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Wie finanziere ich meine Werkzeugmaschine? Neue Finanzierungsmodelle

Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Maschinenfinanzierung
Produktivität steigern, Liquidität schonen

Vernetzung und Digitalisierung machen die Nutzungsdaten von Maschinen transparent. Dies schafft nicht nur Raum für Prozessoptimierungen, sondern bereitet auch neuartigen Finanzierungsmodellen für Investitionsgüter den Weg. So bieten eine Reihe von Maschinenbauern nutzungsabhängige Abrechnungsvarianten an – und kooperieren dabei mit IT-Infrastrukturanbietern und Finanzinstituten. Autor: Dr. Frank-Michael Kieß


Inhaltsverzeichnis
1. Finanzierung einer Werkzeugmaschine auf Basis des Nutzungsgrads
2. Tilgungsrate orientiert sich am Nutzungsverlauf
3. Industrie-4.0-Vision wird Praxis
4. Wirtschaftliche Verantwortung wird geteilt

Eine Werkzeugmaschine neuesten Standes zu beschaffen, die nur nach Nutzung bezahlt wird und die man bei ausbleibenden Aufträgen auch einfach wieder zurückgeben kann – für viele Fertigungsbetriebe, die sich im volatilen Marktumfeld eine Großinvestition dreimal überlegen, hat diese Vorstellung durchaus Reiz. Auch für den Anbieter würde es Vorteile bringen, könnte er doch seine Hochtechnologie zeitnah an den Mann bringen, kontinuierliche Einkünfte erzielen und sich ein Stück weit von Konjunkturzyklen abkoppeln. Voraussetzung wäre allerdings eine transparente Information über Art und Umfang der Nutzung.

Dass die digitalisierte Fertigung eben diese Informationen bereit stellen kann, haben Unternehmen wie Heller erkannt. Auf der EMO vergangenen Jahres haben die Nürtinger mit der Vorstellung eines nutzungsbasierten Pricings für Aufsehen gesorgt. Unter der Bezeichnung „Heller 4 use“ bieten sie für bestimmte Maschinen ein Betreibermodell mit einer Pay-per-Use-Bezahlmethode für die Nutzlaufzeit der Maschinen an. Die IT-Infrastruktur dafür liefert Siemens‘ IoT-Plattform Mindsphere.

Die Nutzlaufzeit wird auf sicherem Weg in der Maschinensteuerung erfasst und anschließend über Sinumerik Edge zu Mindsphere übetragen, wo die Nutzlaufzeit ausgewertet und Heller-intern über SAP abgerechnet wird. Bezahlt wird digital per SEPA-Lastschrifteinzug.

Erweist es sich, dass die Maschine nicht wirtschaftlich ausgelastet werden kann, nimmt der Hersteller sie auch wieder zurück – für Heller ein überschaubares Risiko, da die Maschinen dank Qualität und Langlebigkeit auf dem Gebrauchtmarkt gefragt seien.

Finanzierung einer Werkzeugmaschine auf Basis des Nutzungsgrads

Derartige Entwicklungen rufen die Finanzindustrie auf den Plan. Ließen sich nicht auch Kreditverträge für Maschinenkäufer datenbasiert gestalten? Eine Vorreiterrolle will die Commerzbank spielen. Gemeinsam mit dem Salacher Werkzeugmaschinenhersteller Emag hat man den Prototyp eines neuartigen Pay-per-Use-Kredits entwickelt, der zusammen mit der KMB Technologie Gesellschaft für rationelle Fertigung umgesetzt wird. Die Idee: Die Tilgungshöhe des Kredits ändert sich mit dem Nutzungsgrad der Maschine. Dies schont die Liquidität des Kunden bei geringer Auslastung seiner Investitionsgüter.

Tilgungsrate orientiert sich am Nutzungsverlauf

Bei der Entwicklung des Prototyps lieferte die Vernetzung der Maschinen bei Emag einen detaillierten Einblick in deren Nutzungsablauf – und dadurch die Basis für die Berechnung der Tilgungsrate. KMB setzt diese Maschinen im Automotive-Sektor für die Teileproduktion ein. Der branchentypische Produktionsverlauf spiegelt sich sehr gut im entstehenden Tilgungsverlauf der Maschineninvestition wider. Sven Hartwich, kaufmännischer Leiter bei KMB, ist überzeugt: „Der Pay-per-Use-Kredit der Commerzbank ermöglicht uns die Investition in die neue Maschinengeneration der Emag. Durch die flexiblen Tilgungsraten passt sich die Liquiditätsbelastung unserer Produktion und damit dem Umsatz an. Wir schaffen es dadurch, unsere Gewinnschwelle weiter zu drücken, und erreichen damit eine höhere finanzielle Stabilität.“

