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„Wenn es um Produktivität geht, sind wir besonders stark“

Hans-Jürgen Büchner, Geschäftsführer, und Günter Szerencses, Verkaufsleiter Deutschland, Iscar Germany
„Wenn es um Produktivität geht, sind wir besonders stark“

Der Stech- und Drehspezialist Iscar hat in den letzten Jahren sein Produktportfolio konsequent auch in Richtung Bohren und Fräsen ausgeweitet. Die mav sprach mit Hans-Jürgen Büchner, dem Geschäftsführer, und Günter Szerencses, dem Verkaufsleiter Deutschland über die Werkzeugentwicklungen und die Zukunftstrends bei der Iscar Germany GmbH. Das Interview führte: Frederick Rindle

mav: Im letzten Jahr haben Sie hier am Standort in Ettlingen ein Grundstück in direkter Nachbarschaft erworben. Steht die Erweiterung des Produktionsstandortes direkt vor der Tür?

Büchner: Wir fertigen hier am Standort ausschließlich Sonderwerkzeuge und sehen, dass deren Bedarf stetig wächst. Von daher konnten wir in den letzten Jahren unseren Umsatz in Ettlingen auch kontinuierlich steigern. Fakt ist, dass wir hier keine Fläche mehr zur Verfügung hatten. Weder für zusätzliche Mitarbeiter noch für Maschinen. Allerdings sind wir ein Teil der international agierenden IMC-Group und in deren Wirkungskreis sind momentan noch nicht alle Fertigungskapazitäten voll ausgeschöpft. Aber da wir mit unserer Fertigung in Ettlingen, gelegen in einem der wichtigsten Märkte der Welt, besonders flexibel auf die Wünsche unserer Kunden reagieren können, wird eine Erweiterung in naher Zukunft stattfinden.
Warum steigt der Bedarf an Sonderwerkzeugen in den letzten Jahren so stetig?
Szerencses: Das hängt damit zusammen, dass die Bauteile immer komplexer und die Toleranzen immer enger werden. Von daher haben gerade die großen Hersteller einen steigenden Bedarf an innovativen Werkzeuglösungen. Gerade für diese Kunden fertigen wir direkt in Ettlingen die Prototypen der neuen Werkzeuge. Mit den kleinen Losgrößen können wir sehr flexibel fertigen. So können wir zum Beispiel eine beschichtete Wendeschneidplatte bereits nach einer Woche ausliefern. Unbeschichtete Schneidplatten sind sogar nach nur zwei Tagen auf dem Weg zum Kunden. Aber meistens fertigen wir pro Auftrag zwei bis drei Trägerwerkzeuge mit 20 bis 30 Wendeschneidplatten und fahren damit entweder hier oder beim Kunden die ersten Versuche. Nach dem erfolgreichen Test werden die dann folgenden größeren Stückzahlen des Werkzeugs, mit vielleicht 20-50 Trägerwerkzeugen und 1000 Schneideinsätzen, in einem unserer Produktionsstandorte oder im Stammhaus in Israel gefertigt.
Welche Bedeutung nimmt dabei das Bohren und Fräsen ein?
Büchner: Der Umsatz mit den Bohr- und Fräswerkzeugen wächst bei uns am schnellsten. Wir haben in diesen beiden Bereichen in den letzten Jahren zweistellig zugelegt und machen mit diesen Werkzeugen schon heute 43 Prozent des Umsatzes.
Womit punkten Sie in diesen Segmenten besonders?
Szerencses: Wir haben auf das Bohren und Fräsen in den letzten Jahren einen besonderen Fokus gelegt und auch unsere Vertriebsmitarbeiter daraufhin besonders geschult. Des Weiteren hat aber auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilung in unserem Stammhaus die konkreten Bedürfnisse unserer Kunden aufgenommen und daraus ein rundes Angebotsprogramm geschnürt. So konnten wir uns, mit den Neuheiten der letzten fünf Jahre, in der breiten Masse einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. Wir sind heute in jeder Branche mit unseren Bohr- und Fräswerkzeugen vertreten. Eines unserer Zugpferde aus dem Fräsprogramm, wenn es um hohe Zerspanungsraten geht, ist das Tangentialfrässystem Heli Tang T490. Im Allroundbereich sind wir mit dem HM390-Fräser sehr gut vertreten.
