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Intelligenter, integrierter Workflow beim Verzahnungsschleifen

Durch integrierte Fertigungsketten Zeit sparen, Qualität verbessern und Anlagenverfügbarkeit erhöhen
Intelligenter, integrierter Workflow beim Verzahnungsschleifen

Eine Großserienfertigung erfordert hohe Qualität bei immer kürzeren Bearbeitungszeiten. Die Maschinen sind technisch bereits auf einem sehr hohen Niveau. Große Einsparpotenziale finden sich kaum mehr bei den Bearbeitungsprozessen selbst, sondern eher bei vor- und nachgelagerten Prozessschritten, wie etwa beim Rüsten, beim Messen und bei der Kommunikation zwischen den Maschinen und Messeinrichtungen. Kapp Niles hat hierfür eine Plattform entwickelt, die diese Prozesse verknüpft und automatisiert. Dank offener Standards wie umati und GDE arbeitet sie sogar herstellerübergreifend.

Autor: Dipl.-Phys. Martin Witzsch

Es gibt unterschiedliche Ansätze, um die Leistungsfähigkeit von Fertigungsprozessen weiter zu steigern, etwa die Integration möglichst vieler Prozessschritte in einer Maschine. Dies ist jedoch technisch sehr komplex. Kapp Niles geht einen anderen Weg: „Wir sehen statt integrierter Maschinen eher integrierte Fertigungsketten mit so wenig manueller Handhabung zwischen den einzelnen Gliedern wie möglich“, meint der Leiter Produktmanagement, Konstantin Schäfer.

KN grind, eine Steuerung zum Anfassen

Bei der projektbezogenen Konfiguration sind alle erforderlichen Bearbeitungsoptionen in einem Werkstückprojekt zusammengefasst. Der Nutzer wählt in einem virtuellen Rüstvorgang den Verzahnungstyp und die passenden Werkzeuge aus einem Komponentenset. Jeder Schritt wird an einer stilisierten Maschine angezeigt (Bild 1). Auf Wunsch macht KN grind auch Technologievorschläge. Volker Zenker, Leiter Softwareentwicklung, erläutert: „Gegenüber den Vorgängerversionen erhält der Anwender eine Anzeige von kritischen oder fehlerhaften Werten. Eine Ablaufsteuerung ermöglicht per drag & drop ein unkompliziertes Zusammensetzen von Arbeitsfolgen. Dies ist sehr nützlich für komplexe Bearbeitungen z. B. von Werkstücken mit mehreren Bearbeitungspositionen in einem Projekt (Bild 2). Die so entstandenen Folgen lassen sich sowohl für die automatische Bearbeitung als auch für Rüstsequenzen anwenden.“ Die Bedienung über ein Touch-Display ersetzt die Notwendigkeit von Softkeys.

Keine Kompromisse bei der Datensicherheit

Gegenüber hochautomatisierten Fertigungszentren erscheint es wie ein Überbleibsel aus der Frühzeit der Industrialisierung, wenn ein Bediener Messprotokolle zu Fuß vom Messraum zur Maschine bringt, um dort Korrekturwerte manuell einzutippen. Dass dies in einem Hochtechnologieumfeld immer noch geschieht, liegt an den extrem hohen Sicherheitsstandards der Anwender, wie beispielsweise der Automobilbranche, die eine einfache Datenintegration bisher verhinderten. Auch sind USB-Sticks häufig strikt verboten. Zusätzlich fehlten einheitliche Datenübertragungsstandards, um eine sichere Datenintegration zu ermöglichen. Kapp Niles hat deshalb Lösungen entwickelt, bei denen der Anwender keinerlei invasive Software installieren muss und damit stets die Kontrolle über seine Daten behält. Konstantin Schäfer: „Das Konzept beinhaltet keinerlei Cloud-Services.“ Anwendungen, die über die unmittelbare Maschinensteuerung hinausgehen, sind in HTML5 programmiert. So kann sie der Anwender sowohl auf klassischen Rechnern als auch auf mobilen Endgeräten nutzen.

Das große Ganze im Blick – auch herstellerübergreifend

Das Resultat der oben beschriebenen Überlegungen ist die Plattform KN assist. Dank der erwähnten HTML5-Programmierung läuft sie ohne zusätzliche Software auf einem PC genauso wie auf mobilen Endgeräten. Der Anwender ruft nur eine Adresse im Intranet auf und hat auf seinem Browser oder über eine App Zugriff auf das System.

Der Datenaustausch erfolgt über die Standardschnittstelle OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture), die eine Maschine-zu-Maschine Kommunikation mit wenig Aufwand ermöglicht. Für einen Überblick über das gesamte Anlagenfeld nutzt KN assist offene Datenaustauschformate, wie GDE (Gear Data Exchange) und umati (universal machine tool interface), das der VDW gemeinsam mit Projektpartnern entwickelt hat. So lassen sich Grundverzahnungsdaten, Modifikationen, Auswertungen usw. herstellerübergreifend austauschen. Des Weiteren können die Betriebszustände aller Maschinen im Werk angezeigt werden.

