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Energieeffizienz: Pragmatisch statt bürokratisch

Werkzeugmaschinenindustrie kämpft für Selbstregulierung beim Ökodesign
Energieeffizienz: Pragmatisch statt bürokratisch

Energieeffizienz: Pragmatisch statt bürokratisch
Die TU Darmstadt entwickelte im Rahmen eines VDW-Forschungsprojekts einen neuartigen Konstruktionsansatz. Kernidee des Konzepts ist es, nicht wie in der Faserverbundtechnik üblich, Strukturgeometrien individuell an die Belastungssituation anzupassen, sondern direkt mit Halbzeugen aus CFK zu konstruieren Quelle: PTW, TU Darmstadt
Die Werkzeugmaschinenbranche tickt schneller als andere – und das muss sie auch. Denn sie steht weit vorne in der Wertschöpfungskette. Als Schlüsseltechnologie für die Industrieproduktion ist die deutsche Werkzeugmaschine bei der Lösung bestehender und künftiger Herausforderungen überall eingebunden und garantiert den Fortschritt in vielen Bereichen. Eine wichtige Anforderung an Werkzeugmaschinen entsteht im Zuge steigender Energiekosten und politischer Vorgaben für den CO2-Ausstoß: Energieeffizienz.

Deutsche Werkzeugmaschinenhersteller sind bereits heute führend, wenn es darum geht, Effizienz und Umweltverträglichkeit in zukunftsweisenden Produkten und Dienstleistungen zu vereinen. Auf europäischer Ebene möchte die Branche mit der Selbstregulierungsinitiative ihren aktiven Beitrag dazu leisten, dass es der Industrie auch künftig gelingt, ihre eng gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen.

