„Unser Gründer Karl Neugart begann Ende der zwanziger Jahre mit der Produktion von Verzahnungsbauteilen für mechanische Geräte und Büromaschinen“, erzählt Wangler. Heute entwickelt und produziert das Unternehmen mit weltweit 750 Mitarbeitern Planetengetriebe und kundenspezifische Sondergetriebe.
Die Verzahnungs-Einzelteile fertigt das Familienunternehmen ausschließlich am Hauptsitz im südbadischen Kippenheim. Mit der Expertise in der Fertigung der Planeten- und kundenspezifischen Getriebe in über 14 Millionen möglichen Produktkonfigurationen liefert Neugart pro Jahr rund 450 000 Getriebe unter anderem an die Automatisierungs-, Verpackungs-, Werkzeugmaschinen- und Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus entwickelte Neugart das weltweit erste Planetengetriebe im Hygienic Design für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie und Medizintechnik.
So funktioniert ein Planetengetriebe
Bei einem Umlaufrädergetriebe laufen mehrere, gleichmäßig auf den Umfang verteilte Stirnräder zwischen einem innenverzahnten und einem außenverzahnten Zahnrad auf einer konzentrischen Kreisbahn. Das Umlaufen der Stirnräder erfolgt in Analogie zur Laufbahn von Planeten im Sonnensystem. Daher werden Umlaufrädergetriebe auch als Planetenradgetriebe oder Planetengetriebe bezeichnet. Das Gehäuse mit integrierter Innenverzahnung wird als Hohlrad bezeichnet.
In den meisten Fällen ist das Gehäuse feststehend. Das antreibende Sonnenritzel befindet sich im Zentrum des Hohlrades und ist koaxial zum Abtrieb angeordnet. Gewöhnlich ist es mit einem Spannsystem verbunden, um die mechanische Verbindung zur Motorwelle zu ermöglichen. Im Betrieb wälzen die auf einem Planetenträger gelagerten Planetenräder zwischen dem Sonnenritzel und dem Hohlrad. Der Planetenträger bildet gleichzeitig die Abtriebswelle des Getriebes. Die Planetenräder haben lediglich die Funktion, das erforderliche Drehmoment zu übertragen. Ihre Zähnezahl hat keinen Einfluss auf die Übersetzung des Getriebes.
Wälzschälen von Innenverzahnungen
Für die Fertigung der Innenverzahnungen von Hohlrädern setzt das Unternehmen auf den Prozess Wälzschälen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um die Produktion von Präzisionsgetrieben geht. „Beim Wälzschälen setzen wir ausschließlich auf Werkzeuge von Horn. Die Leistung und die Präzision haben uns überzeugt“, sagt Wangler. Neugart setzt das Wälzschälen im Modulbereich von 0,5 bis 2 ein. „Wir arbeiten schon länger mit Neugart zusammen. Die intensive Kooperation beim Wälzschälen begann vor rund vier Jahren“, erzählt der Horn-Außendienstmitarbeiter Karl Schonhardt.
Über 40 verschiedene Wälzschälräder sind bei Neugart mittlerweile in der Serienproduktion im Einsatz. Für die Entwicklung neuer Werkzeuge stehen die Konstruktionsabteilungen beider Unternehmen in engem Kontakt. Die Werkzeugtests und die Ermittlungen der passenden Schnittdaten für den Wälzschälprozess von neuen Typen geschieht meist im Vorführ- und Versuchszentrum bei Horn.
„Somit kann das neue Werkzeug beim Kunden sofort eingesetzt werden“, so Schonhardt. Neugart wiederum bietet Horn die Möglichkeit, Feldversuche mit neu entwickelten Werkzeugsystemen durchzuführen. „Wir sehen die enge Zusammenarbeit beim Prozess Wälzschälen als sehr wichtig an. Um das optimale Zerspanungsergebnis zu erhalten, sollte die Zusammenarbeit wie unsere Getriebe präzise aufeinander abgestimmt laufen, – und das tut sie“, so Wangler.
Dreh-Fräs-Zentrum mit Wälzschälprozessen
Für das Wälzschälen der Hohlräder setzt man bei Neugart auf eine Maschine von DMG Mori. „Mit der CTX beta 1250 TC haben wir eine flexible Maschine mit bedienerfreundlichen Zyklen, auf der die Wälzschälprozesse sicher laufen“, erklärt Wangler.
Vor der Einführung des Wälzschälprozesses setzte man bei Neugart auf das Verzahnungsstoßen und -räumen. Die Umstellung auf das Wälzschälen brachte viele Vorteile. So konnten Zeiteinsparungen erreicht und eine höhere Präzision sowie bessere Güteklassen der Verzahnungen garantiert werden. Die höhere Präzision spielte insbesondere bei der Fertigung der Bauteile für die Präzisionsgetriebe eine große Rolle.
