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26 000 kW-starke Motoren präzise und schnell fräsen

Große Kurbelgehäuse mittels Hochvorschubfräsen effizient bearbeiten
26 000 kW-starke Motoren präzise und schnell fräsen

Die Machining Technologies GmbH & Co. KG, entstanden aus der früheren SHW Casting Technologies, fräst Großkurbelgehäuse bis 85 t für Schiffe und Kraftwerke. Um die Bearbeitungszeiten möglichst gering zu halten, setzt das Unternehmen bei den Großgussteilen auf Werkzeuge und Beschichtungen von ZCC Cutting Tools Europe. Autor: Yannick Schwab

In Königsbronn, wo vor über 650 Jahren die Schwäbischen Hüttenwerke, kurz SHW, gegründet wurden, steht heute die Machining Technologies GmbH & Co. KG. Das Unternehmen, welches während der Insolvenz aus der SHW ausgegliedert wurde, ist Spezialist für die Schwerzerspanung von Großmotoren und bearbeitet Kurbelgehäuse bis 85 t und 12 m Länge. In der Vergangenheit waren die Königsbronner stark abhängig von einer bestimmten Gießerei, das ändert sich in der Zukunft. „Wir durften uns keinen Fremdguss ins Haus holen und konnten nur bearbeiten, was die SHW gegossen hat“, erzählt Laslo Berta, Werkleiter der Machining Technologies GmbH & Co. KG. Mit der Trennung von der SHW können in Königsbronn auch Aufträge von anderen Großmotorenherstellern angenommen werden.

Pro Monat bearbeitet das Unternehmen mit 13 Mitarbeitern im Drei-Schicht-Betrieb vier der gigantischen Großmotoren für die Schifffahrt und Energieerzeugung. Ein Motorblock hat dabei eine Bearbeitungszeit von rund 100 Stunden – bei den „größeren“ Exemplaren sind es sogar 180 Stunden. Die fertigen Motoren haben einen Kolbendurchmesser von maximal 570 mm und erzeugen eine Leistung von bis zu 26 000 kW. „Wir bohren dabei Gewinde bis M90“, betont Berta.

Ob die Motorenblöcke bei Machining Technologies lediglich gefräst oder auch teils montiert werden, hängt vom jeweiligen Auftrag ab. Auch die Druckprüfung findet zum Teil in Königsbronn statt. Dabei werden die Zylinderköpfe und andere Vorrichtungen am Motorblock angebracht. Anschließend wird der Block getestet, um den Nachweis einer ausreichenden Festigkeit und Dichtheit zu erbringen. Die Zylinderlaufflächen werden ausgespindelt und erhalten Laufbuchsen aus Weißblech. Dabei dienen die Buchsen einem ganz bestimmten Zweck: „Die Motoren können zur Wartung nicht aus dem Schiff ausgebaut werden. Das wäre viel zu aufwendig“, so Berta und führt weiter aus: „Oft wird das Schiff um den Motorblock herumgebaut.“ Deshalb werden die Motoren vor Ort gewartet. Die Buchsen werden dabei herausgetrennt und gegebenenfalls neu eingesetzt, falls sie verschlissen sein sollten.

Neues Werkzeug, überarbeitete Strategie

Um die Bearbeitungszeit der riesigen Bauteile zu senken, suchte man auch den Kontakt zur ZCC Cutting Tools Europe GmbH (ZCC-CT) und deren Anwendungstechniker Uwe Demuth. Denn ihre Werkzeuge waren dem Unternehmen bereits bekannt. Inzwischen läuft die Zusammenarbeit seit anderthalb Jahren. Eine wichtige Aufgabe war es, die Strategie des Königsbronner Unternehmens anzupassen und so die Lauf- und Standzeit zu optimieren. „Meist ist es nicht nur ein neues Werkzeug, sondern die Einführung einer völlig neuen Bearbeitungsstrategie“, erläutert Demuth. Dazu muss der gesamte Prozess betrachtet und gegebenenfalls angepasst werden.

Bei der Bearbeitung des in Königsbronn verwendeten Gusswerkstoffs GGG-40 (EN-GJS-400–15) kann die Beschichtung YBD252 von ZCC-CT ihre Stärken, speziell im Schruppbereich, ausspielen. Darunter fallen eine hohe Bruchzähigkeit, thermische Resistenz und Verschleißfestigkeit. Das hat das Gusssubstrat laut Demuth auch schon bei zahlreichen anderen Kunden gezeigt. Das Ergebnis sind längere Standzeiten und eine schnellere Bearbeitung. Speziell mit dem hier eingesetzten Hochvorschubfräser XMR01 mit 160 mm Durchmesser – vc = 300 m/min; fz = 1,4 mm/U; ap = 1,5 mm; Q = 2005,92 cm3/min – konnte die Bearbeitungszeit eines einzelnen Arbeitsschritts von sechs auf zwei Stunden reduziert werden. In diesem Schritt werden die vorgegossenen seitlichen Fenster im Motorblock, die als Servicebereich für die Kurbelgassen dienen, gefräst.