Selbstregulierungsinitiative
Fertigungsanlagen benötigen immer eine gewisse Menge an Energie. Dies ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie, ihren Abnehmerbranchen effiziente und ressourcenschonende Maschinen zu liefern, die gleichzeitig Betriebskosten minimieren. Durch kontinuierliche Weiterentwicklung versuchen die deutschen Hersteller den Energieeinsatz ihrer Produkte stetig zu optimieren. Dafür gilt generell, dass sich Effizienz von Maschinen am notwendigen Ressourceneinsatz für die Herstellung eines Produkts messen lassen muss. Effizientere Komponenten wie Antriebe und Hydraulikaggregate, optimierte Prozesse, ergänzt mit intelligenter Steuerung ermöglichen die effektive Fertigung. Damit können in der gesamten Wertschöpfungskette der Werkzeugmaschine Einsparpotenziale erschlossen werden. Verbunden mit steigender Automatisierung beim Teilehandling und intelligenten Stand-by-Konzepten, lassen sich attraktive Leistungsangebote für eine Maschine oder Anlage realisieren. Weitere erfolgreiche Einsparpotenziale lassen sich über geregelte Synchronmotoren, Pumpenantriebe für den Kühlschmierstoff, Low-Watt-Ventile für die Fluidtechnik und Module für die Energierückgewinnung realisieren.
Stellschrauben für die Energieeinsparung
Die Branche forscht seit Jahren intensiv auf dem Gebiet des Leichtbaus. So kommen heute in Werkzeugmaschinen auch Materialien wie kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) zum Einsatz, die bei gleicher Festig- und Steifigkeit signifikante Gewichtsvorteile aufweisen. So lassen sich die bewegten Massen an Werkzeugmaschinen reduzieren. Als Folge daraus wird weniger Energie für die wiederkehrenden Beschleunigungs- und Abbremsmanöver der Achsen und Spindeln benötigt.
Forschung und Entwicklung sind auch bei der Minimalmengenschmierung und Trockenbearbeitung von Werkstücken ein ganzes Stück weiter gekommen. So ist es heute bei ausgewählten Bearbeitungssituationen möglich, nur minimale Mengen an Kühlschmierstoffen einzusetzen oder ganz darauf zu verzichten. Dabei bleiben Qualitätsparameter wie Oberflächengüte, Bearbeitungszeit und Genauigkeit weiterhin auf gewohnt hohem Niveau.
Branche engagiert sich bei Blue Competence
Seit Jahren schenkt die Politik weltweit der Energieeffizienz immer größere Bedeutung. So finden beispielsweise die EU-Klimaschutzziele mittlerweile Eingang in die Zielsetzung der Industrie, allen voran bei den Automobilisten. Sie verordnen sich konkrete Klimaschutzziele. Somit ist es für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie klares Ziel, effiziente Produkte zu marktfähigen Preisen anzubieten. Dass dies möglich ist, zeigt das große Engagement der Branche in der Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence des deutschen Maschinenbaus. Mit nahezu 40 Mitgliedern bildet die Werkzeugmaschinenindustrie die größte Gruppe innerhalb der Gesamtinitiative des VDMA. Die Branche präsentiert hier nicht nur ihre Problemlösungskompetenz, sondern zeigt, welche Aufgaben es künftig noch zu bewältigen gilt.
Weichen für Selbstregulierung der Energieeffizienz sind gestellt
Seitdem die Werkzeugmaschine als Produktgruppe 2009 ins Arbeitsprogramm der EU-Ökodesign-Richtlinie aufgenommen wurde, hat sich der VDW über den europäischen Dachverband Cecimo in Brüssel aktiv am Regulierungsverfahren auf EU-Ebene beteiligt.
Kurz darauf wurde auf Initiative der europäischen Werkzeugmaschinenindustrie die ISO-Normenreihe 14955 aus der Taufe gehoben, die sich mit Fragen des Ökodesigns von Werkzeugmaschinen befasst. Im Wesentlichen bildet der erste Teil der Norm eine international abgestimmte Liste von Verbesserungsmöglichkeiten ab, die den einzelnen Herstellern konkrete Ansatzpunkte für Anpassungen geben soll. Daraus lassen sich jedoch keine pauschalen Maßnahmen ableiten. Stattdessen ist es erforderlich, dass jeder Hersteller für jede seiner Maschinen individuell prüft, welche Maßnahmen er tatsächlich umsetzt. Somit wird es künftig bereits im Entwicklungsprozess nötig sein, sich intensiver als bisher mit Fragen der Energieeffizienz zu beschäftigen. Da Werkzeugmaschinen hoch komplex sind und oft sehr spezifische Kundenanforderungen aufweisen, ist es am sinnvollsten, wenn jeder Hersteller selbst die Verbesserungspotenziale seiner Maschinen individuell nachweist. Somit basiert die Selbstregulierungsinitiative von Cecimo im Kern auf der Herstellerselbsterklärung als Alternative zur gesetzlichen Verordnung.
Bereits bei der Konstruktion werden Einsparpotenziale sichtbar
Was kann man sich unter der Herstellerselbsterklärung konkret vorstellen? Im Rahmen der Konstruktion analysiert ein Maschinenhersteller unterschiedliche Komponenten oder Subsysteme seiner Maschine. Darunter fallen u. a. Kühlaggregate, Pumpen oder Antriebe. Es gilt zu prüfen, wo sich Verbesserungen einbringen lassen – oder diese bereits bestehen. Darauf aufbauend muss der Nachweis darüber geführt werden, welchen Effekt die Verbesserungsmaßnahmen haben. Dies erfolgt zunächst pro Maßnahme, um abschließend auf die Gesamtmaschine gewichtet zu werden. Da hierbei Randbedingungen wie Betriebs- und Einsatzbedingungen oder auch Werkstückspektren eingehen, kann dies zumeist nur der Hersteller selbst leisten. Der daraus ermittelte Wert zeigt, um wie viel effizienter die optimierte Maschine gegenüber einer konventionellen Maschine ist.
Selbstregulierungsinstanz führt Einzellösungen zu einem Gesamtbild zusammen
Wie fließen diese Erkenntnisse in die EU-Regulierung ein? Jeder Hersteller meldet seine Erkenntnisse vertraulich an eine neutrale Organisation. Die so genannte Selbstregulierungsadministration anonymisiert und abstrahiert die individuellen Lösungen. Darauf basierend ergibt sich ein Gesamtbild, wie sich die Energieeffizienz von Werkzeugmaschinen insgesamt entwickelt. Bislang liegen diese Informationen jedoch noch nicht vor. Das ist ein Kernproblem des Regulierungsansatzes, das es noch zu lösen gilt. Zudem stellt die erzielte Effizienzsteigerung keine Verringerung des Primärenergiebedarfs dar, wie ihn sich die Europäische Kommission vorstellt. Dies ist auch kaum möglich, da es sich bei Produktionsanlagen nicht um Haushaltsgeräte handelt, wo eine derartige Reduzierung zweifellos problemloser möglich ist.
Branche bleibt über die Selbstregulierung selbst jederzeit Herr des Verfahrens
Das angesprochene Konzept soll die erfolgreiche Umsetzung und Weiterentwicklung der Selbstregulierung garantieren. Dies bietet gleich mehrere Vorteile: Die Vorgehensweise ist bezogen auf die Herstellererklärung bereits im Bereich der Maschinensicherheit erfolgreich etabliert. Sie gleicht das Defizit, dass bislang nur wenige belastbare Daten über effektive Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz an Werkzeugmaschinen vorliegen, durch eine lernende Organisation aus. Schließlich kann die Selbstregulierung rasch eingeführt werden, was ganz im Sinne der EU-Kommission ist. Sie unterliegt der Freiwilligkeit, bei der es keine staatlich sanktionierte Marktüberwachung geben kann. Dafür bleibt die Branche selbst jederzeit Herr des Verfahrens. Im Sommer 2014 wurde das Konzept der EU-Kommission vorgestellt und stieß dort auf breiten Zuspruch. Nun gilt es für die Werkzeugmaschinenbranche, die selbst gesteckten Ziele mit Leben zu füllen und eine hohe Beteiligung durch die Unternehmen zu erreichen.
Die Beispiele zeigen, mit welchen Ansätzen deutsche Hersteller an der Optimierung des Einsatzes von Energie und Ressourcen arbeiten. Alle verfolgen dabei das eine Ziel, ihren aktiven Beitrag zur Nachhaltigkeit und einem besseren Leben heute und in Zukunft zu leisten.
VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. www.vdw.de

Autor

Dr. Alexander Broos ist Leiter Forschung und Technik im VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), Frankfurt am Main

Blue Competence

Mit BLUecoMPETENCE, der Nachhaltigkeitsinitiative des VDMA, bündeln die Verbandsmitglieder ihre Stärken und ihr Knowhow, um weltweit
die Rolle als Technologieführer in Nachhaltigkeitsfragen zu besetzen und langfristig zu behaupten. Diese Positionierung ist essenziell, um die enormen Marktchancen auszuschöpfen, die das Thema Nachhaltigkeit bietet.

Reduzierung der Betriebskosten durch Energieeffizienz


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