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Interview Markus Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH

Interview Markus Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH
„Unser Krisenmanagement hat auch wirtschaftlich funktioniert“

Die Geschäftsjahre 2020/21 waren für alle Präzisionswerkzeughersteller ganz besonders herausfordernd. Die mav hat mit Markus Horn, dem Geschäftsführer der Paul Horn GmbH aus Tübingen, darüber gesprochen, wie sich die Krise auf das Unternehmen ausgewirkt hat. Das Interview führte: Frederick Rindle

mav: Wie haben sich die Geschäftszahlen während der Krise bei der Paul Horn GmbH entwickelt?

Horn: Das Jahr 2020 war zu Beginn erfolgreich, bis uns im März die Corona-Krise dann voll getroffen hat. Dadurch hat sich der Auftragseingang in den Monaten März und April beinahe halbiert. Die Werksschließungen bei den Automobilherstellern haben wir so deutlich zu spüren bekommen. Bis in den Mai hinein hat sich die Situation leider nicht signifikant verbessert. In den Sommermonaten haben sich die Zahlen im Auftragseingang glücklicherweise wieder etwas erholt. Im September 2020 konnten wir sogar die besten Zahlen im Auftragseingang für einen September in der Firmengeschichte verbuchen. Schlussendlich haben wir das Jahr 2020 etwas besser als der Branchendurchschnitt abschließen können. In Summe hat uns dieser kleine Erfolg das sichere Gefühl gegeben, dass unser Krisenmanagement erfolgreich war.

mav: Wie hat die Geschäftsleitung auf die Krise reagiert?

Horn: Das wichtigste Ziel für uns war und ist, die Gesundheit unserer Mitarbeiter bestmöglich zu schützen. Dafür haben wir mit einer sich – in den ersten Monaten – täglich treffenden Corona-Taskforce die Möglichkeiten, wie wir das bewerkstelligen können, ausgelotet und umgesetzt. Das zweitwichtigste Ziel war, dass wir für unsere Kunden weiterhin mit der gewohnten Qualität erreichbar sein wollten. Ebenso haben wir dafür gesorgt, dass sich die Verfügbarkeit unserer Werkzeuge nicht verringert hat. Von daher haben wir uns auch lange gesträubt, unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Generell sind unsere Mitarbeiter für uns in der Erfolgsgeschichte der Firma Paul Horn der wichtigste Baustein. Deshalb haben wir sichergestellt, dass alle Mitarbeiter in der Krise über das Kurzarbeiterentgelt hinaus auch finanziell weiter gut versorgt sind. Die Zielrichtung war von Anfang an: Nach der Krise wollen wir mit der gesamten Mannschaft und deren riesigem Knowhow wieder für unsere Kunden parat stehen.

mav: Inwieweit hat sich die Erholung für Horn 2021 fortgesetzt?

Horn: Seit Beginn des Jahres haben wir beim Umsatz und beim Auftragseingang Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich verbuchen können. Das Problem bei allem Optimismus ist: Wenn die Umsätze im Vorjahr um 30 Prozent zurückgegangen sind und dann im Folgejahr wieder um 30 Prozent steigen, dann ist man mathematisch immer noch nicht zurück bei 100 Prozent. Wir haben daher das 4. Quartal 2019 als Referenzwert angesetzt. Stand heute konnten wir diese Zahlen noch nicht wieder erreichen, sind aber auf dem besten Weg dorthin.

mav: Wie haben sich für Horn die Märkte in den unterschiedlichen Ländern entwickelt?

Horn: Die Märkte haben sich völlig unterschiedlich entwickelt. Wobei für uns, wie für viele andere auch, die Entwicklung in China absolut positiv war. Die Wirtschaftsleistung in China ist entgegen allen anderen Wirtschaftsregionen im letzten Jahr sogar um 10 Prozent gewachsen. Davon haben wir in Europa und somit auch in Deutschlang ebenfalls profitieren können. Die Märkte in Europa, den USA und Japan liegen momentan noch hinter dem Indexwert aus dem 4. Quartal 2019 zurück. Im 1. Quartal 2021 konnten wir insgesamt aber eine leichte Besserung feststellen. Das 2. Quartal 2021 hat nochmal deutlich zugelegt.

