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Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen mit Störkonturen

Deutlich höhere Prozesssicherheit
Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen mit Störkonturen

Die Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen ist heute ein gängiges Fertigungsverfahren zur Herstellung qualitativ hochwertiger Verzahnungen. Mit deutlich höherer Prozesssicherheit im Vergleich zur Weichfeinbearbeitung können damit Verzahnungen bis hin zu Qualität 1–2 nach DIN 3962 hergestellt werden.

Autor: Friedrich Wölfel, Leiter Technologieentwicklung/Produktmanagement, Kapp GmbH

Verfahrensübersicht für die Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen
Eingesetzt werden für die Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen heute im Wesentlichen drei Verfahren, die alternativ abrichtbare oder abrichtfreie Werkzeuge nutzen.
Den breitesten Anwendungsbereich hat bis heute das diskontinuierliche Profilschleifen. Dieses Verfahren ist sowohl hinsichtlich der Größe der zu schleifenden Verzahnungen (Durchmesser, Modul) als auch des Typs der Anwendung (Prototypen, Kleinserie, Großserie, Highend-Anwendungen, wie bspw. Meister-/Prüfräder) sehr flexibel einsetzbar.
In der Serienbearbeitung (Mittel-/Großserie) von Verzahnungen bis zu einem max. Modul von ca. 6 mm kommt das kontinuierliche Wälzschleifen zum Einsatz. Die hohe Produktivität dieses Verfahrens ist insbesondere in den geringen Prozess-Nebenzeiten durch den kontinuierlichen Schleifprozess begründet. Die eingesetzten Schnittgeschwindigkeiten bei diesem Verfahren liegen bei 60–75 m/s, die Werkzeugdurchmesser bei 160…320 mm. Die damit möglichen Ratio-Potenziale gegenüber dem diskontinuierlichen Profilschleifen forcieren aktuell die Entwicklung von Wälzschleif-Maschinen für größere Module und Werkstückdurchmesser von bis zu 1200 mm.
Das dritte Verfahren – das Verzahnungshonen/Coronieren – hat seinen Schwerpunkt in der Bearbeitung von Pkw-, teils auch Lkw-Verzahnungen im Modulbereich bis ca. 3,5 mm. Aufgrund der relativ hohen Anfangsinvestition für die eingesetzten Abricht-/Honwerkzeuge ist dieses Verfahren nahezu ausschließlich in der Großserienfertigung beheimatet. Vornehmlich diese genannten Verfahren kommen heute auch für die Hartfeinbearbeitung störkonturbehafteter Verzahnungen zum Einsatz.
Diskontinuierliches Profilschleifen
Bei der Bearbeitung störkonturbehafteter Verzahnungen wird heute zum größten Teil auf das diskontinuierliche Profilschleifen zurückgegriffen. Eine typische Anwendung in der Serie ist in Abbildung 2 zu erkennen. Dort wird die Verzahnung einer Kurbelwelle unter Verwendung abrichtfreier scheibenförmiger Kapp-CBN-Werkzeuge (2-rilliger Schruppsatz/1-rillige Schlichtscheibe) bearbeitet. Die minimalen Durchmesser solcher Schleifwerkzeuge liegen heute bei ca. 20 mm.
Die erforderliche Schnittgeschwindigkeit von ca. 40 m/s wird durch entsprechend schnelle Werkzeugantriebe bzw. zusätzliche Übersetzungsstufen zwischen Schleifmotor und Schleifspindel erreicht.
Den Grenzbereich für derartige Anwendungen zeigt Abbildung 3. Dort kommt ein abrichtfreies Schleifwerkzeug mit einem Durchmesser von ca. 15 mm zur Bearbeitung einer Luftfahrt-Verzahnung mit eng angrenzender Störkontur zum Einsatz. Im Unterschied zu Abbildung 2 sind hier Schleifscheibe und Spindelzapfen aus einem Grundkörper gefertigt.
Wenn Bauteile solche Werkzeugdurchmesser nicht mehr zulassen, besteht noch die Möglichkeit, stiftförmige Schleifwerkzeuge einzusetzen. Aufgrund des geringen Durchmessers dieses Werkzeuges sind hier zur Realisierung eines entsprechenden Materialabtrages beim Schleifen extrem hohe Drehzahlen der Werkzeugspindeln erforderlich. Bei Kapp realisierte Lösungen nutzen hier sowohl direkt als auch indirekt angetriebene Spindeln mit Drehzahlen am Werkzeug von bis zu 80 000 1/min.
Kontinuierliches Profilschleifen
