Startseite » Robotik, Montageautomation »

Werkzeugmaschine und Automation – das perfekte Paar

Bedienerlos lässt sich produktiver, zuverlässiger und profitabler fertigen
Werkzeugmaschine und Automation – das perfekte Paar

Fachkräftemangel, 100-Prozent-Qualitätsanspruch und Industrie 4.0: Vor diesen Herausforderungen stehen Fertigungsbetriebe aktuell. Bewältigen lassen sie sich mit Automation. Das Spektrum der verfügbaren Lösungen ist breit und reicht vom einfachen Mehrfachspanner oder Stangenlader bis hin zur internen oder externen Roboterzelle. Abhängig von Losgröße und betrieblichem Umfeld, lässt sich so heute nahezu jede Fertigung automatisieren. Autor: Konrad Mücke

„Nur mit Automatisierung können wir die nächsten Jahre wettbewerbsfähig produzieren, in der Automation liegt die Zukunft“, konstatiert Beat Schiltknecht. Er leitet beim Präzisionsfertiger Tschudin + Heid im Schweizer Waldenburg die Fertigung. So wie er schätzen in der metallbearbeitenden Industrie sehr viele Führungskräfte die Entwicklung ein. Jens Lüdtke, Leiter Consulting und Anwendungsspezialist beim Softwareunternehmen Tebis, analysiert die aktuelle Situation: „Es steht immer weniger Fachpersonal zur Verfügung. Auftraggeber verlangen immer höhere und gesicherte Qualität. Allerdings wollen sie dafür nicht mehr als bisher bezahlen.“