Neben der Corona-Krise wird die Wirtschaftsleistung in allen Regionen zudem immer wieder durch die Lieferengpässe torpediert. Das gravierendste Problem ist dabei sicherlich der Chipmangel in der Automobilindustrie. Durch die Drosselung der Produktion bei den Pkws sind auch unsere Verkaufszahlen nach unten gegangen. Absolut positiv für uns sind hingegen die guten Verkaufszahlen bei den Werkzeugmaschinenherstellern.

Damit die Wirtschaft sich weltweit wieder vollständig erholen kann, müssten die Lieferketten wieder problemlos funktionieren und die Reisebeschränkungen aufgehoben werden.

mav: Was haben Sie aus der Corona-Krise gelernt?

Horn: Es gilt auch hier der Grundsatz: Man lernt aus jeder Krise etwas. Aus der Finanzkrise 2009 haben wir gelernt, dass man, sobald die Konjunktur wieder anzieht, sofort vollumfänglich lieferfähig sein muss. Kapazitätsreserven in der Produktion sind dabei sehr hilfreich. Zudem müssen die Lager nach der Krise sowohl mit fertigen Werkzeugen als auch mit Rohstoffen gut gefüllt sein. Wie schon beschrieben, sind aber die Mitarbeiter das Allerwichtigste. Von daher muss man besonders in der Krise darauf achten, kein Knowhow-starkes Stammpersonal zu verlieren.

Neu hinzugekommen ist in dieser Krise auch eine neue Gewichtung beim Thema Digitalisierung, zwar nicht in unseren Kernbereichen wie Produktion, Forschung und Entwicklung oder in der Verwaltung, dort sind wir traditionell sehr stark. Aber immer da, wo die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern neu organisiert werden musste. Auch im Bereich der Mitarbeiter- und Kundenschulungen haben wir viele digitale Angebote aufgebaut und erfolgreich umgesetzt.

In der Corona-Krise haben wir aber vor allem Geduld gelernt. Es kann alles eben auch viel länger dauern. Der viel beschworene V-förmige Verlauf bei den Wirtschaftszahlen hat leider nicht stattgefunden. Aber wir arbeiten uns langsam wieder nach oben und das braucht seine Zeit. Wichtig war und ist für uns, immer reaktionsfähig zu sein. Selbst in der Kurzarbeit haben unsere Kunden uns immer erreicht und wir waren durchgehend lieferfähig.

mav: Haben sie dadurch auch neue Kunden dazugewonnen?

Horn: Ja, haben wir. Gerade in der Krise war jeder Auftrag für unsere Kunden Gold wert. Von daher wollten vor allem die kleineren Unternehmen diese auch sehr schnell abarbeiten. Das bedeutet für uns als Werkzeuglieferant: Ich muss auch schnell liefern können. Dafür haben wir mit unseren Greenline-Verfahren auch das richtige Angebot – und das natürlich nicht nur in Krisenzeiten. Per Greenline- kann der Kunde sein bestelltes Sonderwerkzeug bereits fünf Tage nach der Zeichnungsfreigabe in seiner Fertigung einsetzen. Zufriedene Kunden bestellen mit großer Wahrscheinlichkeit auch beim nächsten Mal wieder.

mav: Wie haben sich die einzelnen Branchen aus ihrer Sicht entwickelt?

Horn: Spannend war sicherlich die Entwicklung in der Medizintechnik. Hier hat es eine ziemlich große Verlagerung bei der Nachfrage gegeben. Für uns interessant war dabei die stark gestiegene Nachfrage nach Werkzeugen für die Produktion von Kompressoren etwa für Beatmungsgeräte. Hier waren wir froh, dass wir schnell helfen konnten. Im Gegensatz dazu ist aber die Nachfrage nach Werkzeugen für die Herstellung von Knochenschrauben oder Implantaten aus Titan zwischenzeitlich spürbar zurückgegangen.

Am deutlichsten war für uns und alle anderen sicherlich der Rückgang in der Luftfahrtbranche. Auf der World Cutting Tools Conference der European Cutting Tools Association (ECTA) im Jahr 2019 sprachen viele Experten noch von der stabilen und hohen Nachfrage aus der Luftfahrtbranche. Wenige Monate später mussten beinahe alle Flugzeuge am Boden bleiben und die Nachfrage ist beinahe über Nacht weggebrochen. Wir merken allerdings auch bereits wieder eine leichte Erholung.

