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Wuchten steigert Schleif-Produktivität

Vibrationsfreier Lauf erlaubt beim Werkzeugschleifen größere Vorschübe
Wuchten steigert Schleif-Produktivität

Seit die Werkzeugschleiferei Fuchs, Nittenau, ihre Schleifscheiben inklusive Dorn auf einer Haimer Tool Dynamic wuchtet, ist die Fertigung deutlich produktiver geworden. Denn die Scheiben haben nun einen derart ruhigen Lauf, dass der Mittelständler die Vorschubgeschwindigkeiten beim Schleifen deutlich erhöhen kann und zugleich die Standzeiten der Schleifscheiben und die der wertvollen Spindeln steigen. Davon profitiert auch die Qualität der von Fuchs hergestellten Hochleistungs-HSS- und -VHM-Werkzeuge.

Andreas Fuchs ist nach fast drei Jahren immer noch begeistert: „Wenn ich gewusst hätte, dass Wuchten so einfach ist, hätte ich damit schon viel früher begonnen.“ Dass er hier mit geringem Aufwand sehr große Verbesserungen erzielen kann, erlebt der Produktionsleiter der elterlichen Werkzeugschleiferei Fuchs seit 2009 nahezu täglich. Damals begann er, mit der Maschine Tool Dynamic 2009 Comfort von Haimer die Schleifscheiben zu wuchten, mit denen er Zerspanungswerkzeuge herstellt.

