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Mit Simulation zur individuellen Prothese

Medical Area auf der Metav 2016 zeigt Werkzeugvielfalt in der Medizintechnik
Mit Simulation zur individuellen Prothese

Die Personalisierung betrifft hautnah das Forschungslabor für Biomechanik und Implantattechnologie (Forbiomit) an der Universitätsmedizin Rostock. „Die Randbedingungen sind von Patient zu Patient extrem unterschiedlich“, erklärt Prof. Dr. med. habil. Dipl.-Ing. Rainer Bader, Leiter des Forschungslabors, mit Blick auf Implantate in der orthopädischen Chirurgie. „Vor der eigentlichen Anfertigung individueller Implantate sollten numerische Simulationen durchgeführt werden, um zu prüfen, wie belastbar das Implantat sein wird.“

Noch mangelt es jedoch an standardisierten Mensch-Modellen, die die individuelle Spanne der Patienten abdecken und sich somit für die personalisierte Medizintechnik eignen. In die Richtung gehen Forschungen der Rostocker, bei denen ähnlich wie bei industriellen Anwendungen so genannte Hardware-in-the-loop-Simulationen (HIL) für Hüft- und Knieendoprothesen durchgeführt werden. Dabei simulieren sie das Zusammenspiel eines Roboters mit dem numerischen Mehrkörpermodell der unteren Extremität.
Seit vier Jahren forscht und entwickelt das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz und Dresden auf dem Gebiet der Medizintechnik. Neben generativen Verfahren, wie dem Laserstrahlschmelzen, stehen auch die so genannten unkonventionellen Materialverbünde im Fokus. „Dazu zählen Materialien mit integriertem Funktionswerkstoff“, erklärt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Welf-Guntram Drossel, Leiter des Wissenschaftsbereichs Mechatronik und Funktionsleichtbau. „Wir integrieren beispielsweise ein Formgedächtniselement in ein Implantat, um einen krafthomogenen Anpressdruck am Knochen zu erhalten. Es passt sich selbstständig und aktiv an veränderte Bedingungen an und ist also eine Kombination von Konstruktions- und Funktionswerkstoff. Damit haben wir Technologie und Werkstoff in Einklang gebracht.“
Spezialisten personalisieren Medizintechnik
Ausschließlich personalisierte Medizintechnik entsteht bei der Datron AG aus Mühltal bei Darmstadt, die speziell zugeschnittene Bearbeitungszentren für Dentaltechniker und Zahnärzte entwickelt. „Die Herausforderung ist die Entwicklung von Maschinen, die sowohl auf unterschiedliche Werkstoffe als auch auf die dentalen Kunden abgestimmt sind, die im Regelfall keinerlei Programmier- und Zerspanungskenntnisse mitbringen“, erläutert Frank Fuchs, Produktmanager Dental CAD/CAM-Systeme. Da Produktionsanlagen für den Dentalbereich beispielsweise Kunststoffe, Zirkonoxide oder Titan bearbeiten, brauchen sie individuelle Bearbeitungsprozesse mit unterschiedlichen Zerspanungswerkzeugen.
Mit Blick auf die Ansprüche weist die Medizintechnik viele Gemeinsamkeiten mit der Luftfahrtindustrie auf. So wächst hier wie dort der Bedarf an Werkzeugen, die sehr anspruchsvolle und teure Materialien zerspanen. „Beim Flugzeug entfällt ein großer Teil der Zerspanoperationen auf das Bohren“, konstatiert Lothar Horn, Geschäftsführer der Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH, Tübingen. „Die Medizintechnik-Unternehmen drehen und fräsen dagegen wesentlich mehr.“
Eine Spezialität der Tübinger ist die maßgeschneiderte Entwicklung von Werkzeugen im Kundenauftrag. Horn: „Wir haben für einen Kunden, der auf hohe Produktivität wert legt, ein spezielles Fräswerkzeug für künstliche Hüftgelenke entwickelt. Dazu haben wir unser dreischneidiges System zu einem sechsschneidigen Werkzeug erweitert, das die Produktivität um 30 Prozent gesteigert hat.“ Derartige Prozessverbesserungen gelängen aber meist nur in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber.
Werkzeuge für die Medizintechnik kommen daher auch nur sehr selten aus dem Katalog. „Wir müssen die Produkte fast immer an die Anwendung anpassen, um uns mit ,deutscher Ingenieurkunst‘ am hiesigen Markt zu behaupten“, so Horns Erfahrung. „Doch wem das gelingt, der kann sich überall weltweit behaupten.“ Diese Aussage belegt er mit einem Erlebnis der fernöstlichen Art: So konnte ein Horn-Kunde aus dem Schwarzwald einen an China verlorenen Produktionsauftrag dank Erhöhung der Produktivität wieder zurückholen. Nun fertigt er pro Jahr fast 500 Millionen Knochenschrauben kostengünstiger als die Chinesen. Das Erfolgsgeheimnis bestehe in einer präzisen Abstimmung von Maschine, Aufnahme und Werkzeug, die zu einer erheblichen Steigerung von Qualität und Ausbringung geführt habe. Derartige Innovationen für Zerspanaufgaben in der Medizintechnik wird Horn auch in der Medical Area auf der Metav präsentieren.
Sehr hohe Ansprüche an die Zerspanungswerkzeuge stellen alle Kunden der Fraisa GmbH aus Willich, doch die Medizintechnik fordert das Unternehmen besonders heraus. Dort entstehen beispielsweise Werkzeuge zur Produktion chirurgischer Instrumente aus Edelstahl (hochlegierte austenitische Stähle wie etwa 1.4301), von Implantaten aus Titan- oder Kobalt-Chrom (CoCR)-Legierungen sowie von Instrumenten aus Kohlefaserverbundwerkstoffen (CFK). „Es handelt sich zu rund 30 bis 40 Prozent um Sonderwerkzeuge“, erklärt Michael Ohlig, Leiter für Verkauf und Marketing. „Sehr wichtig sind Wiederholgenauigkeit, Verfügbarkeit der Produkte und validierte Herstellprozesse.“ Außerdem lege die Branche hohen Wert auf ein großes Zeitspanvolumen und lange Standzeit. Wegen der häufigen Nachbearbeitung der Bauteile spiele dagegen die Oberflächengüte oft eine weniger wichtige Rolle. Ohlig: „Manche Hersteller setzen bei ihren Implantaten nicht auf Hochglanzpolieren, sondern rauen sie sogar noch auf.“
Endkonturennahe Zerspanung im Kommen
Im Kommen ist das endkonturennahe Zerspanen in einer Aufspannung, das dank Reduzierung der Nebenzeiten die Produktivität deutlich erhöht. Diesem Trend entspricht Fraisa beispielsweise mit den Toro-SB oder Sphero-SB-Fräswerkzeugen, die für alle 2D-, 2,5D- und 3D-Bearbeitungen von rostfreien, austenitischen Stählen infrage kommen. Zum Hochleistungszerspanen von Titan- und CoCr-Legierungen eignet sich der neue ZX-Fräser. Dass auf der Metav neue Bereiche wie die Medical Area oder auch Moulding Area entstehen, sieht Ohlig positiv. „Fraisa wird in Düsseldorf die neuen Hochleistungsfräswerkzeuge NVDS und den Schnittdatenrechner Toolexpert Helix/Ramp ausstellen.“
Metav 2016 www.metav.de
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