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Zweikammer-Waschanlagen für die Automobilindustrie und deren Zulieferer

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Zweikammer-Waschanlagen für die Automobilindustrie und deren Zulieferer

Vom notwendigen Übel zum wertschöpfenden Faktor – kaum ein anderer Prozessschritt in der Fertigungskette hat eine so steile Karriere gemacht wie die industrielle Teilereinigung. Entsprechend hoch sind in weiten Bereichen der Industrie – allen voran die Automobilindustrie – die Ansprüche an das Reinigungsergebnis, und sie werden weiter wachsen. Da stellt sich die Frage, welche Prozesse, Verfahren, Medien und Maßnahmen sind zukünftig notwendig, um die geforderte Reinigungsqualität zu erzielen und nachzuweisen.

Autor: Dr. rer. nat. Thomas Isenburg E-Mail: Thomas.Isenburg@gmx.de

Teilereinigung trägt daher in erheblichem Maße zur Wertschöpfung in der Fertigung von Bauteilen und Komponenten bei. Die Anforderung an die technische Sauberkeit von Werkstücken sind deshalb in den letzten Jahren rasant gestiegen, und das Ende ist noch nicht abzusehen. Hersteller und Anwender industrieller Reinigungstechnik stellt dies vor neue Herausforderungen.
Ein optimaler Workflow ist nur gewährleistet, wenn die verschiedenen Herstellungsschritte und die dazwischen liegende Reinigung exakt aufeinander abgestimmt werden. Hier gilt es für die Reinigungstechnologie einen möglichst geringen Anteil an den Gesamtherstellungskosten eines Werkstücks zu haben.
Kammerkonzept
Für ein großes Teilespektrum aus dem automotiven Umfeld setzt man schon seit längerer Zeit auf Reinigungsanlagen mit einem zylinderförmigen Arbeitsbehälter als zentrales Bauteil. Im Arbeitsbehälter führt die Reinigungsanlage verfahrenstechnische Prozesse durch. Als Reinigungsschritte verwendet man häufig eine Mischung aus sorgfältig projektierten Spritz- und Flutverfahren mit Drücken bis zu 25 bar unter Verwendung von 40 – 95 °C warmen Fluids. Die Waschlaugen bestehen aus einer Tensid- reingerkombination und einer anorganisch chemischen Komponente abgestimmt auf Werkstoff und Reinigungsprozess.
Zur Entfernung der Verunreinigungen behandelt man das zu reinigende Teilespektrum mit Flut- und Spritzprozessen. Auch diese sind auf den Fertigungsprozess, das heißt auf Werkstoff, Geometrie, Taktzeit und Reinheitsgrad abzustimmen. Am Prozessende setzt man Trocknungsprozesse ein. Die Trocknung wird überwiegend mit Heißluft bei Atmosphärendruck (Lufttrocknung) oder bei deutlichem Unterdruck, also im Vakuum durchgeführt. Bei der Strahlungstrocknung werden die Bauteile durch Wärmestrahlung aufgeheizt, die von Strahlungskörpern (Infrarotstrahlern) abgestrahlt wird. Zur nachhaltigen Sicherung der Qualität der Reingungsmedien, und somit der Partikelentfernung vom Teilespektrum, werden die Medien über Beutelfilter oder spezielle auf die Anforderungen angepasste Spezialkomponenten wie Kerzenfilter o.Ä. aufbereitet.
Das Warenhandling managt eine manuelle oder automatische Be- und Entladeeinrichtung. Für den Gesamtprozess befinden sich die Werkstücke auf Warenträgern oder in Körben. Diese werden im Arbeitsbehälter in dreh- oder schwenkbaren Korbaufnahmen eingebracht. Das Behandlungsmedium wird aus Vorlege-Tanks über Pumpen zum Werkstück geführt. Medium beaufschlagte Bauteile der Waschanlage sind aus Edelstahl gefertigt. Die Arbeitsbehälter-Größe richtet sich nach geforderter Taktzeit und der Teilegröße.