Der Hochvorschubfräser besitzt eine um 15° angestellte Wendeschneidplatte. Diese hat im Vergleich zu einer Rundplatte den Vorteil, dass beim Umfahren einer Schulter weniger Restmaterial stehen bleibt. In Verbindung mit der Hochvorschubgeometrie entsteht zudem kein großer radialer Druck auf das Werkstück. Die Kraft wird hauptsächlich axial verteilt, daraus folgt eine geringere Belastung für Maschine, Werkzeug und Werkstück. „Dadurch lässt sich das Zeitspanvolumen um bis zu 200 % erhöhen“, so Demuth.

Große Maschinen für große Bauteile

Die Kurbelgasse wird auf 11 500 mm Länge mit einer Genauigkeit von 3/100 mm gefertigt, die Wiederholgenauigkeit liegt sogar unter 1/100 mm. „Auch beim tausendsten Anfahren wird die Maschine immer noch denselben Punkt treffen“, so Berta. Die Bearbeitung der Kurbelgehäuse findet auf einer Waldrich Coburg PMC 4000 mit einer SK-50-Aufnahme statt. Der große Steilkegeldurchmesser ist laut Demuth bei diesen Dimensionen auch wichtig: „Bei einem 160er-Messerkopf sollte schon eine SK-50-Aufnahme vorhanden sein. SK 40 ist da ein wenig schwachbrüstig.“ Die Spindelleistung der Maschine beträgt immerhin 113 kW. Dabei wird beim Hochvorschubfräsen weniger Leistung benötigt, als bei der eigentlichen Schwerzerspanung. Das Zeitspanvolumen wird dadurch erreicht, dass die Maschine mit einem deutlich höheren Vorschub gefahren werden kann. Dass die großen Maschinen dabei an ihre Grenzen kommen können, liegt an der eher geringen Dynamik – eine wichtige Eigenschaft beim Hochvorschubfräsen.

Da sich die Kraft axial in der Spindel verteilt, kommt es nicht zum Aufschwingen. Dadurch sind Vibrationen quasi ausgeschlossen – selbst bei einer relativ langen Auskragung. „Das ist ein großes Plus, besonders wenn man Störkonturen im Bauteil hat, an denen man vorbei muss“, so Demuth.

Weitere Zusammenarbeit fest im Blick

Mit dem Service von ZCC-CT ist die Machining Technologies zufrieden, besonders die Lieferzeiten sind sehr kurz. „Wenn etwas passieren sollte und ein Fräser zu Bruch geht, dann ist schnell Ersatz da“, erklärt der Werksleiter. Während der anderthalbjährigen Zusammenarbeit der zwei Unternehmen sind nun bereits 30 % des Werkzeugbestands in Königsbronn von ZCC-CT.

Ein weiterer Anwendungsfall, bei dem sich Berta eine Zusammenarbeit sehr gut vorstellen kann, ist der Bereich Sonderwerkzeuge. Denn in dem neuen Test- und Demonstrationszentrum des Werkzeugbauers, das am 17. Mai in Düsseldorf eröffnet werden soll, ist für die Zukunft auch eine Sonderwerkzeugfertigung geplant. Ebenfalls in Düsseldorf kümmert sich ZCC-CT, in Zusammenarbeit mit zertifizierten Partnern, um den Nachschleifservice und die Werkzeugbeschichtungen. Die Wendeplatten und Grundkörper kommen dabei vom Mutterkonzern aus China.

Machining Technologies GmbH & Co. KG
www.shw-ct.de

ZCC Cutting Tools Europe GmbH
www.zccct-europe.com


Unternehmensstruktur bei ZCC-CT

Die ZCC Cutting Tools Europe GmbH wurde 2003 von der Zhuzhou Cemented Carbide Cutting Tools Co., Ltd. in Düsseldorf gegründet und betreut mit über 80 Mitarbeitern den europäischen Markt. Deren Portfolio beinhaltet Hartmetallwendeschneidplatten, Wendeschneidplatten aus Cermet, CBN, PKD und Keramik, Vollhartmetallwerkzeuge sowie Werkzeughalter und Fräskörper. Der Werkzeughersteller ist Teil der ZCC-Group aus China, welche wiederum zum chinesischen Mischkonzern Minmetals Group gehört. Dieser baut mit seinen rund 167 000 Mitarbeitern unter anderem die Hartmetallgrundbestandteile Wolfram und Kobalt ab.


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