Die Automotivebranche hat sich größtenteils schon wieder erholt. Hier bewegen sich unsere Umsätze weitestgehend wieder auf dem Niveau von 2019.

mav: Für Horn ist auch der Werkzeug- und Formenbau eine ganz wichtige Branche. Ihr Vater Lothar Horn hat unlängst für sein Engagement in diesem Bereich die Ehrenmedaille des Werkzeug- und Formenbau verliehen bekommen. Was macht ihre Werkzeuge für diese Branche so interessant?

Horn: Für meinen Vater war die Auszeichnung eine sehr gelungene Überraschung, die er gerne angenommen hat. Auch in Zukunft wird er sich weiter persönlich einbringen, um die Branche weiter voranzubringen. Der Werkzeug- und Formenbau ist eines der Steckenpferde meines Vaters. Von daher verwundert es nicht, dass unsere Werkzeuge so gut zu den Anforderungen dieser Branche passen.

Die Werkzeug- und Formenbauer sind absolute Spezialisten und haben bei den eingesetzten Werkzeugen hohe Anforderungen an Präzision und Leistungsfähigkeit. Zudem müssen sich die Werkzeug- und Formenbauer immer mehr dem wachsenden Konkurrenzdruck aus dem Ausland stellen. Mit unseren Werkzeugen, Technologien und Prozessen unterstützen wir sie dabei, immer effizienter zu werden. Unser Werkzeugportfolio umfasst aktuell über 27.000 Standardprodukte. Damit können wir auch beim Thema Lieferfähigkeit punkten. Darüber hinaus ist die Beratung ein ganz wichtiger Faktor. Dafür haben wir eine große Mannschaft an Anwendungstechnikern die beim Kunden vor Ort die Prozesse anschaut und gegebenenfalls mit dem Kunden zusammen optimiert. Wir unterstützen die Werkzeug- und Formenbauer so immer wieder mit unserem Zerspanungs-Knowhow.

mav: Sie haben hier im Haus auch einen eigenen Werkzeug- und Formenbau. Wie profitieren sie von diesem Knowhow?

Horn: Es ist natürlich ein großer Vorteil, dass wir unsere eigenen Zerspanungswerkzeuge auch unter realen Bedingungen tagtäglich einsetzen und testen können. Daraus entstehen immer wieder Verbesserungen. Wir produzieren in unserem Werkzeugbau unsere eigenen Werkzeuge und Matrizen für unsere Pressen für die Rohlingsherstellung unserer Schneidplatten. Von daher haben wir ein sehr hohes Interesse daran, dass wir hier technologisch die besten Prozesse und Werkzeuge haben und einsetzen; sowohl in der Zerspanung wie auch in der Formgebung.

Horn bietet Vollhartmetall-Schaftfräser DS mit neuer Hochleistungsgeometrie

mav: Mit der EMO steht die internationale Leitmesse vor der Tür. Welche Neuheiten wird Horn dort präsentieren?

Horn: Die EMO in Mailand wird endlich wieder eine Veranstaltung sein, bei der man sich persönlich treffen kann. Wir freuen uns schon darauf, die so wichtigen Gespräche mit den Fachbesuchern von Angesicht zu Angesicht führen zu können. Aber auch der Fachbesucher, der die Werkzeuge in die Hand nehmen und sein Problem direkt mit dem Spezialisten diskutieren möchte, wird auf der EMO genau das Richtige finden. Auf einer Messe bekommt man Informationen und Kontakte in einer unglaublichen Fülle präsentiert.

Auf der EMO, wie immer in Mailand, präsentieren wir unsere Neuheiten und Produkte mit unserem Kooperationspartner Febametal auf einem Gemeinschaftsstand. Damit wir unsere Werkzeuge auch live unter Span vorführen können, stellen wir ein DMG-Bearbeitungszentrum auf. Als Werkzeug-Highlight präsentieren wir unter anderem unsere Vollhartmetall-Schaftfräser DS mit neuer Hochleistungsgeometrie zum HPC-Fräsen von hochfesten Stählen mit hohen Zeitspanvolumen. Die Fräser spielen insbesondere bei dynamischen Schruppbearbeitungen sowie bei klassischen Schruppzyklen ihre Stärken aus. Aber auch beim Schlichten kann das System durch die hohe Laufruhe punkten.

Hartmetall-Werkzeugfabrik
Paul Horn GmbH
www.phorn.de
EMO Halle 4 Stand D15

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