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Schlanke Automation

Effiziente Lösungen für die Maschinenbeladung
Schlanke Automation

Wenn es um die automatisierte Beladung von Werkzeugmaschinen geht, denken Anwender schnell an Roboter, Portale oder Palettiersysteme. Assa Abloy hingegen wählt die schlanke Alternative: Zur Fertigung hochwertiger Gehäuse von Sicherheitstüröffnern am Standort Albstadt nutzt der Hersteller und Lieferant von Schließlösungen und Sicherheitssystemen spezielle Greifer und Reinigungsgeräte, die direkt über die maschineneigenen Achsen verfahren werden.

Beinahe 400 Teile in zweieinhalb Tagen mannloser Laufzeit – das Matsuura Horizontal-Bearbeitungszentrum H.Plus-300 bei Assa Abloy in Albstadt ist ein All-Inclusive-Dauerläufer, der im betrieblichen Alltag so selten die Aufmerksamkeit des Bedieners er-fordert, dass man ihn glatt vergessen könnte. Sämtliche Werkstücke sind in zwei Türmen magaziniert, werden jeweils einzeln in einem Schunk Tandem Kraftspannblock gespannt und können dank einer mechanischen fünften Achse komplett bearbeitet werden.

Alles, was zum Werkstückhandling erforderlich ist – ein GSW Greifer mit Schaftschnittstelle und ein RGG Reinigungsgerät von Schunk – wurde vollständig in die Maschine integriert. Lean Automation nennt der Hersteller das budgetschonende SB-Programm: Statt aufwändig in Peripherie zu investieren, lassen sich mit den Modulen all die Dinge nutzen, die bereits in Werkzeugmaschinen vorhanden sind: die Verfahrwege der Spindel, die Werkzeugaufnahmen, die Versorgung mit Druckluft oder Kühlschmiermittel (KSS) sowie das Werkzeugmagazin.
Angetrieben werden die Greifer entweder mit KSS oder, wie bei Assa Abloy, mit Druckluft, die intern über die Schaftschnittstelle des Verbindungsmoduls zugeführt wird. Zum Beladen der Maschine fährt der in einen herkömmlichen Werkzeughalter gespannte Greifer mithilfe der Achsen zum Werkstückmagazin, holt das Feingussteil ab und setzt es in den Kraftspannblock ein. Anschließend wird die komplette Einheit aus Greifer, Verbindungsmodul und Aufnahme im Werkzeugmagazin abgelegt. Ist die Bearbeitung abgeschlossen, wechselt die Maschine den Greifer wieder ein, transportiert das fertig bearbeitete Teil zurück ins Werkstückmagazin, und der Zyklus beginnt von vorn.
Die Anwesenheit und Position der Werkstücke sowie deren Maßhaltigkeit werden kontinuierlich über einen Renishaw Messtaster abgefragt, und N.i.O.-Teile werden automatisch ausgeschleust.
Das Teilespektrum, das auf der Maschine gefertigt wird, umfasst vier Grundgehäuse in insgesamt 34 Varianten. Schlank automatisieren heißt also keineswegs auf Varianz verzichten zu müssen. Im Vergleich zur früheren Fertigung des identischen Teilespektrums auf zwei 5-Achs-Bearbeitungszentren ist die Wirtschaftlichkeit sprunghaft gestiegen. Das liegt zum einen am günstigeren Maschinenstundensatz des Horizontal-Bearbeitungszentrums, zum anderen am deutlich reduzierten Personaleinsatz. Während früher jedes Werkstück einzeln auf einer Palette gerüstet werden musste und die Kapazität des Palettenspeichers für allenfalls acht Stunden ausreichte, bestückt der Bediener heute nur noch alle zwei Tage die beiden Werkstückmagazine. „Allein durch den Verzicht auf die Paletten haben wir bei der neuen Lösung schon rund 250 000 Euro eingespart“, freut sich Produktionszellenleiter Roland Daiber. „Umgekehrt mussten wir für Greifer, Spanner und Schwenkteller nur rund 50 000 Euro investieren.“
Handling komplett in Maschinensteuerung hinterlegt
Walter Böger, in Albstadt zuständig für die Betriebsmittelkonstruktion, sieht zusätzlich qualitative Vorteile: „Wenn jedes Teil einzeln in unterschiedlichen Aufnahmen gespannt wird, hat jede Aufnahme ihre eigenen Toleranzen. Bei der neuen Lösung hingegen ist der Bezugspunkt im Spannblock immer gleich.“
