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Mit Projekt Reiskorn zum Erfolg

Maschinenbauer Kurtz Ersa erklärt, wie Wettbewerb in China Spaß machen kann
Mit Projekt Reiskorn zum Erfolg

Mit Projekt Reiskorn zum Erfolg
Bernd Schenker leitet das Asiengeschäft von Kurtz Ersa
Seit elf Jahren ist der unterfränkische Maschinenbauer Kurtz Ersa GmbH mit einer Produktionsstätte in der südchinesischen Hafenstadt Zhuhai aktiv und unterhält darüber hinaus fünf Vertriebsniederlassungen. Bernd Schenker, CEO des Asiengeschäfts von Kurtz Ersa, spricht über die Markteintrittsstrategie des Unternehmens, die Herausforderungen des chinesischen Marktes und die Zukunftsaussichten für den deutschen Maschinenbau in China.

mav: Herr Schenker, wie begann das Chinageschäft von Kurtz Ersa und seit wann betreuen Sie dieses?

Schenker: Schon vor der Eröffnung unseres Werks in Zhuhai 2004 waren wir mit einem Büro in Schanghai vertreten, von dem aus der Export der Maschinen, Sales und Service gesteuert wurde. Ich selbst arbeite seit 1987 bei Ersa und war dort für den weltweiten Vertrieb zuständig. Mit der steigenden Bedeutung der asiatischen Märkte habe ich ab Mitte der 90er hauptsächlich Asien betreut und zog 2009 schließlich dauerhaft nach Hongkong.
mav: Zhuhai ist das einzige Werk Ihres Unternehmens in Asien. Nach welchen Kriterien haben Sie den Standort gewählt?
Schenker: Südchina war und ist mit seiner entwickelten Elektronik- und Konsumgüterindustrie eine wichtige Region für uns. Die Asienzentrale von Kurtz Ersa befindet sich in Hongkong, somit war ein Standort in direkter Nähe besonders attraktiv. Wir hatten damals bereits gute Kontakte zu den örtlichen Behörden in Zhuhai, die Stadt war uns ebenfalls nicht abgeneigt und so war die Entscheidung schnell gefallen. Zhuhai ist keine Metropole wie Schanghai oder Hongkong. Aber die Infrastruktur wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Mit der anstehenden Fertigstellung der Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke und den dazugehörigen Highways wird sich die Erreichbarkeit noch einmal verbessern. Das wird die Stadt auch für Fachkräfte aus dem Ausland attraktiver machen.
mav: Welche Rolle spielt China für die internationale Gesamtstrategie Ihres Unternehmens?
Schenker: Das Werk in Zhuhai, intern damals auch „Projekt Reiskorn“ genannt, stellte einen ersten Versuch dar, deutsche Technologie mit chinesischen Standortvorteilen zu kombinieren. Wir wollten eine speziell auf die Bedürfnisse des chinesischen Marktes angepasste Schaumstoffmaschine bauen. Aufgrund der sehr positiven Entwicklung erweiterten wir das Werk vor zwei Jahren und fertigen nun auch Ersa Reflow-Lötanlagen vor Ort. Das Werk in Zhuhai hat momentan knapp 80 Mitarbeiter, die hauptsächlich in der Endmontage arbeiten. Wir sind nun aber auch dabei, mehrere Konstruktionsteams aufzubauen, die auf chinesische Spezialanfragen direkt reagieren können.
mav: Produzieren Sie in China hauptsächlich für China oder für den Weltmarkt?
Schenker: Die Schaumstoffmaschine aus Zhuhai ist Bestandteil unserer weltweiten Produktpalette und damit Teil der globalen Fertigungsstrategie. Wir wollen damit Kunden gewinnen, die wir mit unseren deutschen Maschinen aufgrund von Technologiespezifikationen oder Budget nicht erreichen könnten. Ein Großteil unserer Kunden befindet sich in China, wir exportieren aber auch nach Südostasien (Philippinen, Thailand, Malaysia, Indonesien und Vietnam), Korea, in den Mittleren Osten und in die USA. Dabei nimmt der Exportanteil immer mehr zu – auch weil wir dies verstärkt forcieren.
mav: Als eines der größten Probleme in China wird oftmals die hohe Fluktuation der Mitarbeiter angesehen. Wie stellen Sie sich dieser Herausforderung?
Schenker: Wir sind sehr stolz darauf, kaum Fluktuation zu haben. Bei unserem zehnjährigen Jubiläum im vergangenen Jahr konnten wir knapp 30 Prozent der Leute ehren, die von Anfang an dabei sind. Was sich nach unserer Erfahrung bewährt, ist die Mitarbeiter gemäß westlicher Ethik fair zu behandeln und zu fördern. Wir unterstützen unsere Mitarbeiter aktiv darin, sich weiterzubilden, sei es in Form von technischen Seminaren, Sprachkursen oder anderen Maßnahmen.
mav: Wie ist Ihre Einschätzung zu neuen investitionspolitischen Maßnahmen der chinesischen Regierung, zum Beispiel der neuen Guangdong-Freihandelszone, zu der auch Zhuhai gehört?
Schenker: Wir nehmen natürlich wahr, dass die chinesischen Behörden mithilfe verschiedenster Incentives technologisches Knowhow anziehen möchten. Wir versuchen, von diesen staatlichen Zuschüssen Gebrauch zu machen und haben außerdem vor, unser Management dahingehend aufzustocken, dass wir in Zukunft über investitionspolitische Maßnahmen der Behörden noch besser Bescheid wissen. Die Entwicklungen in der Guangdong-Freihandelszone beobachten wir interessiert, denn es könnten sich dort durchaus Vorteile für unseren Verkauf ergeben. Sie existiert allerdings erst seit Frühjahr dieses Jahres und somit ist es noch zu früh, um große Auswirkungen festzustellen.
mav: Wie setzen Sie sich gegen den erstarkenden chinesischen Wettbewerb durch?
Schenker: Über die Jahre haben sich die chinesischen Hersteller natürlich deutlich verbessert, und wir nehmen sie durchaus als Konkurrenz wahr. Wir halten zwar Patente auf verschiedene Teilprozesse oder Komponenten, aber die gesamten Maschinen lassen sich dadurch nicht schützen. Außerdem hat sich die Grundtechnologie der Schaumstoffmaschinen über die letzten 10 bis 20 Jahre kaum verändert. Unsere Strategie ist es deshalb, dass wir Maschinen bauen, die sich durch zusätzliche Mehrwerte wie geringsten Energiebedarf, höchstmöglichen Durchsatz, intelligente Maschinensteuerung und Anwenderfreundlichkeit von unseren Konkurrenten unterscheiden. Dazu kommt unsere Kompetenz und unser Knowhow im After-Sales-Service. Unsere Wettbewerber können unsere Maschinen zwar äußerlich nachbauen, die Prozesse, die in der Maschine ablaufen, verstehen sie aber meist nicht.
mav: Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage in China?
Schenker: Generell kann man schon sagen, dass in China die Nachfrage im Commodity-Bereich zurückgeht. Allerdings nehmen dafür die Kunden zu, die bereit sind, qualitativ hochwertigere und deshalb auch hochpreisige Maschinen zu kaufen. Aus diesem Grund konnten wir bisher die sinkende Nachfrage im Niedrigsektor gut kompensieren. Wettbewerber – chinesische wie ausländische – die hauptsächlich den Massenmarkt bedienen, kommen allerdings immer mehr in Bedrängnis. Dazu kommen neue staatliche Auflagen wie Mindestlöhne, Arbeitssicherheitsvorschriften, Umweltschutzvorschriften und so weiter. Auch die Banken regulieren ihre Kreditvergabe stärker als zuvor. Es ist also zu erwarten, dass ineffiziente Unternehmen, die bisher lediglich durch zweifelhafte Querfinanzierung am Leben gehalten wurden, jetzt über die Klinge springen. Unter diesen neuen und gerechteren Umständen bleiben nur noch die Besten zurück. So macht uns Wettbewerb Spaß!
mav: Was würden Sie deutschen Maschinenbauern beim Markteinstieg in China unbedingt raten?
Schenker: Es ist ganz wichtig, ein klares Produktkonzept und eine weitsichtige Kostenkalkulation anzufertigen. Allein die jährlich um etwa 10 Prozent steigenden Lohnkosten zeigen, dass die Produktion in China nicht zwingend einen Kostenvorteil bringt. Wichtig ist nun hingegen China als Käufermarkt. Die Unternehmen sollten sich jedoch im Klaren sein, dass die Erwartungshaltung der chinesischen Kunden sehr hoch ist: Good enough ist in China seit langem nicht mehr gut genug. Chinesische Kunden haben die gleichen, wenn nicht sogar höhere, Qualitäts- und Leistungsansprüche wie europäische Kunden. Wenn man diese beiden Leitsätze befolgt, kann China richtig Spaß machen. Wir haben es nie bereut, den Schritt nach China gewagt zu haben.
Kurtz Holding GmbH & Co. Beteiligungs KG www.kurtzersa.de
 

