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Liebherr: „Automation lohnt auch für kleine und mittlere Losgrößen“

Interview: Stefan Jehle, Liebherr-Verzahntechnik GmbH
„Automation lohnt auch für kleine und mittlere Losgrößen“

Liebherr bietet ein breites Spektrum an Automatisierungslösungen, das von Linearrobotern bis hin zu Palettenhandhabungssystemen reicht. Wie das Unternehmen im Bereich Automation verstärkt kleinere und mittlere Losgrößen adressiert und warum man das mit einer Factory Tour untermauert, sagt Stefan Jehle, Vertriebsleiter Automationssysteme bei Liebherr.

Das Interview führte: Armin Barnitzke

mav: Wie positioniert sich Liebherr im Bereich Automation?

Jehle: Liebherr bietet je nach Bedarf Lösungen für ein breites Anwendungsspektrum – von Losgröße 1 bis hin zur Massenfertigung. Der Kunde bekommt von uns dabei als Gesamtpaket eine Komplettlösung aus einer Hand. Besonders hilfreich ist das gerade für Einsteiger im Bereich Automation ohne eigene Erfahrung. Mit unser eigener Bin-Picking-Softwarelösung besitzen wie besondere Technologiekompetenz im Bereich Teileerkennung und Handling von unsortierten beziehungsweise lageungenauen Teilen. Und durch unsere Komplettsysteme für die Batteriepackmontage gestalten wir den Wandel zu einer CO2-neutralen Mobilität mit.

Wie hat sich der Automationsbereich bei Liebherr während Corona entwickelt?

Jehle: Der Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 war durch starke Zurückhaltung und Verunsicherung gekennzeichnet. Seit Anfang 2021 ist eine deutliche Erholung erkennbar, jedoch noch nicht auf dem Niveau der Vorjahre. Wir bemerken einen Rückgang im Bereich klassischer Verbrennerkomponenten – etwa Zylinderkopf oder Kurbelwelle – und einen gleichzeitig steigenden Bedarf im Bereich E-Mobilität – etwa bei Batterien und elektrischen Antrieben. Wir gehen davon aus, dass sich der Markt vollständig erholt und weiter wächst, vor allem getrieben durch den dynamisch wachsenden E-Mobilitätsmarkt sowie die notwendige Flexibilisierung im Bereich mittlerer und kleiner Losgrößen.

Wie verteilen sich denn die Automationskunden bei Liebherr aktuell in Sachen Großserie versus Werkstückmix ?

Jehle: Aktuell etwa ein Drittel Werkstückmix und zwei Drittel Serie. Aber Tendenz steigend bei Mix.

Sie bieten ja sowohl Lösungen für die Werkstückautomation als auch für die Palettenautomation: Was eignet sich denn besser für mittlere und kleine Losgrößen?

Jehle: Serienprodukte mit kurzen Taktzeiten und geringer Teilevarianz sind die Domäne einer Werkstückautomation. Dagegen sind Kleinserien bis hin zu Losgröße 1 mit mittleren bis langen Taktzeiten und großer Teilevarianz für einen Werkstückdirektgriff nicht geeignet. Denn hier wären sowohl eine Vielzahl von Greifern zum Handhaben der Bauteile als auch geeignete Aufspannungen für das jeweilige Teil in der Maschine erforderlich, die dann entsprechend den Bauteilen gewechselt werden müssten. Für diese Aufgabenstellung ist also eine Palettenautomation mit auf einer einheitlichen Trägerpalette aufgespannten Bauteilen das geeignete Automationskonzept. Dadurch müssen weder Werkstückgreifer noch Aufspannungen in der Maschine gewechselt werden, was den Prozess deutlich vereinfacht und Automatisierung überhaupt erst möglich macht.

Wie adressiert Liebherr denn die Bedürfnisse von mittelständischen Produktionen mit kleinen Losgrößen?

