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„Sinumerik Operate bleibt die wichtigste App“

Joachim Zoll, Leiter des Geschäftsfelds Machine Tool Systems, Siemens AG
„Sinumerik Operate bleibt die wichtigste App“

Autor: Das Interview führte:

mav: Was sind für Sie aktuell die wichtigsten Trends, aus dem Blickwinkel der CNC-Steuerungstechnik?

Zoll: Im Prinzip sind das genau die Themen, die wir auch auf der EMO in Mailand in den Mittelpunkt stellen werden. Erstens die Digitalisierung der Produktentstehungsprozesse und die Integration von Werkzeugmaschinen in die IT-Landschaft eines Unternehmens. Zweitens Additive Manufacturing, das im Metallbereich langsam Fahrt aufnimmt. Und drittens das Zusammenspiel von CNC und Robotik.
mav: Wie breit werden Roboter heute in der Fertigung genutzt?
Zoll: Für Handhabungsaufgaben werden Roboter schon recht breit eingesetzt. Selbst immer mehr kleine Firmen nutzen sie, um flexibel und effizienter fertigen zu können. Daneben wächst das Interesse, Roboter auch für Bearbeitungsaufgaben zu nutzen – etwa für große Strukturteile im Flugzeugbau. Die Genauigkeitsgrenze ist hierbei stark durch die Mechanik des Roboters beeinflusst.
mav: Wie lösen Sie die Integration von CNC und Roboter?
Zoll: Wir stellen die Verbindung her zwischen einem Roboter, wie er beispielsweise von Kuka kommt, und der Bedienphilosophie unserer CNC, Sinumerik Operate. Der Arbeitsablauf ist ja üblicherweise folgender: Der Maschinenbediener richtet zunächst die Maschine an der CNC ein. Dann teacht er den Roboter an einem separaten Bedienpanel in Robotersprache. Wir bieten nun den Vorteil, dass er das alles von der CNC-steuerung an der Maschine aus erledigen kann. Im ersten Kanal läuft etwa die Fräsanwendung, im zweiten Kanal der Roboter. So kann der Bediener im gewohnten Umfeld von Sinumerik Operate den Roboter teachen und ihm die nötigen Befehle geben. Und durch die CNC-Integration werden Funktionen wie Bahnsteuerung verfügbar, zu denen der Roboter alleine gar nicht in der Lage wäre.
mav: Wenn sich Maschinenspindel und Roboter im Bearbeitungsprozess abwechseln, lässt sich das in einem NC-Programm integrieren?
Zoll: Ja. So lässt sich die korrekte Abfolge der Bearbeitungsschritte sichern. Wobei wir den Roboter, wie gesagt, immer in einem zweiten Kanal laufen lassen.
mav: Welche Voraussetzungen muss der Roboter mitbringen?
Zoll: Grundsätzlich lassen sich alle marktüblichen Roboter integrieren. Besonders einfach geht es mit den Systemen unseres Kooperationspartners Kuka. Dort haben wir eine Plug-and-Play-Verbindung geschaffen. Auf Kuka-Seite heißt sie mx Automation – das ist der Stecker. Und auf Sinumerik-Seite heißt sie Run Myrobot/Handling – das ist die Buchse.
mav: Wer profitiert von dieser engen Integration?
Zoll: Vor allem Maschinenhersteller oder Systemintegratoren, die eine Roboterzelle einbinden wollen. Für die ist es wichtig, dass alles möglichst schnell und einfach in Betrieb genommen werden kann.
mav: Es gibt also die Luxusvariante mit Kuka. Was ist mit anderen Roboterherstellern?
Zoll: Wir können heute auch alle anderen Roboter über die herkömmliche PLC-Schnittstelle einbinden. Die entsprechende Technologie Run Myrobot/Easy Connect basiert auf dem von VDW und VDMA definierten Standard zur Anbindung von Robotern oder Handlingsystemen an Werkzeugmaschinen. Das geht übrigens nicht nur mit der Highend-Steuerung Sinumerik 840D sl, sondern jetzt auch mit der kompakten Sinumerik 828D.
mav: Funktioniert die Integration auch mit Fanuc-Robotern?
Zoll: Das funktioniert auch mit Fanuc-Robotern. Dem werden wir uns auch nicht verwehren, weil viele Endkunden von uns Fanuc-Roboter einsetzen. Allerdings werden wir mit unserem Hauptwettbewerber im CNC-Bereich keine Kooperation eingehen, so wie wir es mit Kuka getan haben.