Ein-, Zwei oder Dreikammerkonzept – Das Taktzeitmanagement
Entscheidenden Einfluss auf die Anlagentechnologie hat die Taktzeit der Fertigungsschritte. Sie steuert damit die Investitions- und Betriebskosten. Bei Taktzeiten größer 4 – 8 Minuten dominieren Einkammer-Anlagen. Alle Prozessschritte laufen in einer Kammer ab. Verkürzt man die Taktzeit auf Werte zwischen 2 und 4 Minuten, wird der Prozess in 2 Arbeitsbehälter gesplittet. In der ersten Kammer beaufschlagt man das Teilespektrum mit Waschmedium. Gleichzeitig laufen in einer 2. Kammer die Schritte Spülen und Trocknen ab. Eine weitere Verkürzung der Taktzeit teilt den Prozess in einen Dreikammerprozess auf: Kammer 1 Waschen – Kammer 2 Spülen – Kammer 3 Trocknen mit simultaner Verfahrensführung. Das Taktzeitmanagement diktiert Investitions- und Betriebskosten, denn diese sind umso höher, je mehr Kammern verwendet werden.
Bei höheren Durchsätzen von Korb- oder Gestellware von z.B. 12 – 24 Körben/Chargen pro Stunde, bietet sich auch die Alternative von Mehrkammeranlagen nach dem Umsetzer- Prinzip. Vorteil dabei ist, dass durch spätere Ausrüstung mit weiteren Warenträgern oder Fahrwagen eine Durchsatzsteigerung möglich ist und dass unterschiedlichste Prozess-Zeiten und über 4-stufe Verfahren hinausgehende Prozesse wie z.B. alkalisches Vorreinigen und anschließendes saures Nachreinigen möglich sind.
Geradlinig oder parallel
Im Markt werden die oben beschriebenen Anlagen von den Herstellern Pero, Höckh, Roll, Dürr, LPW, Mafac und MTM angeboten. Besonderheit der LPW- und MTM-Anlage ist es, dass die Kammern geradlinig hintereinander angeordnet sind. Die anderen Hersteller verwenden eine parallele Anordung der Behandlungskammern.
Um Interessenten eine transparente Beurteilung zu ermöglichen, haben wir den oben genannten Anbietern von Teilereinigungsanlagen die Aufgabe gestellt, ein Konzept für die Reinigung von Metallteilen aus einer Aluminiumlegierung mit einer Taktzeit von 180 Sekunden zu erstellen (Details s. Kasten).
Auf die Aufgabenstellung reagierten die Firmen Dürr Eco- clean, LPW und MTM mit einem detaillierten Angebot.
Anlagentyp 86 W
Der Markteingleiter Karl Heinz Schechinger von Dürr Ecoclean schlägt zwei Konzepte vor: Zunächst einmal wird die Aufgabenstellung mit einer Anlage des Typs 86 W beantwortet. Bei diesem Maschinen Typ befinden sich vier Tauchbäder hintereinander angeordnet, um ein mehrstufiges Tauchverfahren durchzuführen. Warenkörbe befinden sich hierzu in Drehgestellen und werden mit einem Fahrwagensystem mit Lineareinrichtung durch die Maschine gefahren. Das Transportsystem ist mit einer Hubsenkmöglichkeit für die Warenträger ausgestattet. Zur Trocknung kann in diese Anlage eine kombinierte Vakuum/ Heißlufttrocknung integriert werden. Zur Badpflege ist eine Ölabscheideeinrichtung und ein Verdampfersystem eingebaut. Die Filtration erfolgt über kontinuierliche Kreislauffiltration (siehe Tabelle 1)
Anlagentyp 95 W
Als eine weitere Alternative bietet die Dürr Ecoclean ein modulares Konzept an. Dieses zeichnet sich durch zwei oder dreistufige Tauchreinigung, Passivierung, Vakuum oder Heißlufttrocknung, abwasserfreien Betrieb-, Wasch- und Spülwasseraufbereitung, reinigungsunterstützende Systeme wie Ultraschall und Injektionsflutwaschen sowie einen vollautomatischen Prozess-Ablauf aus. Das Verfahrenskonzept besteht aus zwei Arbeitsbehältern und zwei bis drei Vorlage-Tanks für die Prozessmedien. Zur Durchsatzsteigerung werden in den beiden Kammern die Verfahrensschritte parallel durchgeführt. Dabei befinden sich beide Kammern in einer parallelen Anordung. Zur Badpflege ist in diese Anlage eine Ölabscheideeinrichtung eingebaut. Die Filtration erfolgt über kontinuierliche Kreislauffiltration.