Welche Entwicklungen gab es bei Ihrem Hauptanwendungsfeld, dem Stechen?
Büchner: Das Drehen und Stechen macht immer noch den dominanten Anteil unseres Umsatzes aus. Aber wie schon erwähnt, nimmt das Fräsen und Bohren zu, während das Stechen abnimmt. Wesentlich ist das darauf zurückzuführen, dass unsere Mitbewerber, ebenso wie wir, ihre Nische verlassen haben und so auch in unser Kerngeschäft eingedrungen sind. Wir haben hier aber technologisch die Nase vorn und können unseren Kunden das wohl vollständigste Portfolio anbieten. Während sich die meisten Mitbewerber auf zwei, drei Abmessungen beschränken.
Szerencses: Die Ursache, dass wir umsatztechnisch beim Drehen und Stechen eher seitwärts gehen, liegt darin, dass wir die Schnittstelle zur Maschine komplett neu konzipiert haben. Dies hatte zur Folge, dass die Standzeiten unserer Werkzeuge um das drei- bis vierfache gesteigert wurden. Von daher verkaufen wir Stand heute bei den Bestandskunden natürlich erstmal weniger Schneiden. Aber wir sind der Meinung, dass wir nur wettbewerbsfähig sind, wenn wir unseren Kunden stets das beste Produkt anbieten können. So sorgen wir immer dafür, dass das Nonplusultra auf der Maschine ist. Und am Markt wurden die neuen maschinenspezifischen Anbindungen mit zielgerichteter Kühlmittelzuführung sehr gut angenommen.
Im Zuge von Industrie 4.0 bieten die Hersteller auch immer mehr Digitale-Produkte mit an. Wie weit sind die Bemühungen von Iscar bei der Digitalisierung?
Büchner: Alle Technologien, die sich heute unter dem Begriff Industrie 4.0 versammeln, haben logischerweise schon viel ältere Wurzeln als der Begriff an sich. So ist es auch bei Iscar, es ist von daher schwer zu sagen, dies oder jenes ist ein explizites Industrie-4.0-Produkt. Was die Digitalisierung und damit einhergehende effektivere Aufstellung der Produktion angeht, ist Iscar mit der Umsetzung schon sehr weit. Denn seit beinahe 15 Jahren werden am Stammhaus in Tefen alle produktionsrelevanten Daten gesammelt und ausgewertet. Herausgekommen ist dabei eine hochproduktive Fertigung, die relativ Mann arm funktioniert. Wir haben unsere Kunden bei den Überlegungen zu den Themen rund um die Digitalisierung schon immer mit eingebunden.
Szerencses: Auch auf der Produktseite arbeiten wir bei der Digitalisierung eng mit unseren Kunden zusammen. So nutzen wir die Digitaltechnik zum Entwickeln von kundenspezifischen Lösungen sowohl bei der Produktentwicklung als auch bei der Simulation von Prozessen welche wir dann vor der Produktion mit dem Kunden abstimmen. Des weiteren haben wir mit dem Werkzeugverwaltungssystem Matrix ein Produkt entwickelt, mit dem der Kunde seinen kompletten Werkzeugbestand digital verwalten kann. Mit den damit gewonnen Daten ist der Kunde dann in der Lage, seine Prozesse zu überwachen und zu verbessern. Wir können ihn dabei sogar unterstützen, allerdings nur, wenn er uns seine Daten zur Verfügung stellt. Die größte Herausforderung hierbei ist die Aufbereitung der Daten und die Vernetzung der Schnittstellen, dieses Thema wird uns noch einige Zeit beschäftigen.
Was sind dann für Iscar Themen, mit denen man sich in Zukunft noch gesondert beschäftigen muss?