Industrie-4.0-Vision wird Praxis

Für Achim Feinauer, Chief Operating Officer bei Emag, stellt der Pay-per-Use-Kredit eine der wenigen Visionen von Industrie 4.0 dar, die es von der Theorie in die Praxis geschafft haben. „Auf dem Weg zur vernetzten Produktion müssen viele, oft mentale Hürden überwunden werden. Pay-per-Use ist geprägt durch eine direkte Verbindung von Nutzung – das heißt Umsatz – und Ertrag, zu den Kosten der Investition.“ Die Vorteile seien quasi tagesaktuell im Liquiditätsbedarf spürbar.

Auch der rheinische Werkzeugmaschinen-Vertreiber Hommel ist auf den Zug aufgesprungen: In Kooperation mit der Siemens Finance & Leasing GmbH und unter Nutzung von Mindsphere bietet die Gruppe eine innovative Möglichkeit zur dynamischen und nutzungsabhängigen Finanzierung von Werkzeugmaschinen. Die Nutzungsdaten der finanzierten Maschine kommen, mittels Unterstützung einer auf den Kunden zugeschnittenen App, direkt aus Mindsphere.

„Smart Performance Finance“, so der Name des Angebots, orientiert sich am Wertverlauf der Maschine durch die Nutzung. Das monatliche Nutzungsentgelt wird aus einem Basis- und einem nutzungsabhängigen Betrag generiert. Der Basisbetrag ist der Mindestbetrag, der immer bezahlt werden muss und beinhaltet
eine festgeschriebene Anzahl an Basisstunden (z. B. 1-Schicht-Betrieb). Der nutzungsabhängige Betrag wird berechnet, sobald die monatlichen Basisstunden überschritten werden (z. B. Wechsel von 1-Schicht-Betrieb auf 2-Schicht-Betrieb). Die Gebühr pro zusätzliche Stunde wird vorab mit dem Kunden vereinbart und für die gesamte Vertragsdauer festgeschrieben.

Auch in anderen Branchen werden die Möglichkeiten neuer Abrechnungsverfahren aufgegriffen. So will der Druckmaschinenhersteller Heidelberg mit einem Subskriptionsmodell vom wachsenden Trend für Pay-per-Use im Maschinenbau profitieren und somit unabhängiger vom Wachstum allein durch Verkauf und Installation von Druckkapazität werden. Der Kunde bezahlt in diesem Modell ausschließlich für eine produktive industrielle Leistung, also für die Anzahl der bedruckten Bögen. Im abzurechnenden Bogenpreis sind bereits das gesamte Equipment, alle benötigten Verbrauchsmaterialien sowie ein umfassendes, auf Verfügbarkeit ausgerichtetes Serviceangebot eingeschlossen.

Im Rahmen einer solchen Vereinbarung wurden etwa im Faltschachtelwerk Weig in Emskirchen zwei neue Druckmaschinen installiert. Zum Gesamtmodell gehören aber auch alle Servicekomponenten, Ersatz- und Verschleißteile, alle zum Betrieb der Maschinen erforderlichen Verbrauchsmaterialien und ein auf die Steigerung der Verfügbarkeit ausgerichtetes Trainings- und Beratungsangebot. Zudem nutzt Weig die neue Digitalisierungslösung Heidelberg Assistant.

Wirtschaftliche Verantwortung wird geteilt

„Die wirtschaftliche Verantwortung an der höchsten technischen Verfügbarkeit, der gesteigerten Produktivität und der maximalen Nutzung des installierten Equipments liegt beim Subskriptionsmodell von Heidelberg nicht mehr alleine beim Kunden, sondern erstmalig auch beim Anbieter“, so Prof. Dr. Ulrich Hermann, Mitglied des Vorstands und Chief Digital Officer bei Heidelberg. „Ein Kunde geht schließlich nur dann einen langjährigen Vertrag mit uns ein, wenn er dauerhaft Vorteile davon hat. Diesen garantieren wir ihm mit unserem Betreibermodell. Es ist zudem dann eine zukunftsweisende Lösung, wenn Kunden die Chancen der Digitalisierung im Gesamtsystem voll ausschöpfen wollen.“


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