Das Werkzeugsystem umfasst Werkzeuge zum hochproduktiven Herstellen von Innenverzahnungen, Passverzahnungen und anderen Innenprofilen sowie von Außenverzahnungen mit Störkanten.
Die wichtigsten Vorteile des Wälzschälens bei diesen Anwendungen sind die deutlich kürzeren Prozesszeiten im Vergleich zum Verzahnungsstoßen, der Einsatz auf optimierten Dreh-Fräs-Zentren, das Drehen und Verzahnen in einer Aufspannung und der Verzicht auf Freistiche am Verzahnungsende. Darüber hinaus überzeugt die gegenüber dem Wälzstoßen und Räumen meist produktivere und kostengünstigere Herstellung und die im Vergleich zum Nutstoßen vier- bis fünffach kürzere Zykluszeit. Dies zeigt sich auch in der Möglichkeit zur Hartbearbeitung von Verzahnungen ins Volle. Die Wälzschälwerkzeuge sind zum Verzahnen mittlerer bis großer Lose konzipiert. Dabei ist jedes Werkzeug individuell an den Einsatz und den zu bearbeitenden Werkstoff angepasst, wobei sich die unterschiedlichen Werkzeugschnittstellen an der Zähnezahl und Modulgröße orientieren.
Große Module sind beim Wälzschälen möglich
Speziell bei Innenverzahnungen zeigt Horn beispielsweise bei größeren Modulen den Vorteil einer kurzen Prozesszeit. Für das Wälzschälen größerer Module sind große und steife Fräs-/Drehzentren erforderlich, welche die entsprechende Synchronisation zwischen Werkstück- und Werkzeugspindel ermöglichen. Je größer das Modul, umso kritischer ist das Thema Maschine in Bezug auf die Steifigkeit.
Mit einer Schnittaufteilung auf die linken und rechten Flanken lässt sich dieses Thema werkzeugseitig entkräften. Nach den Erfahrungen mit kleinen Vollhartmetall-Wälzschälwerkzeugen nutzte Horn das gewonnene Know-how, um auch größere Module abzudecken. Jede Anwendung wird von den Technikern vor der Umsetzung auf ihre Machbarkeit hin geprüft, die Werkzeugauslegung sowie die Empfehlungen für den Prozess werden mit dem Anwender besprochen.
Vollhartmetall oder Wechselkopf
Das System umfasst Werkzeuge in zylindrischer oder konischer Form für Module von 0,5 bis 2. Die Vollhartmetall-Monoblock-Variante ist mit einem Durchmesser von bis zu 20 mm und in schlanker Bauform lieferbar. Sie kommt bei kleinen Modulen und kleinen Bauteilen vorzugsweise dann zum Einsatz, wenn wegen der Kollisionsgefahr ein schlanker Schaft benötigt wird. Die auf den Anwendungsfall abgestimmten Schneidstoffe und Beschichtungen erzeugen hohe Oberflächenqualitäten am Werkstück.
Bei Werkzeugdurchmessern über 20 mm werden Wälzschälwerkzeuge mit Wechselkopfsystem eingesetzt. Die präzise Schnittstelle erlaubt ohne Ausbau des Halters das einfache Wechseln des Schneidkopfes in der Maschine. Der Halter aus Hartmetall sichert eine hohe Steifigkeit, Verschleißfestigkeit und Präzision. Bei den größeren Modulen setzt Horn auf den Einsatz eines Werkzeugträgers, bestückt mit Wendeschneidplatten.
Speziell beim Werkzeugtyp WSR bietet Horn die Möglichkeit, die innere Kühlmittelzufuhr vor oder hinter die Schneide zu legen. Damit können je nach Anwendungsfall Sackloch-, Durchgangs- oder Stufenbohrungen mit der passenden Kühlung bearbeitet werden.
Nicht nur Wälzschälen
Bei Neugart setzt man seit rund vier Jahren auf die Wälzschäl-Lösungen von Horn. Die Zusammenarbeit besteht jedoch schon viel länger. So kommen auch andere Werkzeugsysteme zum Abstechen oder zum Einstechen mit Formplatten sowie weitere Werkzeuge zum Einsatz. „Wir sind mit der Leistung und Zuverlässigkeit der Horn-Werkzeuge sehr zufrieden. Lobenswert sind außerdem die schnellen Lieferzeiten. Dadurch können wir bei eiligen Kundenanfragen schnell reagieren“, sagt Wangler.
Hartmetall-Werkzeugfabrik
Paul Horn GmbH
www.phorn.de
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