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Betriebsartenwahl – aber sicher

Elektronische Schlüsselsysteme ermöglichen Zugangskontrolle
Betriebsartenwahl – aber sicher

Nahezu alle Maschinen verfügen über einen Betriebsartenwahlschalter – meist in Form eines Schlüsselschalters. Künftig wird jedoch vermehrt eine sicherheitstechnische Bewertung gefordert werden, da beim Umschalten von einer Betriebsart in eine andere verschiedene sicherheitstechnische Einrichtungen – dazu zählen u. a. Schutztüren, Zustimmschalter, reduzierte Geschwindigkeiten oder die Abschaltung einzelner Maschinenfunktionen – an der Maschine zu- und abgeschaltet werden.

Einige Normen, beispielsweise für Dreh- und Schleifmaschinen, verlangen diese Bewertung bereits heute. Ein solches Umschalten zwischen unterschiedlichen Sicherheitseinrichtungen muss einen Performance Level (PL) nach EN ISO 13849–1 erfüllen. Die C-Normen für Drehmaschinen (EN ISO 23125) und Schleifmaschinen (EN ISO 16089) fordern hierfür bereits einen PL c. Dies gilt auch für die demnächst neu aufgelegte Norm für Fräsmaschinen (EN ISO 16090).

Um einen Betriebsartenwahlschalter normativ beurteilen zu können, müssen seine Bestandteile betrachtet werden. Bei einem Schlüsselschalter ist dies zunächst der Schlüssel selbst. Er ist im Sinne der EN ISO 13849–1 kein sicherheitsrelevantes Teil, denn für die Norm bedeutet „Sicherheit“ den Schutz des Menschen vor der Maschine bzw. vor einem Unfall mit der Maschine (Englisch: Safety oder Functional Safety). Ein Schlüssel verhindert jedoch lediglich den unberechtigten Zugriff auf die Maschine und dient zum Umschalten von einer Betriebsart in die andere. Dafür gibt es derzeit keinen eigenen Begriff und keine Norm. Allerdings werden künftige C-Normen für diese Form der Sicherheitstechnik den englischen Begriff Security verwenden.
Da die EN ISO 13849–1 für die Beurteilung der Security nicht zuständig ist, muss der Schlüssel selbst demnach nicht nach der Norm bewertet werden. Der Anhang I der Maschinenrichtlinie fordert jedoch, dass entweder ein Schlüsselschalter verwendet oder auf andere Weise der Zugang zur Betriebsartenwahl auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt werden muss. Damit muss auch der Schlüssel einem gewissen Sicherheitsniveau entsprechen.
Bei klassischen Schlüsseln, die üblicherweise ständig an den Maschinen stecken, ist dies nicht gegeben, da sie praktisch jedem Zugang zur Betriebsartenwahl ermöglichen. Auch der Zugangsschutz per Passwort ist nicht wirklich sicher. Häufig klebt eine entsprechende Notiz direkt an der Maschine oder im Schaltschrank. Damit ist ein echter Schutz vor unbefugtem Zugriff auf die Maschine ausgeschlossen.
Die elektronische Zugangsbeschränkung
Die bessere, weil sicherere Alternative ist eine elektronische Zugangsbeschränkung. Euchner bietet hierfür beispielsweise das Electronic-Key-System EKS an. Das EKS ist ein auf Transpondertechnologie basierendes System aus einer Schreib-Lesestation und einem oder mehreren Schlüsseln mit programmierbarem Speicher. Es dient der elektronischen Zugriffsverwaltung bzw. -kontrolle und bietet darüber hinaus die Möglichkeit weitere Informationen und Daten wie z. B. Prozessparameter oder Funktionen auf dem Schlüssel zu speichern und an die Steuerung zu übermitteln. Das EKS erfüllt alle normativen- und gesetzlichen Anforderungen für ein Zugangssystem zur Betriebsartenwahl. In der Ausführung FSA (For Safety Application) kann mit dem System auch ein Touchpanel als eine sichere Betriebsartenwahl realisiert werden – sogar mit PL e.
Immer häufiger bilden Touchpanels die Schnittstelle zwischen dem Bediener und den Maschinen und Anlagen. Sie erleichtern die Bedienung und gestatten die Integration zahlreicher zusätzlicher Funktionen inklusive benutzerindividueller Darstellung. Damit liegt es nah, auch die Betriebsart einer Maschine ausschließlich über den Touchscreen auszuwählen. Da ein Touchpanel jedoch sicherheitstechnisch nicht bewertet werden kann, müssen andere Mechanismen greifen.
