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Plattformkonzept ermöglicht passgenaue Fertigungslösungen

Winfried Benz, Geschäftsführer Licon mt GmbH & Co. KG
Plattformkonzept ermöglicht passgenaue Fertigungslösungen

Mit vier Plattformgrößen, ebenso vielen Automatisierungsmöglichkeiten und wahlweise ein- oder zweispindliger Ausführung lassen die horizontalen Bearbeitungszentren Liflex von Licon MT kaum Anwendungswünsche offen. Die Entwicklungs- und Fertigungstiefe der Laupheimer ist dabei ebenso hoch wie ihr Innovationstempo.

mav: Wie beeinflusst der aktuelle Wandel in der Automobilindustrie Licon und damit die weitere, strategische Ausrichtung des Unternehmens?

Benz: In erster Linie dreht sich die Diskussion ja um die Zukunft des Verbrennungsmotors. Traditionell kommen unsere Zerspanungslösungen weniger zur Bearbeitung von Bauteilen für den Antriebsstrang zum Einsatz. Unsere Schwerpunkte lagen und liegen in den Bereichen Fahrwerk, Lenkung und Strukturbauteile.

In diesen Bereichen sehen wir eine anhaltend hohe Anzahl an Neuprojekten, auch für elektrisch betriebene Autos.

Auch große, hochgenaue Gehäuse aus Stahlguss bilden einen Schwerpunkt. Auf unseren Maschinen werden Bauteile mit Einzelgewichten von mehr als 50 kg mit höchsten Genauigkeitsanforderungen bearbeitet. Die dazu erforderlichen Drehmomente betragen bis zu 500 Nm.

Darüber hinaus hat uns unsere intensive Innovationsarbeit der letzten Jahre neue interessante Kunden außerhalb der Automobilindustrie beschert. Wir verzeichnen in diesem Bereich kontinuierliche Steigerungen.

Was genau meinen Sie mit Innovationsarbeit?

Benz: Wir verfügen heute über einen intensiv erprobten und optimierten Baukasten für alle wesentlichen Maschinenkomponenten, die die Performance unserer Werkzeugmaschine bestimmen – Motorspindeln, Schwenkachsen, Verfahrachsen, Werkzeugmagazine, Beladesysteme und roboterbasierte Automationslösungen, allesamt selbst entwickelt. Unsere doppelspindligen Lösungen basieren auf den vier Spindelabständen 400/450, 750, 1050 und 1200mm. Daneben bieten wir zusätzlich verschiedene Lösungen im einspindligen Bereich an, auch um größere Strukturbauteile wirtschaftlich mechanisch bearbeiten zu können.

Unsere Produkte sind mittlerweile in dreistelliger Anzahl in Europa, China und in der NAFTA-Region erfolgreich im Dauerbetrieb im Einsatz.

Was genau bieten Sie Ihren Kunden denn an, was ist Standard und was ist kundenindividuell?

Benz: Als klassischer Lösungsanbieter liefern wir neben der Werkzeugmaschine meistens auch die komplette Prozesslösung mit Spannvorrichtungen, Zerspanwerkzeugen und zugehöriger Software. Die Prozesslösung ist immer individuell und projektbezogen. Unsere Werkzeugmaschinen jedoch sind hoch standardisiert. Um attraktive Lieferzeiten anbieten zu können und unsere interne Auftragsabwicklung möglichst schlank zu bekommen, haben wir zurückliegend unsere komplette IT – Hardware und Software – ausgetauscht. Heute verfügen wir über eine prozessual komplett integrierte IT-Landschaft. ERP, PLM und CAD harmonieren nahezu perfekt zusammen. Die letzte Baustelle im Bereich der echtzeitfähigen CAM-Anwendungen werden wir demnächst auch geschlossen haben.

Was unterscheidet das Licon-Angebot von den meisten Wettbewerbern?

Benz: Wie schon beschrieben bestreiten wir den Hauptteil unseres Geschäfts mit doppelspindligen Lösungen. Der weltweite Anbieterkreis hierzu ist überschaubar. Unser typischer Kunde sucht ein Produktionssystem, das ihm maximal wirtschaftliche Vorteile bietet. Üblicherweise handelt es sich um komplexe und hochgenaue Bauteile, die mechanisch zu bearbeiten sind. Oftmals neigt der Kunde im ersten Ansatz dazu, das früher erfolgreiche „Standardkonzept“ anwenden zu wollen: einspindlig, 4-achsig, mehrere Spannlagen, Mehrfachspannung mit entsprechend höherer Anzahl an Spannnestern, manuelle Beladung, KSS Bearbeitung. Kostentreiber wie Maschineninvestition, Hallenfläche, Energie, Personal und nicht zu vergessen Kosten für QS und Zerspanwerkzeuge veranlassen den Kunden bei näherer Betrachtung dann, mit uns alternative Fertigungskonzepte zu diskutieren.