Abhängig von der Bearbeitungszeit lohne sich eine Automation mit Robotern schon bei kleinsten Losgrößen, fügt Martin Hämmerle von Walter Maschinenbau in Tübingen hinzu. Winfried Michael Geiger, Markt Segment Manager Machine Tool bei Kuka, stellt die wirtschaftlichen Vorteile heraus: „Ein Roboter verlängert die tägliche Produktionszeit eines Bearbeitungszentrums mannlos von 16 auf 24 Stunden und steigert somit die Produktivität um satte 50 Prozent.“
Diese Einschätzungen machen deutlich: An Automation führt künftig kein Weg vorbei. Vom Bandförderer und Palettenkarussell über Portal- und Knickarmroboter bis zum Flexiblen Fertigungssystem mit Palettenregal und Leitrechner – Fertigungsbetrieben steht ein breites Spektrum an Automationslösungen zur Verfügung. Abhängig von Losgrößen und betrieblichem Umfeld lässt sich heute nahezu jede Fertigung wirtschaftlich automatisieren. Das betrifft den Kleinbetrieb mit Einzel- und Kleinserienfertigung ebenso wie mittlere und große Unternehmen, die als Zulieferer Massenteile beispielsweise für die Automobilindustrie produzieren.
Auf den Bedarf zugeschnitten
„Jeder Betrieb muss individuell abwägen, welche Automationslösung zu seinen Forderungen optimal passt“, erläutert Lüdtge. „Das beginnt bei Mehrfachaufspannung von Werkstücken, geht über Palettensysteme mit manuellem oder automatischen Palettenwechsel und reicht bis zu Maschinen, die mit Robotern, Linearsystemen oder in einem Flexiblen Fertigungssystem verkettet sind.“
Als erste Ausbaustufe einer Automation haben sich unter anderem Stangenlader für Langdrehmaschinen (unter anderem von FMB, LNS, Breuning Irco), Bandförderer für vertikale Drehmaschinen (zum Beispiel bei Emag und Leistritz), Spanntürme mit Mehrfachspannung, Palettenkarussells und Palettenregale mit Palettenwechslern für Bearbeitungszentren (sämtliche Hersteller von BAZ wie etwa Haas, Matsuura, DMG Mori, FFG, MAG, Grob, Liebherr) bestens bewährt.
Für länger andauernde bedienerlose Zeiten hat zum Beispiel Emag sein Automationssystem Trackmotion konzipiert. Es besteht aus Zu- und Abfuhrbändern zum Puffern von Rohlingen und bearbeiteten Bauteilen sowie aus einem Schienensystem (Track) mit dem Hub-Wendewagen Translift. Letzterer fährt auf der Schiene, hebt, transportiert und wendet Werkstücke. Somit können Bauteile auch in Stapeln (Stackern) zu- und abgeführt sowie Mess- und Bearbeitungsstationen im Arbeitsbereich des Translifts integriert werden.
Mehr Speicherplätze für längere Zeiten bedienerloser Fertigung bietet das kompakte Rotationsladesystem RLS von Liebherr. Kurzfristig wechselnd lassen sich unterschiedliche Paletten in die bis zu zwei integrierbaren Bearbeitungszentren einwechseln.
Flexible Fertigungssysteme mit Palettenlager für Roh- und Fertigteile, Regalbediengerät zum Transport der Werkstückpaletten, mehreren Rüstplätzen und Bearbeitungsmaschinen, können über längere Zeiträume, gesteuert von einem Leitrechner, bedienerlos fertigen. Diese Automation, hergestellt unter anderem von Promot, Resolfe oder Fastems, bietet eine sehr weitgehende Datenintegration, die den Forderungen des Konzepts Industrie 4.0 entspricht.
Flexibel und einfach programmierbar: Portale
Überwiegend für Drehzentren bieten Maschinenhersteller wie DMG Mori, Index, Traub, Gildemeister, Benzinger, oder Emco und Systemhäuser für Automation Portalroboter. „Portalsysteme nutzt man bevorzugt, um mehrere Maschinen zu verketten“, erläutert Niko Lambarki, bei Handlingtech Automations-Systeme zuständig für den Technischen Vertrieb. „Weitere Stationen, zum Beispiel zum Wenden der Werkstücke, zum Messen und Prüfen, zum Reinigen und Abblasen, zum Kennzeichnen oder für Zusatzbearbeitungen, können in die Automation integriert werden.“
Portale greifen von oben in den Arbeitsraum der Maschinen. Kombiniert mit beispielsweise Bandförderern oder Palettensystemen, können sie rund um die Uhr (24/7) bedienerlos produzieren. Sie lassen sich einfach programmieren. Das ermöglicht auch weniger trainiertem Personal, die Arbeitsabläufe flexibel den jeweiligen Erfordernissen entsprechend anzupassen.
Wirtschaftlich und universell: Industrieroboter
„Heute werden Industrieroboter immer kostengünstiger“, nennt Lambarki eine Alternative, die im Trend liegt. „Sie übernehmen Arbeiten, die den Mensch überlasten, seine Gesundheit gefährden oder für die ein Bediener zu langsam ist.“ Ein breites Spektrum unterschiedlicher Industrieroboter gibt es von Herstellern wie Kuka, Fanuc, ABB, Stäubli, Comau oder Yaskawa. Vor allem kleinere Varianten für wenige Kilogramm Traglast eignen sich ideal, um Werkzeugmaschinen zu automatisieren.
Für eine hohe Akzeptanz haben mehrere Hersteller inzwischen das Programmieren der Geräte erheblich vereinfacht. Einem Tablet-PC ähnliche Handbedien- und Programmierterminals führen den Programmierer situationsbezogen im Klartextdialog. Bei einigen Robotern lassen sich anzufahrende Positionen durch manuelles Führen des Roboterarms einfach teachen. Andere Hersteller ermöglichen das Einlesen von Roboterprogrammen, die zuvor extern mit Hilfe von CAD/CAM- und Simulationssystemen generiert wurden.
„Mit der Schnittstelle Run Myrobot/Machining haben Kuka und Siemens eine einmalig komfortable Roboterprogrammierung verwirklicht“, sagt Geiger. Alle Funktionen und Abläufe einer Roboterzelle können an der CNC-Steuerung der Bearbeitungsmaschine im gewohnten G-Code zeilenorientiert programmiert werden. Bearbeitungszentren wie beispielsweise HBZ Trunnion von Handtmann sind bereits mit diesem System ausgestattet. Wie Geiger berichtet, hat das die Akzeptanz bei den Maschinenbedienern sowie die Flexibilität und die Produktivität deutlich erhöht. Zudem trägt die integrierte Steuerung entscheidend dazu bei, Industrie 4.0 in der spanenden Fertigung zu realisieren.