mav: Sehen Sie im CNC-Bereich auch neue Wettbewerber im Anflug, etwa aus China?
Zoll: CNC-Anbieter wie GSK, KND oder Washing, die Sie heute auf dem chinesischen Markt antreffen, wollen sich natürlich technologisch weiterentwickeln und internationaler werden. Deshalb schauen wir uns genau an, wie unsere Wettbewerber in China agieren. Aber viel kritischer als die Player, die ich kenne, könnten die sein, die ich noch nicht kenne – Seiteneinsteiger, die noch nie etwas im Bereich Werkzeugmaschinen gemacht haben und den Markt disruptiv verändern könnten.
mav: Könnte das Thema Digitalisierung zu einer disruptiven Marktveränderung führen?
Zoll: Die Möglichkeit besteht durchaus. Schauen Sie etwa das Thema E-Car an. Wer wird am Ende der große Player sein? Der Hersteller, der fit ist in Automobiltechnik, oder derjenige, der die Daten hat?
mav: Wie wappnen Sie sich gegen Google und Co.? Wie verhindern Sie, dass Siemens das nächste Nokia wird?
Zoll: Als Industrie-Player muss man immer wieder kritisch beleuchten, wo sich Bedrohungsszenarien ergeben könnten, wo ein Unternehmen mit gewissen Fähigkeiten quasi von der Seite einsteigen könnte. Man darf sich nie sicher fühlen und muss immer innovativ bleiben.
mav: Eine Reihe von Maschinenherstellern versucht, sich über die CNC mit eigenen Bedienoberflächen und -konzepten vom Wettbewerb abzuheben. Beispiele sind Celos von DMG Mori oder Smooth X von Mazak. Ist das ein Trend?
Zoll: Ich sehe das nicht als flächendeckenden Trend. Aber es gibt Werkzeugmaschinenhersteller, die diese Strategie verfolgen – einige haben Sie schon genannt. Dahinter steht der Wunsch, an der Maschine Zugriff auf weitere Funktionen zu bieten. Celos von DMG Mori beispielsweise integriert zusätzlich Datenverarbeitung, Auftragsbearbeitung, Programmverwaltung, Werkzeugverwaltung, und so weiter. Für den Maschinenhersteller bietet das die Chance, um diese Plattform herum ein Ökosystem aufzubauen. Der Kunde kauft beim nächsten Mal dann wieder eine DMG-Maschine, weil die in dieses System reinpasst. Wir unterstützen diese Entwicklungen, haben in diesem Bereich intensiv mit DMG Mori zusammengearbeitet und tun das auch mit anderen Herstellern.
mav: Konterkariert das nicht Ihre eigene Bedienphilosophie?
Zoll: Keineswegs. Unser Gesicht ist ja nach wie vor zu sehen, sobald Sie anfangen zu programmieren. Dann befinden Sie sich in Sinumerik Operate. Das ist sozusagen die wichtigste App, die auf Celos läuft – und ja auch die meiste Zeit verwendet wird.
mav: Sie haben das Additive Manufacturing als wichtiges Thema für die EMO erwähnt. Welche Steuerungstypen kommen bei solchen Anlagen zum Einsatz? Ist das auch ein Fall für die Sinumerik?
Zoll: Der Maschinenhersteller muss abwägen, welche Funktionalität er braucht. Wenn er eigentlich nur digital ein- und ausschalten muss, dann reicht eine einfache PLC. Wenn das Verfahren aber eine Bahninterpolation benötigt, Hochgeschwindigkeits-Spiegelverstellung oder Ähnliches, dann braucht er ein leistungsfähiges offenes Motion Control System. Das bringt die Sinumerik-CNC mit. Bei den Hybridmaschinen von DMG Mori etwa, die Fräsbearbeitung und Laserauftragsschweißen kombinieren, wird eine Sinumerik eingesetzt.
mav: Welche Softwaresysteme können überhaupt Bearbeitungsprogramme für additive Verfahren erstellen?
Zoll: Das ist sehr anspruchsvoll für die CAD/CAM-Hersteller. Die ganzen Fräs- und Drehstrategien haben sich ja immer auf das Abtragen bezogen. Jetzt wird Auf- und Abtragen kombiniert. Das ist nicht trivial. Es gibt intensive Entwicklungen bei Siemens im Bereich PLM Software. Bei der Lasertec 65 3D von DMG Mori etwa kommt NX zum Einsatz – mit den entsprechenden Erweiterungen.
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