Nach der erfolgreichen, unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen der Hannover Messe 2017 zu „EPIC – Edge-Powered Industrial Control (EPIC)“ treiben das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen, Kuka Robotics, Amazon Web Services (AWS) und BCG Digital Ventures ihre Kooperation zur Trendtechnologie Edge Computing weiter voran: Im gemeinschaftlichen Demonstrator „Icecat – Industrial Control by Edge Computing for Automation Technology“ wird erneut die Amazon Web Services (AWS) Edge-Technologie „Greengrass“ eingesetzt, um die möglichen neuen Potenziale in einem industriellen Anwendungsszenario der Automobilzuliefererindustrie zu verdeutlichen.
Edge Computing stellt eine Schlüsseltechnologie für neue Steuerungskonzepte dar, um die leistungsstarke Cloud mit verteilten lokalen Edge-Devices zu kombinieren. Der Einsatz von Cloud-Technologien eröffnet zwar neue Möglichkeiten, wie z. B. die Steigerung der Gesamtanlageneffektivität (OEE), durch resiliente und selbstoptimierende Produktionsanlagen. Diese neuen Potenziale können aber aufgrund fehlender durchgängiger Kommunikations- und Steuerungskonzepte, existierender Verzögerungen bei der Datenübertragung sowie zu großen Datenmengen noch nicht voll ausgeschöpft werden. Während Cloud-Dienste also übergeordnete Analyse- und Optimierungsaufgaben übernehmen können, eröffnen Edge-Systeme die Möglichkeit, auf lokale Ereignisse in Echtzeit zu reagieren. Cloud und Edge-Device stehen dazu in kontinuierlichem Datenaustausch.
Ein besonderes Potenzial besteht in der Auslagerung der Ausführungslogik von etablierten Industriesteuerungen auf die Edge. Werden in der Cloud Korrelationen identifiziert oder Optimierungen berechnet, können diese direkt in Form von neuen Programmen auf der Edge zur Ausführung gebracht werden.
Im Icecat-Projekt lieferte BCG Digital Ventures Software für intelligente Business und User Applications sowie AWS Unterstützung im Bereich der IoT & Edge-Technologien, Kuka steuerte neueste Robotertechnologien bei, und das WZL komplettierte das Portfolio mit seiner langjährigen Expertise in Bezug auf industrielle Endgeräte, Prozesse und die Automatisierungstechnik. Der gemeinschaftliche Demonstrator konnte so in wenigen Monaten realisiert werden.
Bei roboterbasierten Prozessen führen externe und interne Einflüsse, wie z. B. geometrische Produktvarianzen, zu Anlagenstillständen und hohen manuellen Aufwänden. In Icecat erfasst ein sensitiver Kuka-Roboter LBR iiwa die spezifischen Abweichungen. Diese werden in einem digitalen Schatten des jeweiligen Produktes gespeichert. Mittels intelligenter Logik auf der Edge werden die nachfolgenden Roboterprogramme echtzeitfähig und Instanz-bezogen angepasst und wiederum über die Edge zur Verfügung gestellt.
Eine optische Qualitätsprüfung zur Ermittlung des tatsächlichen Prozessschritts ermöglicht abschließend in der Cloud eine übergreifende Optimierung um die Offline-Planung in wenigen Produktionsschritten an das gewünschte Prozessergebnis anzupassen.
In Icecat werden alle industriellen Endgeräte (Sensorik, Aktorik und Robotersteuerung) ausschließlich über Edge-Devices, kostengünstige Einplatinen-Computer, in Kombination mit der AWS Greengrass-Technologie angebunden und in den Gesamtprozess – ebenfalls über Edge-Devices gesteuert – integriert. Mit diesem Ansatz können die Anlagenstillstände, basierend auf Prozessvariationen, signifikant reduziert und die allgemeine Produktivität deutlich gesteigert werden.
„Es ist zu erwarten, dass zukünftig immer mehr Steuerungsaufgaben durch Edge-Devices in Kombination mit leistungsfähigen Cloud-Anwendungen realisiert werden“, so Dr.-Ing. Markus Obdenbusch, Abteilungsleiter Automatisierung und Steuerungstechnik am WZL. „Damit verfolgen wir bereits seit einem Jahr den durch Gartner erst Anfang Oktober vorgestellten strategischen Top-Technologietrend 2018 ‚Cloud to the Edge‘. In der Edge-Technologie sehen wir eine disruptive Schlüsseltechnologie zur Gestaltung resilienter und (selbst-)optimierender Produktionssysteme. Wir haben Digitale Schatten, Microservices und Edge-Devices genutzt, um eine völlig neuartige Ausprägung einer verteilten Automatisierungstechnik zu präsentieren. Damit gehen wir bereits einen großen Schritt hin zum ‚Internet of Production‘.“