Verfahrenstechnisch sind 2 Kammern vorgesehen
In diesen werden jeweils 2 Körbe behandelt. Dabei sind die folgenden Verfahrensschritte vom Hersteller vorgesehen (siehe Tabelle 2).
Als weitere Reinigungsprozesse für die Serienfertigung Automobil-Bauteile werden von Dürr Ecoclean verschiedene bauteilabhängige Reinigungssysteme angeboten. Zum einen handelt es sich dabei um so genannte Transferanlagen vom Typ EcoCTrans, bei denen die Prozessschritte nacheinander in Einzelmodulen durchgeführt werden; die Bauteile werden auf Warenträgern oder in Gestellen mit einem Hubschritt-Förderer durch die Anlage transportiert. Eine weitere Anlagenvariante ist durch die Reingungssysteme vom Typ EcoCFlex gegeben, bei dem das Bauteil von einem Roboter den notwendigen Prozessschritten zugeführt wird. Diese Systeme wurden in der Ausarbeitung nicht näher betrachtet.
Anlagentyp MFR II
Der Geschäftführer der MTM GmbH aus Marienheide, Werner Meißner, schlägt ebenfalls ein Zweikammerkonzept vom Typ Mehrkammerflutautomat vor: In zwei Kammern laufen die Reinigungsapplikationen gleichzeitig ab, um die Taktzeit von 180 sec zu erreichen. Besonderheit der Maschine ist die Anordnung der beiden Kammern direkt hintereinander. Kammer eins ist für Reinigungs- und Spülprozesse vorgesehen, Kammer zwei dem Trocknen vorbehalten. Dieses Konzept minimiert den Transport innerhalb der Anlage auf den kürzesten Weg. Damit wird Energie eingespart und auch Störungen beim Transport vermieden. In den Kammern sind ebenfalls vielfältige Applikationen wie Ultraschall-, Flutinjektionswaschen, Spritzreinigen sowie Warmluft- und Vakuumtrocknung möglich. Optional kann die Maschine mit Badpflegeeinrichtungen wie Vollstromfiltration und Ölabscheideeinrichtung versehen werden. Das Spülenmedium kann einer Destille zugeführt werden. Das Destillat regeniert die Prozessmedien.
LPW: 2-Kammer-Anlage
Thomas Daiber, Vertriebsleiter der LPW Reinigungssysteme GmbH aus Riederich, schlägt ebenfalls eine 2-Kammer-Flutan-lage im linearen Durchlauf vor.
Fazit
Die drei befragten Anlagenhersteller stellen drei Konzepte zur Lösung der Problemstellung vor. Dabei bewegt sich das Preisniveau von 250 000 Euro bis 450 000 Euro. Ähnlich groß ist die Bandbreite des Maschinen-Gewichtes und damit die Masse des verbauten Materials. Dieses variiert von 6 200 kg bis 12 000 kg. Verfahrenstechnisch führen alle Hersteller einen in unterschiedliche Stationen gesplitteten Prozess aus Waschen (meist Injektionsflutwaschen) mit anschließendem Spritzspülen und Warmluft- und/oder Vakuumtrocknen durch. Interessant ist die Bewegung des Waschgutes in der Reinigungsanlage. Entweder man hat einen linearen Hub-/ Senkprozess mit der Möglichkeit vieler modularer Stationen bei einem attraktiven Preisnivau oder die parallele Anordnung von zwei bis drei Kammern zur gleichzeitigen Durchführung unterschiedlicher Prozessschritte. Alternativ kann man die Kammer hierzu auch linear, das heißt hintereinander anordnen. Vorteil der linearen Anordnung ist es, dass weniger Bewegungen von der ersten zur nächsten Kammer notwendig sind. Braucht man bei der parallelen Anordnung drei Änderungen der Bewegungen (Aus Kammer A heraus vor Kammer B in Kammer B hinein), benötigt bei der linearen Anordnung nur eine Bewegung aus Kammer A in Kammer B hinein. Bei dem linearen Prozess ist physikalisch weniger Arbeit zu verrichten. Dieses ist energetisch günstiger.
Dieser Fachbeitrag entstand mit der freundlichen Unterstützung der Firmen: Dürr Ecoclean (Herr Schechinger), MTM (Herr Meißner) und LPW (Herr Daiber).
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