänge mit Wohlfahrtsverlusten für die Staatengemeinschaft verbunden. Die protektionistischen Maßnahmen der Vereinigten Staaten und die Reaktionen der Handelspartner haben die durchschnittlichen Zollsätze erhöht. Die Situation ist jedoch bislang nicht mit einem Handelskrieg wie in den 1920er- und 1930er-Jahren zu vergleichen.

Die EU sollte laut dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates innerhalb der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) Vergeltungsmaßnahmen in Betracht ziehen, um Regelverletzungen glaubwürdig zu bestrafen. Zudem gilt es, die WTO zu reformieren und damit zu stärken. Die EU sollte die Chance auf weitere Wohlfahrtssteigerungen nutzen und neue Freihandelsabkommen etwa mit den Vereinigten Staaten abschließen. Eigene protektionistische Maßnahmen wie eine allgemeine Genehmigungspflicht von ausländischen Direktinvestitionen sind nicht im langfristigen Interesse Deutschlands.

Ernste Gefahr für Wohlstand und Wachstum

Auch der VDMA sieht den Protektionismus als Gefahr für den Handel: „Wir hoffen, dass die Staatengemeinschaft den Weckruf nicht überhört“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Protektionistische Bestrebungen seien eine ernste Gefahr für Wohlstand und Wachstum.

„Die Befürworter des Protektionismus sind sich offensichtlich nicht bewusst, wie stark die Wirtschaft mittlerweile durch globale Wertschöpfungsketten miteinander verflochten ist. Die globale Arbeitsteilung ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass kein Land sich ohne bleibenden Wohlstandsverlust abschotten kann“, sagt Brodtmann. Gerade in der Industrie habe die Spezialisierung ein Ausmaß erreicht, dass das Beschäftigungsniveau in vielen Unternehmen ohne eine länderübergreifende Zusammenarbeit dauerhaft gar nicht aufrechterhalten werden könnte.

Der VDMA-Hauptgeschäftsführer fordert nicht nur von den Regierungen, mutiger für Freihandel einzutreten. Alle gesellschaftlich relevanten Gruppen müssten sich in diesem Sinne zu Wort melden. Brodtmann glaubt, dass die protektionistischen Gedankenspiele von US-Präsident Donald Trump zu intensivem Nachdenken darüber geführt haben, welche Wohlstandseinbußen drohen.

Ausgewogene und fortschrittliche Politik

Da die Gefahr von Protektionismus zu- und das Engagement großer Player für globale handelspolitische Steuerung abnimmt, hat sich die Europäische Kommission schon vor längerem eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik zum priorisierten Ziel gemacht. Im Besonderen sollen Handelsabkommen den wirtschaftlichen Erfolg der EU-Staaten sichern: Die EU hat eine politische Einigung mit Japan erzielt und ist im Begriff, das Abkommen mit Kanada umzusetzen. Die Kommission verhandelt zudem mit zahlreichen Partnern, insbesondere Mexiko und den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay). Verhandlungen mit Partnern aus anderen Teilen der Welt könnten in den nächsten Monaten eingeleitet werden.

Die Bundesregierung hat mit China in Sachen Industrie 4.0 einen weiteren Partner ausgemacht. Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium hierzu: „Wir haben das erste bilaterale Kooperationsabkommen bei Industrie 4.0 im vergangenen Jahr ganz bewusst mit China geschlossen. China ist für uns ein wichtiger Partner und für unsere Industrie ein zentraler Absatzmarkt. Unser Ziel ist es, die Kooperation zwischen Unternehmen beider Länder zu unterstützen. Heute können wir 20 deutsch-chinesische Kooperationsprojekte im Bereich Industrie 4.0 vorzeigen. Das ist ein guter Anfang. Wir müssen aber vor allem bestehende Barrieren für Unternehmen abbauen und den Grundstein für eine langfristige Zusammenarbeit mit fairen Rahmenbedingungen im Sinne eines ‚Level-Playing-Fields‘ für beide Seiten legen. Gerade bei Industrie 4.0 ist es beispielsweise notwendig, eine sichere und zuverlässige Kommunikation über Unternehmensgrenzen hinweg sicherzustellen.“

Die Zusammenarbeit soll in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Zentraler Bestandteil ist eine in Peking eingerichtete deutsch-chinesische Arbeitsgruppe. Unternehmen beider Seiten können so lösungsorientierte Vorschläge in die Kooperation einbringen. Industrielle Wertschöpfungsketten enden nicht an den Landesgrenzen. Internationale Standards bei Industrie 4.0 sind der Schlüssel für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrien beider Länder. Deshalb wollen sich beide Länder auf ein gemeinsames Vorgehen im Bereich Standardisierung von Industrie 4.0 einigen.

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