Neben den von Ihnen erwähnten Anbietern einspindliger Lösungen gibt es auch andere Anbieter mehrspindliger Lösungen, weshalb dann Licon?

Benz: Die Zeiten in denen insbesondere in Deutschland bei der Maschinenauslegung der Grundsatz „Viel hilft viel“ galt, sind schon lange vorbei. Deutsche Werkzeugmaschinenbauer verfügen über moderne Entwicklungstools, die eben die konkurrierenden Kriterien wie „Stabilität und Langlebigkeit“ vereinen mit „hoher dynamischer Steifigkeit und wettbewerbsfähigen Herstellkosten“. So sehen wir zwar noch Unterschiede in der Basisperformance der Maschinen bei den europäischen Werkzeugmaschinenbauern, diese dürften aber nicht mehr den ganz großen Unterschied machen.

Die Wahl der besten Lösung ergibt sich unserer Meinung nach vielmehr aus der „passgenauen Komposition der Gesamtlösung“.

Wieso soll ein Kunde eine hauptzeitparallele Beladevariante wählen, wenn die Zykluszeit für die Bearbeitung mehr als 10 min beträgt und die Einplatzmaschine zum Werkstückwechseltausch nicht mehr als 30 sec steht? 95% der Produktionszeit würde der zweite, zusätzlich notwendige Satz Spannvorrichtungen mit „warten“ verbringen.

Weshalb einen Doppelschwenkträger zur hauptzeitparallelen Beladung einsetzen, wenn der Palettenwechsler mehr Umrüstflexibilität bietet und zudem die maximal zulässige Kubatur im Arbeitsraum bei gleichem Spindelabstand größer ist?

Das sind nur zwei von vielen Fragen, deren Antworten im Beratungsgespräch mit dem Kunden herausgearbeitet werden müssen. Die Antwort hierzu bedeutet oftmals nicht „entweder oder“, sondern „sowohl als auch“.

Eine zunehmende Anzahl an Kunden betreibt in ihrem Maschinenpark Liflex-Bearbeitungszentren mit unterschiedlichen Beladevarianten. In dieser bedarfsorientierten Individualität können wir dem Kunden Mehrwert bieten. Alle Maschinen basieren auf dem einheitlichen Liflex-Plattformkonzept: Gleiche Bedienphilosophie, gleiche Ersatzteile usw. Vertriebsarbeit in diesem Zusammenhang bedeutet für uns, Sparringspartner zu den Technologieexperten unserer Kunden zu sein und so die passgenaue Lösung gemeinsam zu entwickeln.

Wo sehen Sie noch besondere Vorteile beim Einsatz der Licon-Maschinen?

Benz: Ein weiteres Beispiel ist unsere i³- Technologie. Alle Liflex-Doppelspindler verfügen über unabhängig in Z-Richtung korrigierbare Achsen – im Licon-Jargon nennen wir das „i-Technologie“. Das hilft enorm, die erforderliche Bauteilqualität problemlos eingerichtet zu bekommen. Es vermeidet, dass Werkzeuglängen individuell und aufwendig auf Spindel und Spannnest in der Länge abgestimmt werden müssen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Doppelspindlern der Spindelabstand einem thermischen Wachstum unterliegt, der bei Umschlagsbearbeitungen als doppelter Fehler im Bauteil ankommt. Für diesbezüglich hochgenaue Bearbeitungen hilft die „Liflex- i³-Technologie“. Alle drei Linearachsen beider Spindeln können individuell korrigiert werden.

Auch um lange Warmlaufphasen zu Produktionsbeginn zu vermeiden, hilft diese Technologie. Eine automatische, auf Algorithmen basierende Kompensation korrigiert die Spindelpositionen automatisch. Hierzu werden permanent Sensordaten ausgewertet und so thermisch bedingte Verlagerungen der Spindelpositionen automatisch korrigiert.