Büchner: Wir haben von der Produktseite momentan alle Werkzeuge, die der Markt benötigt. Bei den neuen Technologien sind wir genauso gut vorbereitet wie alle anderen auch. So haben wir etwa aufgrund der neuen Möglichkeiten bei der additiven Fertigung unsere gesamten Herstellungsprozesse neu überdacht. So wie das viele kleinere Mitbewerber auch machen, die aber nicht die Produktionsfläche oder Vertriebswege haben. So dass man sich auf diesem Gebiet auch Kooperationen gut vorstellen könnte.
Richtig spannend wird es aber, wenn wir uns über die Vertriebswege Gedanken machen. Denn die Frage ist und bleibt auch in Zukunft, wie bringe ich unseren Kunden und denen die es noch nicht sind, die Vorteile unserer Produkte näher. Iscar ist ein Vollsortimenter und hat heute schon über 40 000 Produkte im Angebot. Als derjenige der alles anbieten möchte, muss man darüber nachdenken, was der Kunde zusätzlich zu den eigenen Produkten, sonst noch benötigt und wie man ihm dies anbieten kann.
Im Jahr 2015 haben Sie mit Iscar Germany ein Wachstum von rund vier Prozent hinbekommen. Wie lief das erste halbe Jahr 2016?
Büchner: Mit dem bislang erzielten Umsatz sind wir sehr zufrieden. Wir peilen von daher ähnlich wie zum letzten Jahr ein Wachstum von rund drei bis vier Prozent an. Wobei wir für das zweite Halbjahr 2016 sehr optimistisch sind. Dies, obwohl wir wissen, dass es beim Erstausrüstergeschäft Verschiebungen geben wird. Denn gerade bei Maschinenlieferungen nach China oder nach Russland sind die Geschäftsbeziehungen stark durch die Politik beeinflusst und da haben wir keine Einfluss Möglichkeiten mehr. In Deutschland setzt sich für uns ein sehr positiver Trend fort. Gerade die Automobil- und deren Zulieferindustrie entwickeln sich positiv für uns. Dort steigert sich unser Umsatz von Jahr zu Jahr. Im allgemeinen Maschinenbau sind wir vor allem in den Bereichen erfolgreich, in denen wir mit unseren Neu-Produkten Effizienzsteigerungen erzielen konnten. Wie mit unserem Bohrsystem Cham-IQ-Drill, mit dem wir im Bereich Hydraulik erfolgreich unterwegs sind. Generell liegen unsere Stärken dort wo Produktivität gefragt ist.
Welche Entwicklungen im Automotivebereich haben Sie besonders gefordert?
Szerencses: Wir haben es dort häufig mit neuen Materialien zu tun. Nehmen Sie zum Beispiel die modernen Dieselaggregate. Kamen dort früher Alu-Kolben zum Einsatz sind diese heute aus Stahl, zudem sind die Kolben heute sehr komplex in ihrer Bauart und müssen viel höherem Druck standhalten. Durch den Trend, immer mehr Turbolader einzusetzen, bekommen wir es auch immer öfters mit hochwarmfesten Materialien zu tun mit deren Eigenschaften wir aus anderen Branchen bestens vertraut sind. Hierfür benötigt man völlig neue, positive Geometrien. Grundsätzlich kann man sagen, dass uns die Entwicklungen sehr zu Gute kommen. Denn in den hochtechnologischen Anwendungen sind wir zu Hause.
Die AMB steht vor der Tür. Was erwarten Sie von der diesjährigen Leitmesse?
Büchner: Die AMB wird mit Sicherheit eine bis unter das Dach gefüllte Veranstaltung werden und es erwarten uns richtige Zuschauerströme. Dies auch, da die Messelandschaft dieses Jahr bislang etwas ausgetrocknet war. Für uns sind Messen generell eine sehr wichtige Plattform und gerade die AMB ist ein echtes Highlight. Denn nirgends anders kann ich in fünf Messetagen so viele gute Gespräche führen. ■
Iscar Germany GmbHwww.iscar.de
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