Eine Mischform des Profil- und Wälzschleifens ist das kontinuierliche Profilschleifen. Bei diesem Verfahren kommt ein globoides schneckenförmiges Werkzeug zum Einsatz (Abbildung 5).
In einem solchen Schleifwerkzeug wird die gesamte Geometrie der Verzahnung (Profil- und Flankenform) vorgehalten. D. h. beim Schleifen der Verzahnung mit einem solchen Werkzeug ist kein Axialhub in Werkstück-Achsrichtung erforderlich. Dies ist auch der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens beim Schleifen störkonturbehafteter Bauteile gegenüber dem kontinuierlichen Wälzschleifen, das diesen Axialvorschub und entsprechend große Überläufe auf beiden Seiten der Verzahnung zum Ausbilden der kompletten Flankengeometrie benötigt.
In der Praxis wird dieses Verfahren vorrangig unter Verwendung abrichtfreier Schleifwerkzeuge (in der Regel Schrupp- und Schlichtwerkzeug) zur Bearbeitung störkonturbehafteter Verzahnungen auf wellenförmigen Bauteilen eingesetzt. Typische Werkzeugdurchmesser liegen hier zwischen 120 und 160 mm.
Verzahnungshonen / Coronieren
Das seit langem bekannte Verzahnungshonen/Coronieren mit innenverzahntem Werkzeug wurde durch die Weiterentwicklung der Maschinen und Werkzeuge in den letzten Jahren zu einem autarken Verfahren zur Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen. Anders als bei allen Varianten des Verzahnungsschleifens wird der Materialabtrag beim Verzahnungshonen durch ein „Schaben“ des Werkzeugs auf der Oberfläche der Verzahnung realisiert. Die erreichbaren Schnittgeschwindigkeiten zwischen Werkzeug und Werkstück liegen bei 5…8 m/s und definieren auch die wichtigste Einschränkung des Verfahrens – den gegenüber dem Schleifen begrenzten Materialabtrag.
Unter Einsatz abrichtbarer Werkzeuge (Abbildung 6) können Verzahnungen mit bis zu 2 mm Freiraum zur Störkante bearbeitet werden. Wesentlich weiter reichen noch die Möglichkeiten beim Einsatz abrichtfreier Kapp Coronier-Werkzeuge. Durch eine modifizierte Werkzeugauslegung kann hier auch eine Bearbeitung ohne Achskreuzwinkel zwischen Werkstück und Werkzeug realisiert werden. Die minimalen Abstände von der Verzahnung zur Störkante liegen dann bei ca. 0,5 mm. (siehe Abbildung 7).
Wälzschleifen
Neuere Entwicklungen am Markt zur Hartfeinbearbeitung störkonturbehafteter Bauteile verfolgen das Ziel, die bekannten Produktivitätsvorteile des kontinuierlichen Wälzschleifens auch beim Schleifen solcher Verzahnungen nutzbar zu machen.
Die Herausforderungen auf diesem Weg bestehen insbesondere in der Bereitstellung hochdynamischer Antriebe für Werkstück und Werkzeug, die in Wälzkopplung Drehzahlen bis 5000 1/min für das Werkstück bzw. 22 000 1/min für das Werkzeug ermöglichen.
Auf technologischer Seite erfordert es neue Werkzeuggeometrien und -spezifikationen sowohl für abrichtbare als auch abrichtfreie Werkzeuge.
Diese Entwicklungen bieten das Potenzial, das Verfahren kontinuierliches Wälzschleifen bis hin zu wesentlich kleineren Werkzeugdurchmessern (< 100 mm) als heute üblich einzusetzen.
Zusammenfassung
Mit mindestens einem der o. g. Verfahren kann heute nahezu jede störkonturbehaftete Verzahnung hartfein bearbeitet werden. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass diese Bearbeitungsverfahren im Regelfall aufwändiger und teurer gegenüber der Bearbeitung einer Störkanten-unkritischen Verzahnung sind. Dieser Nachteil lässt sich meist dadurch reduzieren, dass bereits bei der Produktentwicklung wichtige Randbedingungen der geplanten und verfügbaren Fertigungsverfahren untersucht und möglichst auch bei der Bauteilgeometrie berücksichtigt werden.
Potenzial in Hinblick auf Produktivität und Wirtschaftlichkeit könnte das kontinuierliche Wälzschleifen unter Verwendung kleiner Schleifschnecken ermöglichen.
Quellenangabe:
T. Schenk; Vortrag „Lösungen für die Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen mit Störkonturen“; Seminar „Feinbearbeitung von Verzahnungen“; Aachen, November 2009
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