Ähnlich vereinfacht und komfortabel lassen sich Roboter mit der Software Motologix von Yaskawa programmieren, bei der alle Roboterfunktionen über standardisierte SPS-Programmblöcke aufgerufen werden. Eine vollständig integrierte Lösung bietet auch die Fertigungszelle Robodrill Plus von Häberle, Laichingen. Sie besteht ausschließlich aus Komponenten von Fanuc (Werkzeugmaschine Robodrill mit CNC, Roboter LR Mate 200iD). Sämtliche Funktionen werden allein über das CNC-Bedienfeld programmiert und bedient.
Auf Prozesse abgestimmt: Maschinenhersteller
Automationslösungen von Maschinenherstellern haben einige Vorteile, wie Hämmerle ausführt: „Bei Komplettlösungen trägt der Maschinenhersteller die Gesamtverantwortung für das Automationsprojekt. Alle Komponenten sind auf den Bedarf an Werkstücken, Bearbeitungen und Bearbeitungszeiten abgestimmt.“ Solche Automationszellen gibt es von Maschinenherstellern für Bearbeitungs-, Dreh- und Schleifzentren. Dazu zählen unter anderem Hermle, Stama, DMG, Chiron, Liebherr, Grob, Alzmetall, Spinner, Emco, Walter und Ewag. Die Roboter zum Be- und Entladen von Paletten oder einzelnen Bauteilen befinden sich in der Maschine, stehen oder hängen in separaten Plattformen.
Turnkey-Lösungen, also standardisierte Zellen, zum Beispiel DMG Mori System WH, Stama StarC50 oder Chiron Flexcell Uno, beinhalten vielfach bewährte Technologie, sind kurzfristig verfügbar und lassen sich rasch in Betrieb nehmen. Allerdings ist das jeweilige Automationssystem nur im Rahmen definierter Prozesse nutzbar. Ändern sich die Forderungen deutlich, ist meist eine Ersatzinvestition unumgänglich.
Für kundenspezifische Lösungen: Automationsanbieter
Auch die Zusammenarbeit mit Automationsanbietern kann von Nutzen sein. „Auf Automation spezialisierte Anbieter verfügen über maschinen- und branchenübergreifende Erfahrungen“, erläutert Stephen Ackermann von FMB Maschinenbau in Faulbach. „Sie nutzen eine große Vielfalt unterschiedlicher Technologien, um die exakt auf das individuelle Umfeld des Fertigungsbetriebs abgestimmte Automatisierung zu verwirklichen.“
Automationsspezialisten – unter anderem HBI Robotics, Handlingtech, FMB, Fastems, Wenger, FCG, Roboter Solutions, Midaco oder Zeroclamp – konzipieren und realisieren universelle Roboterzellen. Sie sind meist für kleinere, häufig nur wenige Gramm oder Kilogramm leichte Werkstücke ausgelegt, bilden eine kompakte Einheit und werden auf Schienen oder anderweitig beweglich und positionierbar vor oder neben Dreh-, Fräs-, Schleif- und Erodiermaschinen aufgestellt. Üblicherweise beinhalten sie den Roboter und einen Palettenspeicher. Alternativ bedienen sie auch externe Palettenspeicher, unter anderem von Lang, Erowa oder Hirschmann.
Über standardisierte Schnittstellen werden die Roboterzellen mit den CNC-Steuerungen der Bearbeitungsmaschinen vernetzt. Für die zu bedienenden Prozesse erstellen die Systemhäuser jeweils aus modularen Softwarebausteinen individuell angepasste Software. Diese führt den Maschinenprogrammierer im Dialog beim Programmieren und Bedienen der Anlage.
Solche standardisierten Roboterzellen sind flexibel einsetzbar, kostengünstig und kurzfristig verfügbar. Laut HBI-Geschäftsführer Harald Bader erschließen Roboterzellen auch kleinen und mittelständischen Fertigungsbetrieben zukunftsweisende Automationslösungen: „Wegen günstiger Investitionskosten und hoher Produktivität im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten sie innerhalb kürzester Zeit profitabel.“ Zudem lassen sich kundenspezifisch ergänzende Bearbeitungsstationen sowie Mess- und Prüfstationen zur fertigungsnahen 100-Prozent-Qualitätssicherung integrieren. Die Nebenzeiten der Werkzeugmaschine werden somit produktiv genutzt.
Als Besonderheit integrieren einige Automationsspezialisten, wie HBI Robotics, 3D-Kameras, um ungeordnet abgelegte Bauteile aus Behältern zu greifen und orientiert zuzuführen – der so genannte Griff in die Kiste (Bin-picking). Mit Robotern von Fanuc und der Software IR Vision gelingt dies schnell und einfach. Die automatische Werkstückerkennung ist bereits in die Robotersteuerung integriert. Mit Robotern anderer Hersteller werden unterschiedliche 3D-Kamerasysteme kombiniert, für die individuell Software erstellt wird. ■

Schnell amortisiert

40190714

„Universelle. standardisierte Roboterzellen amortisieren sich meist schon innerhalb weniger Monate.“

Kostengünstig und sicher

40190715

„Als Lohnfertiger bevorzugen wir ein mechanisches Be- und Entladesystem mit Palettenspeicher. Es ist äußerst kostengünstig, arbeitet zuverlässig und sicher und erfordert keinerlei Programmierkenntnisse.“

Individuelle Lösungen

40190716

„Auf Automation spezialisierte Anbieter bieten individuelle, auf die Forderungen der Kunden abgestimmte, besonders wirtschaftliche Lösungen, die auch nachträglich noch – zum Beispiel mit Messstationen – erweitert und angepasst werden können.“
Aktuelle Ausgabe
Titelbild mav Innovation in der spanenden Fertigung 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Trends

Aktuelle Entwicklungen in der spanenden Fertigung

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Alle Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de