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Über Innovation aus der Krise

Optimismus unter schwierigen Rahmenbedingungen prägt Brasiliens Traditionsmesse Mecânica
Über Innovation aus der Krise

Das verlangsamte Wachstum des langjährigen Zugpferds China schärft den Blick der deutschen Werkzeugmaschinenbranche auf andere Absatzmärkte. Doch einstige Hoffnungsträger wie Brasilien schwächeln. Das Land befindet sich in der schwersten Wirtschaftskrise der jüngeren Geschichte. Wo die Fesseln für die brasilianischen Industrie liegen, aber auch welche Zukunftsperspektiven sich eröffnen, wurde auf der Maschinenbaumesse Mecânica in São Paulo deutlich. Autor: Dr. Frank-Michael Kieß

Die Rahmenbedingungen hätten kaum schwieriger sein können für die traditionsreiche Mecânica, die Mitte Mai in São Paulo in ihrer 51. Auflage stattfand. Brasilien befindet sich inmitten der größten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren. Laut OECD-Zahlen ist die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 3,9 Prozent geschrumpft, und auch 2016 wird sich die Negativentwicklung nach Meinung der Auguren fortsetzen. Sinkende Nachfrage, geringe Investitionsbereitschaft und eine Arbeitslosenzahl, die binnen eines Jahres um 40 Prozent auf über 11 Millionen angewachsen ist, beuteln das Land.

Dies spiegelt sich auch in der Werkzeugmaschinenbranche wider. Allein im vergangenen Jahr ist der Verbrauch nach Zahlen des US-Marktforschungsinstituts Gardner Research gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel auf 672,3 Millionen US-Dollar geschrumpft, und 2016 könnte er sich noch einmal fast halbieren. Damit ist das Land, das noch 2011 der achtgrößte Werkzeugmaschinenabnehmer weltweit war, mittlerweile auf Platz 22 abgesackt – noch hinter Indonesien.
Damit nicht genug, musste sich die Mecânica heuer der Konkurrenz durch eine neue Messe erwehren: Die Feimec, veranstaltet vom Herstellerverband Abimaq, hatte nur zwei Wochen vorher auf dem südlich gelegenen Ausstellungsgelände São Paulo Expo Premiere gefeiert – mit Unterstützung großer einheimischer Player wie Romi. Vor diesem Hintergrund hat sich die Mecânica achtbar geschlagen: 76 500 Besucher über fünf Messetage zählte der Veranstalter Reed Exhibitions Alcantara Machado am Ende, und mit 1100 internationalen Einkäufern aus 71 Ländern übertraf man die Erwartungen sogar. Auf 75 000 Quadratmetern Fläche präsentierten sich über 500 Aussteller mit 2100 nationalen und internationalen Marken, darunter viele globale Größen wie DMG Mori, GF Machining Solutions. Haas, Makino, Okuma, Trumpf oder Schunk.
Referenz für den lateinamerikanischen Markt
„Wir sind sehr glücklich über das Ergebnis“, freut sich Paulo Octavio Pereira de Almeida, Vice President des Veranstalters Reed Exhibitions Alcantara Machado. „Die Mecânica ist die Referenzveranstaltung für den industriellen Markt in Brasilien und in ganz Lateinamerika, dafür steht schon die hohe Zahl der Voranmeldungen.“ Auch Paulo Castelo Branco, Präsident des brasilianischen Importeurs-Verbands Abimei, wertet die Veranstaltung als Erfolg: „Die Messe war lebhaft, und wir haben eine ganze Reihe von Abschlüssen oder potenziellen Käufen verzeichnet.“
Ähnlich fiel das Echo bei den Ausstellern aus. „Die Mecânica hat gezeigt, dass Projekte, die auf Eis gelegen hatten, jetzt wieder in Gang kommen“, berichtet Silvio Akia Mitsunaga, Marketingleiter bei GF Machining Solutions in Brasilien. Auch beim Spann- und Greiftechnik-Spezialisten Schunk sieht man die Erwartungen übertroffen. „Für uns war es die beste Messe überhaupt in Brasilien“, freut sich Mairon Anthero, Geschäftsführer der brasilianischen Dependance Schunk Intec-BR.
Mit dem Fokus auf Zukunftstechnologien versuchten die Veranstalter, der Messe einen neuen Dreh zu geben. Auf einer 4000 Quadratmeter großen Innovation Area informierten Hersteller wie 3D Systems, GF, Fanuc, Okuma, Trumpf oder Yaskawa über ihre Neuheiten. Großen Zulauf verzeichnete das Industry 4.0 Forum. Unter anderem zeigten dort Beratungsfirmen wie Roland Berger, Boston Consulting, Porsche Consulting und EY den rund 2000 Zuhörern Wege auf, wie die brasilianische Industrie auf ein modernes Niveau der Konnektivität und Produktivität zu heben sei. „Wir haben auf dem Forum unsere Axoom-Plattform vorgestellt und haben das Gefühl, dass sich unsere Teilnahme gelohnt hat“, berichtet João Carlos Visetti, CEO von Trumpf Brazil. Weitere Technologieschwerpunkte behandelten Trends wie Automatisierung und Additive Manufacturing.
Dass Innovation der Schlüssel ist, um die brasilianische Industrie wieder konkurrenzfähig zu machen, war auf der Messe unisono zu hören. Dies darf auch als Appell an die Politik verstanden werden. Aktuell behindern hohe Einfuhrzölle, Steuern und Bürokratie das Bestreben, Hochtechnologie ins Land zu bringen. Um 50 Prozent und mehr verteuert sich so laut Branco der Preis für eine Importmaschine. Diese Protektion heimischer Hersteller erschwert es den brasilianischen Betrieben andererseits, konkurrenzfähig zu produzieren.
Viele internationale Hersteller sind deshalb über Firmenübernahmen oder Beteiligungen im brasilianischen Markt aktiv – so wie etwa der US-Verbindungstechnik-Spezialist Southco. „Die brasilianischen Unternehmer sind klug und suchen nach besseren Technologien, um wettbewerbsfähiger zu werden“, berichtet der Geschäftsführer Americas, Thomas Mehler. Eine besondere Bedeutung dürfte der Automatisierungstechnik zukommen – nicht zuletzt deshalb, weil die Firmen in der Krise viele Mitarbeiter verloren haben. „Der Automationslevel ist hier noch sehr niedrig“, erläutert Visetti. „Wenn die Aufträge wieder anziehen, wird die Automatisierung einen ganz neuen Stellenwert erlangen.“
Spürbar ist dies bereits bei Schunk: Allein im ersten Quartal 2016 hat die brasilianische Landesgesellschaft laut Anthero ein Wachstum von 85 Prozent verzeichnet. „Der Automationsbereich wächst besonders stark“, so der Geschäftsführer. „Die Krise war ein Signal für die Firmenchefs, mehr in Technologie zu investieren.“
Auch wenn die Perspektive unsicher bleibt: Eine, wenn auch vorsichtige Aufbruchstimmung war überall auf der Messe zu spüren. „Wir erwarten, dass der Markt sich schnell erholen wird“, macht Edson Romão, Geschäftsführer von GF Machining Solutions in Brasilien, Mut. „2017 wird viel besser werden.“ ■
Mecânica www.mecanica.com.br/en
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