Der kompakte federgespannte Kraftspannblock Tandem KSF plus verfügt gleichermaßen über Spannkraft und Präzision. Sein einteiliger, steifer Grundkörper, eine Keilhakenkinematik sowie lange, geschliffene Backenführungen sorgen für konzentrierte Spannkräfte. Die hohe Wiederholgenauigkeit von bis zu 0,01 mm stellt zugleich exakte Ergebnisse sicher.
Indem die Werkstücke bei Assa Abloy über einen Konus eingezogen werden, ist gewährleistet, dass die Teile korrekt anliegen. Über den Messtaster wird anschließend der Nullpunkt geholt, so dass die Toleranzen von bis zu 0,05 mm zuverlässig eingehalten werden. Da lediglich zum Öffnen des Spannblocks Druckluft anliegen muss, bleibt das Teil während der Bearbeitung auch dann sicher gespannt, wenn es zu einem plötzlichen Ausfall des Druckluftsystems kommen sollte. Eine optimierte Außenkontur sowie minimale Spaltmaße verhindern, dass sich Schmutznester bilden oder Späne und Staub in die Spanner eindringen.
Anhand der Vorgaben zum Maschinenraum und zum Bearbeitungsbereich hat Böger die Spann- und Magazintürme konstruiert. Zusätzliche M-Funktionen in der Maschinensteuerung ermöglichen einen präzisen Ablauf des Teilehandlings. Mit dieser erweiterten Funktionalität war die Einbindung des Kraftspannblocks sowie der Greifer und des Reinigungsgeräts denkbar einfach.
Um zu verhindern, dass sich die Feingussteile bei der Entnahme oder der Ablage im Magazin verklemmen, hat das Team um den stellvertretenden Leiter der Produktionszelle 12, Patrick Matysiak, den Ablauf immer weiter verfeinert. So verharrt beispielsweise der Greifer mit dem gerade entnommenen Teil bei jedem Zyklus einen Augenblick unmittelbar vor dem Magazin, um zu gewährleisten, dass das nachfallende Werkstück sauber auf seiner Abholposition zum Liegen kommt, ohne sich zu verkanten oder herauszuspringen.
Sollte es dennoch einmal zu einer Störung kommen, verhindert die Drehmomentüberwachung der Maschine, dass im Falle einer Kollision größere Schäden entstehen. Allenfalls der Aluzapfen des Grundhalters wird in einem solchen Fall beschädigt.
Um die Prozessstabilität im mannarmen Betrieb zu gewährleisten, nutzt Assa Abloy zur Reinigung der Werkstücke, des Kraftspannblocks und des Arbeitsraums das Reinigungsgerät RGG. Wie der Greifer wird es über eine Schaftschnittstelle mit einem Werkzeughalter verbunden und im Werkzeugmagazin abgelegt. Ein kleines Steuerprogramm genügt, um in Sekundenschnelle alle relevanten Bereiche des Arbeitsraums von Spänen zu reinigen. Aus sechs Düsen tritt dazu am Kugelkopf des Reinigungsgeräts jeweils ein kräftiger Strahl Kühlschmiermittel aus. Alternativ kann das RGG auch mit Druckluft betrieben werden. Neben dem Spindelgreifer und dem Reinigungsgerät umfasst Schunks Lean Automation Programm auch Vakuumgreifer, Magnetgreifer und Ausgleichseinheiten.
Prinzip lässt sich auf andere Anwendungen übertragen
Gerade für die Fertigung in einem Hochlohnland birgt die Idee der schlanken Automation großes Potenzial. „Innerhalb der Assa Abloy Gruppe steht der Standort Albstadt mit zahlreichen anderen Standorten, aber auch mit externen Anbietern im Wettbewerb“, erläutert Daiber. „Um Aufträge zu generieren, spielen derart effiziente Lösungen eine entscheidende Rolle.“ Gezielt fahndet er daher mit seinen Kollegen nach Effizienzpotenzialen. „Wenn eine Maschine selbst in der Lage ist, das Handling zu übernehmen, brauche ich keinen Roboter“, stellt Matysiak heraus. Umgekehrt mache der Robotereinsatz dort Sinn, wo sehr unterschiedliche Teile auf ein und derselben Maschine laufen.
Mittlerweile plant Daiber das dritte Lean Automation Projekt mit Schunk Spindelgreifern, diesmal bei der Fertigung von Schließblechen. Der Erfolg gibt ihm Recht: Beim sogenannten Lean Assessment innerhalb der Gruppe erzielte der fast 400 Mitarbeiter starke Standort Albstadt im Jahr 2014 den Gold-Status und damit Platz Eins im Vergleich zu den anderen Produktionsstandorten in ganz Europa, dem Nahen Osten und Afrika. ■
Schunk GmbH & Co. KGwww.schunk.com
Assa Abloy Sicherheitstechnik GmbHwwww.assaabloy.de
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