Die Produktion von HSS- und VHM-Werkzeugen stellt heute das Hauptgeschäftsfeld des Unternehmens im oberpfälzischen Nittenau dar. Als Hans Fuchs 1968 seine Werkzeugschleiferei gründete, bildete zunächst das Nachschleifen von Werkzeugen das größte Arbeitsgebiet. Der Wandel vom konventionellen Nachschleifbetrieb zur industriellen Fertigung von VHM-Neuwerkzeugen begann vor etwa 20 Jahren, als CNC-Maschinen in das Werkzeugschleifen Einzug hielten, berichtet Andreas Fuchs, Sohn des Gründers.
Der Erfolg des mittelständischen Betriebs bei seinen Kunden beruht auf der Flexibilität der 14 Mitarbeiter und vor allem auf der hohen Qualität der breiten Produktpalette, die verschiedene Werkzeuge für die Metall- und Kunststoffbearbeitung umfasst. Sie reicht vom Fräser mit weniger als 1 mm Durchmesser bis zum Sonderwerkzeug mit 50 mm Durchmesser. Einen Schwerpunkt stellen mehrstufige Werkzeuge und Formfräser dar, die Fuchs in Losgrößen von 1 bis etwa 300 fertigt. Dafür verfügt er über einen Park von rund 40 Maschinen, darunter mehrere 5- und 6-achsige Schleifmaschinen von Saacke.
Als Fuchs die erste selbst gewuchtete Einheit aus Spanndorn und Schleifscheibe in die Maschine montierte und diese anlaufen ließ, war das ein Aha-Erlebnis: Aus dem gewohnten, fortwährenden „Brummen“, mit dem die CNC-Werkzeugschleifmaschine zuvor von der Unwucht der Schleifscheiben gekündet hatte, wurde ein praktisch geräuschloser Lauf. „Ein Unterschied wie Tag und Nacht“, erinnert der Diplom-Ingenieur, der jede seiner Maschinen aus dem Effeff kennt. Das Brummen scheint zwar nur wie eine Äußerlichkeit, aber es zeigt Vibrationen an – Auswirkungen einer Anlage, die nicht tadellos läuft.
Unwucht und die daraus resultierenden Schwingungen wirken sich vielfältig aus. Sofort spürbar ist die verringerte Produktivität. Um eine hohe Oberflächengüte zu erreichen, gilt es, die Vibrationen in gerade noch erträglichem Rahmen zu halten. Das lässt sich durch eine reduzierte Vorschubgeschwindigkeit erreichen. Eine Maßnahme, die notwendig, aber aus Wirtschaftlichkeitsgründen unerwünscht ist. Weitere kostenintensive Folgen der Unwucht werden nur schleichend sichtbar. Vor allem direkt angetriebene Hochleistungsspindeln werden durch Unwucht höher belastet und zerstört – sie müssen früher ausgetauscht werden. Auch die Schleifscheiben verschleißen schneller und müssen häufiger abgerichtet werden.
Unwuchtschäden vermeiden, Kosten sparen
Fuchs konnte diese Probleme mithilfe des Wuchtens ausmerzen. Mit gewuchteten Schleifscheibensätzen kann er um 25 bis 30 Prozent höhere Vorschübe fahren. Die Standzeiten und Abrichtzyklen der Scheiben verlängern sich im gleichen Maß. Auch die Lebensdauer der Spindel dankt ihm diese Maßnahme. Zudem hat sich ein weiterer positiver Effekt eingestellt. Die von Fuchs hergestellten HSS- und VHM-Werkzeuge erreichen eine weiter verbesserte Qualität. Denn, so erläutert der Produktionsleiter: „Schwingungen von ungewuchteten Schleifscheiben übertragen sich natürlich auf das Werkzeug und können dort Mikroausbrüche oder Mikrorisse verursachen. Dort beginnt der Verschleiß früher und die Standzeit sinkt.“ Fuchs ist überzeugt, dass sich die Oberflächengüte seiner Werkzeuge durch den Einsatz gewuchteter Schleifscheiben deutlich verbessert hat.
Dabei ist die Oberflächengüte des einzelnen Werkzeugs nur ein Teilaspekt. Denn je mehr Schwachstellen die Werkzeugoberfläche aufweist, desto mehr schwankt die reale Standzeit. Bei Unternehmen, die ihre Fräswerkzeuge vorbeugend wechseln, bestimmt die Schwankungsbreite den Zeitpunkt der Ausmusterung: Haben die Werkzeuge beispielsweise Standzeiten zwischen 7000 und 10 000 Werkstücken, werden sie oft sicherheitshalber nach 6000 Einheiten gewechselt. Liegt die Standzeit zwischen 8000 und 9000, kann der Wechsel gefahrlos 1000 Werkstücke später erfolgen.
Nur fünf Minuten pro Schleifscheibensatz
Der Aufwand, den Fuchs treiben muss, um all diese Vorteile zu erreichen, ist sehr überschaubar: „Etwa fünf Minuten dauert das Auswuchten eines Scheibensatzes mit der Wuchtmaschine Tool Dynamic von Haimer“, erläutert er. Hier profitiert er von der anwenderfreundlichen Haimer-Wuchttechnologie. Die Maschine misst die Fliehkräfte, die bei der Rotation der ungewuchteten Einheit von Werkzeug und Werkzeugaufnahme entstehen. Daraus errechnet eine Software, an welcher Stelle und wie viel Wuchtgewicht zur Korrektur nötig ist.
Die Wuchtmaschine Tool Dynamic 2009 Comfort des Igenhausener Unternehmens Haimer ist eine Anlage mit Tastatur, Maus und TFT-Bildschirm, auf dem alle Schritte und Daten übersichtlich angezeigt werden. Ein wesentlicher Bestandteil – der übrigens für alle Wuchtmaschinen dieses Typs gilt – ist das patentierte Adaptersystem. Haimer hat hier sein Know-how als Hersteller von Spannwerkzeugen genutzt und eine große Schwäche anderer Wuchtmaschinen vermieden. Um genaue, reproduzierbare Ergebnisse zu bekommen, müssen die zu wuchtenden Werkzeugaufnahmen wie in einer Frässpindel gespannt werden.
Entscheidend ist hier die Wiederholgenauigkeit, auch wenn der Steilkegel oder der HSK schon etwas abgenutzt sind. So hat Haimer ein Adaptersystem entwickelt, das sich mühelos in der Wuchtspindel wechseln lässt. Die Auswahl standardisierter Spannadapter ist groß. Fuchs beispielsweise nutzt einen HSK 50-Adapter für seine Saacke-Schleifmaschinen. Bei Bedarf entwickeln die Igenhausener auch spezifische Adapter. Für Maschinen anderer Hersteller hat Fuchs entsprechende Sonderadapter bei Haimer bestellt.
Der Bediener setzt die Werkzeugaufnahme in die Maschine und wählt im Menü die passenden Vorgaben aus. Danach führt das Programm den Anwender Schritt für Schritt durch den Wuchtvorgang. Eine Lasermarkierung zeigt am zu wuchtenden Werkzeug an, wo Gewichtskorrekturen nötig sind.
Statt an den definierten Stellen kleine Wuchtschrauben einzudrehen oder Mate- rial wegzubohren, bevorzugt Fuchs die Arbeit mit den Wuchtringen von Haimer. Diese Ringe besitzen eine definierte Unwucht. Zwei von ihnen werden übereinander auf die Schleifscheibendorne geschoben. Nach dem Wuchtvorgang zeigt die Wuchtmaschine exakt an, wie diese beiden Ringe gegeneinander verdreht werden müssen, um die Unwucht zu beseitigen.
Ein großer Vorteil des Verfahrens ist, dass unmittelbar nacheinander Scheibensätze mit unterschiedlichem Gewicht gewuchtet werden können. Das ist bei so manchen konkurrierenden Verfahren anders. Dort wird beispielsweise gemessen, wie weit die Achse von der Unwucht ausgelenkt wird. Damit ist diese Technologie masseabhängig, und die Anlage muss für jedes veränderte Werkzeuggewicht neu kalibriert werden, wie der Wucht-Experte Franz Ziegltrum von Haimer erläutert. Bei der Haimer-Technik ist ein Kalibrieren hingegen nur ein einziges Mal bei der Inbetriebnahme erforderlich.
Dass Fuchs und seine Mitarbeiter beim Wuchten selbst Hand anlegen müssen, steht für den Produktionsleiter außer Zweifel. Selbst wenn ihm sein Schleifscheibenlieferant perfekt gewuchtete Scheiben liefern würde, wäre die gewünschte Präzision nicht zu erreichen. Denn nur das gemeinsame Wuchten von Aufnahme und Schleifscheibe garantiert die extrem hohe Laufgenauigkeit.
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