Eine komplexere Anwendung ist die Datenverwaltung aller bauteilspezifischen Komponenten wie bspw. der Spannmittel, sowie der Abricht – und Schleifwerkzeuge. Bislang mussten Daten von Rüstkomponenten manuell an der Maschine eingegeben werden, da Datenträger von Zulieferern nach Möglichkeit nicht in die Produktion gelangen sollten. Zukünftig sind Abrichtrollen, Schnecken oder Spannmittel mit RFID oder 2D-Codes versehen, die die Maschine auslesen kann. Das verkürzt die Rüstzeiten erheblich und die Komponenten sind eindeutig identifizierbar. So lassen sich der Lagerplatz, Standzeiten, Spannzyklen oder die Zuordnung zu einem geplanten Projekt sehr einfach dokumentieren. Neben den internen Prozessen wird damit auch die Reaktionszeit auf eine Service-Anforderung beschleunigt.

Schnellere Reaktion im Servicefall

Im Service- oder Fehlerfall erwartet der Kunde schnellste Hilfe. Die klassische Meldekette ist jedoch vergleichsweise langsam: Der Maschinenbediener stellt einen Fehler fest, informiert die Instandhaltung und beschreibt das Problem. Die Instandhaltung kontaktiert den Hersteller. Dieser fragt noch ergänzende Daten ab, im besten Fall über ein dann zu aktivierendes Modem, häufig jedoch per Sprachanruf. Dabei können Informationen verloren gehen oder Anzeigen falsch abgelesen werden. So vergeht die erste Stunde; umgerechnet in Stillstandzeiten eine kostspielige Angelegenheit. Zudem muss der Maschinenhersteller die Daten erst erfassen, einpflegen und analysieren. Eine konventionelle Datenübertragung über das Internet wäre möglich, ist aber den meisten Anwendern zu unsicher.

Kapp Niles hat für diesen Prozess Abhilfe geschaffen: Der Kunde kann direkt in KN grind die Kontaktaufnahme anstoßen. Christian Füger, Leiter Vertrieb Service, erläutert die Funktion: „Der Service-Request kann über einen Button auf dem Display der Maschine oder über die Web-Oberfläche eines beliebigen mobilen Endgeräts ausgelöst werden. So kann der Instandhaltungsleiter genauso wie der Bediener oder der Planer sofort reagieren.“ Die Serviceanforderung geht bei Kapp Niles direkt über eine TÜV-IT zertifizierte VPN-Verbindung ein. Diagnosedaten, Logfiles usw. der entsprechenden Maschine stehen dann nach expliziter Freigabe des Kunden zur Verfügung, ohne dass dieser die Hoheit über den Prozess oder die Daten verliert.

Derzeit liegt die Reaktionszeit bei rund 12 Stunden, in einer anderen Zeitzone ohne lokale Vertretung schlimmstenfalls bei 24 Stunden. Christian Füger: „Wir streben einen lückenlosen Service mit einer Reaktionszeit von zwei bis vier Stunden an.“

Turbo für die Messtechnik

Im klassischen Prozess müssen für Stichproben Werkstücke aus der Produktion entnommen und zur Messmaschine gebracht werden, die möglicherweise in einer anderen Halle stationiert ist. Je nach Auslastung liegt das Ergebnis 15–20 min später vor. Dann muss das Messprotokoll zurück zur Maschine, an der die Korrekturen manuell eingetippt werden. Um diese Zeiten zu verkürzen, setzt Kapp Niles an mehreren Stellen an. Die Messmaschinen wurden auch für einen produktionsnahen Einsatz entwickelt. Sie kommen ohne Klimakammer aus (Bild 3). Zur Temperaturkompensation werden die einzelnen Achsen und das Werkstück mit Sensoren überwacht. Luftfederelemente absorbieren die Vibrationen. Damit entspricht die Messgenauigkeit auch in der Großserienfertigung höchsten Ansprüchen. Gerhard Mohr, Geschäftsführer Kapp Niles Metrology, beschreibt die Vorteile: „Die Maschinen sind für den Bediener von drei Seiten frei zugänglich und damit auch für eine automatische Beladung prädestiniert. Für die Messung von wellenförmigen Teilen stehen flexibel positionierbare Gegenhalter zur Verfügung. Außerdem lassen sich die Maschinen durch ein Schnellwechselspannsystem binnen Sekunden auf ein anderes Werkstück umrüsten.“

Einen mindestens ebenso großen Anteil an der Zeitersparnis erwirtschaftet die Automatisierung. „Closed Loop“ nennt die Branche die direkte Verbindung zwischen Schleif- und Messmaschine. Die Messmaschine stellt die Daten nicht nur als Protokoll, sondern auch als GDE-Datensatz zur Verfügung. In der ersten Version sind dies typische Korrekturgrößen (fHα, fHß, Zahnweitenkorrektur), die sich bei Erwärmung oder Werkzeugverschleiß verändern. Diese Daten können über OPC UA in KN grind importiert und ausgewertet werden, schneller und weniger fehleranfällig als bei einer manuellen Eingabe. Liegt ein neues Messergebnis vor, wird der Bediener benachrichtigt und erhält Korrekturvorschläge. Christian Graf von der Softwareentwicklung erklärt: „Hier findet kein reiner SOLL/IST-Vergleich statt. Vielmehr erhält der Bediener die Messwerte so aufbereitet, dass er aufgrund seiner Erfahrung schnell entscheiden kann, ob und wie er eingreift. Projektabhängig ist auch ein automatisches Nachführen möglich.“ (Bild 4)

In der Summe werden die beschriebenen Maßnahmen den Workflow erheblich beschleunigen und vereinfachen.

Kapp Niles
www.kapp-niles.com

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