Metallverarbeitung in sechster Generation

Die unterfränkische Kurtz Ersa GmbH verpflichtet sich bereits in sechster Generation der hochwertigen Metallverarbeitung sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Der Mischkonzern, bestehend aus den zuvor eigenständigen Unternehmen Kurtz und Ersa, agiert hauptsächlich in vier Geschäftsfeldern: der Fertigung von Metallbauteilen, Lötsystemen, Schaumstoff- und Gießereimaschinen. Weltweit werden Kunden aus der Schienenfahrzeug- und Automobilherstellung, Energie- und Medizintechnik, aus der Telekommunikation sowie der IT- und Elektronikindustrie beliefert. Seit elf Jahren ist das Unternehmen mit einer Produktionsstätte in Südchina aktiv und unterhält darüber hinaus fünf Vertriebsniederlassungen. In der Hafenstadt Zhuhai stellt Kurtz Ersa hauptsächlich Schaumstoffmaschinen her – zunehmend werden dort aber auch andere Produkte wie Lötmaschinen gefertigt.
Daten und Fakten (Stand 2014):
Gegründet: 1779
Konzernumsatz: 203 Millionen Euro
Mitarbeiter weltweit: 1150
Ausbildungsquote: > 10 %
Exportanteil: 67 %
Produktionsstätten: 9 (Deutschland, USA, China)
Weltweite Präsenz in 135 Ländern

Die Fragen stellte:
Sarah Buchwieser. Sie ist Projekt-Assistentin bei der Europa-Repräsentanz der Stadt Zhuhai mit Sitz in Karlsruhe. Das Büro existiert seit Mai 2014 und gibt kostenlose Auskunft über den Markt vor Ort, unterstützt bei der Suche nach Kooperationspartnern sowie der Erschließung von Absatzmärkten in Südchina.
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