Euchner hat hierfür ein Verfahren entwickelt, mit dem eine Betriebsartenwahl per Touchpanel möglich ist und das bereits von der IFA (Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) geprüft und bestätigt wurde. Bei diesem System initiiert das Einstecken des EKS Schlüssels in die Schlüsselaufnahme des EKS FSA einen Impuls, der in der sicheren Steuerung einen vorgegebenen Ablauf startet. In der Folge wird eine Erwartungshaltung an das Touchpanel und an die SPS aufgebaut. Erfolgen innerhalb einer festgelegten kurzen Zeitspanne die richtigen Reaktionen der Steuerung, arbeiten beide Systeme korrekt. Gleichzeitig wird über den Bus ein ausgewähltes Datenwort gesendet, das alle Bedingungen für ein sicheres Bussystem erfüllt. Dabei sind die Datenmuster für die verschiedenen Zugangsstufen zur Betriebsartenwahl so gewählt, dass eine Verfälschung mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit erkannt wird.
Die Norm fordert zudem eine zweimalige Parametereingabe mit unterschiedlichen Eingabemechanismen. Diese Methode ist von PCs gut bekannt: Hier folgt auf eine Eingabe häufig die Frage, ob die Aktion wirklich durchgeführt werden soll. Bei der Betriebsartenwahl hat diese Frage eine sicherheitstechnische Bedeutung. Zusammen mit den Prüfmechanismen, die durch den zweiten Kanal des EKS über LA gestartet wurden, erfüllt ein Touchpanel dann den PL e.
Berechtigte Verwendung nachweisbar
Durch die Verwendung des EKS wird eine sehr hohe Qualität der Zugangsbeschränkung erreicht. Auf diese Weise kann der Maschinenbetreiber im Falle eines Unfalls die berechtigte Verwendung eines Schlüssels nachweisen. Der Maschinenhersteller profitiert vom EKS durch die sehr einfach Erfüllung der Forderung der Maschinenrichtlinie nach einer Beschränkung des Anwenderkreises.
Zudem können vom Maschinenhersteller angebotene Schulungen auf dem EKS-Schlüssel des Betreibers dokumentiert werden. Das ist vor allem bei den beiden neuen Betriebsarten „Automatikbetrieb mit manuellem Eingriff“ sowie „Service“ notwendig. Sie wurden zusammen mit der Beschreibung der Betriebsartenwahl in den C-Normen eingeführt, da in beiden Betriebsarten die Arbeit an der Maschine besonders gefährlich ist und ein spezielles Risikobewusstsein voraussetzt. Dieses kann der Hersteller den Mitarbeitern seiner Kunden in Schulungen vermitteln. Nur geschulte Personen erhalten einen passenden elektronischen Schlüssel für das EKS.
Gerade die neue Betriebsart „Service“, die den Aufbau und andere Servicearbeiten vorsieht und legalisiert, und die eigentlich jeder Hersteller in seinen Maschinen vorsehen muss, ist besonders gefährlich. Deshalb sollte ein Endanwender diese Betriebsart nie wählen können. Elektronische Schlüsselsysteme empfehlen sich für diesen Einsatz, da sie kopiergeschützt und zudem manipulationssicherer sind als Passwörter oder mechanische Schlüssel.
Die Regelungen der C-Normen werden sicherlich auf andere Maschinentypen übertragen werden. Der sicherheitstechnische Vorteil ist so groß, dass die Akzeptanz derzeit stark steigt. Insbesondere die Legalisierung der Betriebsart Service und die Möglichkeit bei Automatikbetrieb manuelle Arbeiten durchführen zu können sind sehr wichtig. ■
Euchner GmbH + Co. KGwww.euchner.de

Umschalten zwischen Betriebsarten

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Ein einfaches Beispiel einer Maschine mit nur zwei Betriebsarten (Automatik- und Einrichtbetrieb) verdeutlicht die Problematik bei der Betriebsartenwahl: Im Automatikbetrieb ist als sicherheitstechnische Einrichtung eine Schutztür im Einsatz, die mit einem Sicherheitsschalter abgesichert ist. Wird die Tür geöffnet, schaltet die Maschine ab und geht in einen sicheren Zustand über. Für die Inbetriebnahme im Einrichtbetrieb muss die Maschine jedoch auch bei offener Schutztür eingeschaltet bleiben – allerdings nicht mit allen Funktionen des Automatikbetriebs. Dazu wird die Betriebsart der Maschine auf Einrichten umgeschaltet. In dieser Betriebsart wird der Sicherheitsschalter an der Schutztür überbrückt, damit die Maschine in Betrieb genommen werden kann. Gleichzeitig wird als sicherheitstechnische Einrichtung ein Zustimmtaster verwendet und steuerungstechnisch auf eine sicher reduzierte Geschwindigkeit umgeschaltet. Zudem sind nicht mehr alle Achsen und Funktionen in Betrieb.
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