Jehle: Mittelständische Unternehmen sind mit vielfältigen Aufgabenstellungen konfrontiert: Der Preisdruck am Markt erfordert eine Stückkostensenkung. Gleichzeitig verlangen Kunden immer höhere Flexibilität, was Termine und Stückzahlen betrifft. Hinzu kommen ein Mangel an Fachkräften und ein Nachholbedarf in der Digitalisierung. Diese Anforderungen sind nur durch eine geeignete Automatisierung im Zusammenspiel mit einem Ressourcenmanagement durch eine Zellsteuerung lösbar. Dadurch können Fachkräfte sinnvoll für qualifizierte Tätigkeiten eingesetzt werden. Erforderliche Ressourcen werden rechtzeitig bekannt, Maschinenstillstände vermieden und am Prozess beteiligte Unternehmensbereiche automatisch eingebunden.

Wie ändern sich die Anforderungen der Kunden?

Jehle: Die Anforderungen unserer Kunden sind letztendlich eine Kombination aus hoher Flexibilität, einfacher Integration, einfacher Bedienung und natürlich den Kosten. Wenn dabei überhaupt eine Anforderung hervorsticht, dann ist es das Thema Flexibilität.

Und wie stellt sich Liebherr auf die Anforderungen ein?

Jehle: Unsere PHS-Palettenhandlingsysteme mit Zellsteuerung lösen genau all diese Probleme. Sie sind für unterschiedliche Werkstücke in unterschiedlicher Stückzahl einsetzbar – mit geringem Bedienaufwand und unter Einbindung anderer Unternehmensbereiche. Mit der Freigabe der Baugröße 3000 ist unsere PHS-Allround-Familie jetzt in Traglasten von 800 bis 3000 kg verfügbar und dabei für nahezu alle Bearbeitungszentren einsetzbar – mit bekannten Varianten wie Doppellader, extra langer Hub für 5-Achs-Bearbeitungszentren und Frontzugang.

Abgesehen von der PHS-Familie: Welche Rolle spielen Trendthemen wie KI für Sie?

Jehle: Natürlich beschäftigen wir uns intensiv mit den Themen KI und IoT. KI spielt beispielsweise beim automatisierten Rüsten chaotisch bereitgestellter Bauteile eine Rolle. Die Software LH Robotics.Vision bietet dank KI ein automatisiertes Einlernen von neuen Bauteilen – ein echter Quantensprung, der Zeit und Kosten spart und damit das Bin Picking für jedermann ermöglicht.

Und das Thema IoT?

Jehle: IoT-Fähigkeit ist im Bereich Palettenhandling bereits Standard. Ein Palettenhandlingsystem mit Zellsteuerung kann in die Unternehmenssoftwarestruktur eingebunden werden. Schnittstellen an ERP-Systeme oder MES sind möglich, Maschinen und Betriebszustände können in Echtzeit visualisiert werden. Der etablierte Remote Service zur Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit schafft zudem die Grundvoraussetzungen für weitere Digitalisierungslösungen. Upgrades und Updates der Software können schnell und kostengünstig installiert werden.

Abschließend: Sie planen im neuen Jahr eine Factory Tour durch drei Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Warum?

Jehle: Deutschland, Österreich und die Schweiz sind die Zentren spanender Fertigung in Europa. Trotzdem ist das Thema „automatisierte flexible Fertigung kleiner und mittlerer Losgrößen“ immer noch nicht bei allen potenziellen Anwendern auf dem Schirm, obwohl es große Vorteile mit sich bringt. Wir möchten deshalb einem breiten Kundenkreis die Vorzüge solcher Systeme vorstellen und zeigen, dass Automation nicht nur für Unternehmen mit hohen Stückzahlen geeignet ist. Ein Appetizer für das Thema Palettenautomation mit der Message „Automation lohnt sich immer, auch für Ihre Fertigung“.

Was haben Sie konkret vor? Was gibt es bei der Factory Tour zu sehen und zu erleben?

Jehle: Wir möchten Interessenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Möglichkeit bieten, in Ihrer Nähe automatisierte Fertigungssysteme für die Klein- und Mittelserien in der Praxis zu erleben und deren Vorteile vor Ort kennenzulernen. Ganz wichtig ist uns hier, einen Rahmen zu schaffen, in dem man sich mit Praktikern beziehungsweise Anwendern in einem ungezwungenen Rahmen austauschen kann.

Liebherr-Verzahntechnik GmbH, Verzahntechnik und Automationssysteme
www.liebherr.com

Kaufbeurer Straße 141
87437 Kempten

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