Wenn mich jemand nach dem Technik-Hype des Jahres fragt, dann werde ich wohl sagen müssen: Das ist die künstliche Intelligenz. Ob in der Fertigung, in der Qualitätssicherung oder in der Automatisierungstechnik – das Thema ist einfach omnipräsent. Dabei setzen nur gut 13 % der deutschen Unternehmen KI tatsächlich produktiv ein, so eine Umfrage des Ifo-Instituts von August vergangenen Jahres. Aber das Potenzial sehen fast alle. Und natürlich auch wir, die Medienunternehmen, nutzen den digitalen Kollegen, und wenn auch nur als Stichwortgeber. Es ist ein Spielfeld, auf dem beide Seiten ständig dazulernen. Früher hat man sich bei der Abfrage einer Datenbank – was die KI ja letztlich ist, nur unterfüttert mit neuronalen Netzen – an die Struktur der Software angepasst, die Syntax einer Query gelernt, etc. Jetzt will diese plötzlich mit mir kommunizieren, wie ein Mensch das tut. Das ist schon eine ganz neue Art, mit Maschinen umzugehen. Und ich bin immer noch unschlüssig, ob ich mir viele Dinge, die der Chatbot so ausspuckt, nicht auch wie gewohnt „ergoogeln“ hätte können. Von konkreten Fertigungsproblemen mal ganz abgesehen.
Da kommt Gienie gerade recht. Dabei handelt es sich natürlich nicht um den hübschen Flaschengeist ähnlichen Namens, der seinerzeit den TV-Astronauten Tony Nelson auf Trab hielt. Es geht vielmehr um einen KI-Chatbot der Schweizer Firma Orderfox, der auf der Bedienoberfläche von Open AI aufsetzt und spezifische Fragen zu Marktsituation und Anbietern für Fertigungsunternehmen beantworten soll. Das B2B-KI-Tool des Online-Fertigers stützt sich dabei auf eine Datenbank von über 250 000 Maschinen und 120 000 Herstellern. Es kann jetzt als Beta-Version getestet werden und das habe ich auch gleich gemacht. Ich habe den Bot z. B. mal gefragt, welche Hersteller Lösungen zur Bearbeitung von Batteriegehäusen für E-Fahrzeuge anbieten. Zu unspezifisch, hat er mir geantwortet. Könne man das nicht regional eingrenzen? Ok., Punkt für Dich! Dann eben aus Deutschland. Und siehe da, er hat nicht nur eine Reihe bekannter Hersteller genannt, auf die ich vielleicht auch so gekommen wäre, sondern auch einige dedizierte Maschinenmodelle für diesen Zweck. Und auch noch eine Handvoll Fertigungsunternehmen, die sich in diesem Bereich positionieren.
Klar, gegen ein fundiertes Messegespräch mit einem Brancheninsider können solche Tools wohl noch nicht „anstinken“. Aber sie werfen doch spannende Fragen auf. Was geschieht, wenn sie aus vielen Anfragen von Anwendern Stück für Stück dazulernen? Wenn sie aus dem gesammelten Prozesswissen unzähliger Zerspaner schöpfen können? Werden sie dann in der Lage sein, für ein spezifisches Fertigungsproblem eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Lösung vorzuschlagen? Oder doch nur die legendäre „42“? Wird es also eines Tages den Dr. Allwissend der Zerspanung im Netz geben? Gut möglich. Aber wahrscheinlich werde ich dann in Rente sein.