Licon hat sich früh mit der Minimalmengenschmierung als Alternative zum KSS beschäftigt. Wie sind Ihre Erfahrungen dabei?

Benz: Durch unsere Projekte mit Automobilherstellern haben wir uns schon vor 15 Jahren intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Aktuell realisieren wir ca. 50 % unserer Projekte mit MMS. Neben Schmiedestahl, Aluminium und Grauguss bearbeiten unsere Maschinen auch Bauteile aus Magnesium und Edelstahl erfolgreich mit MMS und teilweise sogar ganz trocken und ohne Ölzusatz.

Grundsätzlich sind wir offen für beide Wege, KSS und MMS. Der oftmals angeführte Vorteil für KSS die bessere thermische Konstanz im Prozess stimmt aus unserer Sicht nur bedingt. Denken Sie an Situationen, bei denen große Temperaturschwankungen über den Produktionstag auf Maschine und Werkstück einwirken. Selbst temperiertes KSS kann diese Schwankungen nicht kompensieren. Da erreichen wir mit MMS in Kombination mit unserer automatischen Kompensation deutlich bessere Ergebnisse bezüglich der Maßkonstanz an den zu bearbeitenden Bauteilen.

Wie interpretiert Licon die 4.0-Thematik? Was bietet Licon?

Benz: Ihre Fragestellung impliziert bereits ja einen wesentlichen Aspekt. Die 4.0-Thematik wird von den Anbietern ganz unterschiedlich interpretiert. Licon hat sich zur Maxime gesetzt, dass Daten die generiert und aufbereitet werden, dem Kunden einen Mehrwert bieten müssen. Basis dafür ist der Einsatz von smarten Komponenten.

Die moderne Arbeitswelt wird auch dadurch geprägt, dass Maschinenbediener häufiger wechseln und so intuitives Wissen im Umgang mit Maschine und Werkstück in diesem Maße nicht mehr verfügbar ist.

Wir sehen in der Vernetzung unserer Maschinenkomponenten und der damit verbundenen Möglichkeit der Sensordatenanalyse, dass wir unseren Kunden einen höheren Funktionsumfang bieten können, was zwangsläufig zu Effizienzsteigerungen im Produktionsalltag führt. Unser Ziel ist die bestmögliche Automatisierung des Knowledge-Managements.

Können Sie hierzu ein Beispiel geben?

Benz: Die Fragestellungen und Erkenntnisse hierzu sind mannigfaltig. Beispielhaft seien die Wechselwirkungen zwischen eingesetzter Arbeitsspindel, gewählten Schneidengeometrien und Schnittparametern der zum Einsatz kommenden Zerspanwerkzeuge und Spannkonzepten zur Bearbeitung von Bauteilen genannt.

Selbstverständlich nutzen wir auch die mittlerweile zum Standard gehörenden Techniken wie die Ferndiagnose für Fragestellungen zur Maschinendiagnostik und der vorbeugenden Instandhaltung.

Was war die wichtigste Innovation, die Licon auf der EMO ausgestellt hat?

Benz: Wir haben ein hochdynamisches Bearbeitungszentrum zur mechanischen Bearbeitung großer Strukturbauteile ausgestellt. Neben sehr kurzen Werkzeugwechselzeiten besticht die Maschine durch sehr hohe Werte bei Verfahrgeschwindigkeiten, Beschleunigungen und Ruckwerten.

Wie fällt Ihr persönliches Fazit der Messe aus?

Benz: Direkt von Montag an bis zum vorletzten Messetag waren wir sehr positiv überrascht über die Anzahl an Besuchern und besprochenen, konkreten Neuprojekten.

Welche wirtschaftliche Entwicklung erwarten Sie in den kommenden Jahren für Licon?

Benz: Auf Basis der allgemeinen Nachrichtenlage gehen wir von einem Rückgang bezogen auf das für uns in 2019 immer noch sehr zufriedenstellende Geschäftsvolumen aus.

Erlauben Sie abschließend noch die Frage, was die „nächsten Themen“ sind, die bei Licon auf der Agenda stehen?

Benz: Mit der bestmöglichen Nutzung unseres derzeitigen Angebots an Technik und Technologie haben wir schon ordentlich zu tun. Dennoch werden wir neben dem Ausbau unserer weltweiten Serviceangebote unseren Schwerpunkt auf Fragen nach standardisierten Automationslösungen legen.

Licon mt GmbH & Co. KG
www.licon.com

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