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Steuerhinterziehung – Chancen und Grenzen der Selbstanzeige

Wer auf Strafbefreiung hofft, sollte planvoll vorgehen
Steuerhinterziehung – Chancen und Grenzen der Selbstanzeige

Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung greift der Staat zu immer drastischeren Maßnahmen und Mitteln. Für Steuersünder wächst das Entdeckungsrisiko. Viele ziehen jetzt eine strafbefreiende Selbstanzeige in Betracht. Wer Fallstricke vermeiden will, sollte planvoll und systematisch vorgehen.

Autor: Dr. Andreas Rohde, Rechtsanwalt/Steuerberater, DHPG Bonn

Ein Volkssport kommt aus der Mode. Viele Steuerzahler merken, dass das Wettrennen mit dem Fiskus nicht zu gewinnen ist und spüren den Atem der Fahnder im Nacken. Der Staat hat heute viele Möglichkeiten, unversteuertem Geld auf die Schliche zu kommen. Das Kontrollnetz der Finanzbehörden wird immer dichter und macht auch vor Ländergrenzen und dem Ankauf von rechtswidrig erlangter Daten keinen Halt.
Steuerhinterziehung ist eine Straftat und wird vom Staat konsequent verfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Regeln zur Bestimmung des Strafmaßes erheblich verschärft. Regelmäßig stehen bei Steuerhinterziehung auch Haftstrafen im Raum. Für Steuerzahler wird es immer wichtiger, streng nach den Steuergesetzen zu handeln und gegebenenfalls strafbefreiende Möglichkeiten des Staates in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig wächst auch der Druck auf Steuerberater, ihre Mandanten rechtskonform zu vertreten. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass der Staat sie als Gehilfen des Steuerzahlers einstuft.
Berichtigung oder Selbstanzeige?
Mit der Selbstanzeige bietet der Staat die Möglichkeit, die Folgen einer Straftat zu vermeiden. Der Steuerzahler ist zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuern verpflichtet, bleibt aber straffrei. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Steuerzahler danach besonders kritisch beäugt wird.
Versehen und Verschulden können in der Praxis nahe beisammen liegen. In Zeiten ständig wandelnder Steuergesetze können falsche Erklärungen abgegeben werden, ohne dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Eine Selbstanzeige (§ 371 AO) setzt voraus, dass in der Steuererklärung wissentlich falsche Angaben gemacht wurden. Ist hingegen davon auszugehen, dass der Steuerzahler völlig gutgläubig gehandelt hat und seinen Irrtum erst nachträglich festgestellt hat, so kommt eine Berichtigung (§ 153 AO) in Betracht. Steuerzahler sollten daher nach Möglichkeit von einer Berichtigung sprechen und den Begriff Selbstanzeige meiden.
Erst nachdem die Steuerschulden tatsächlich beglichen sind, wird die Selbstanzeige wirksam. Steuersünder sollten im Vorfeld sicherstellen, dass ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Zu beachten ist, dass der Betrag, um den die Steuer verkürzt worden ist, zuzüglich 0,5 Prozent Zinsen pro Monat nachzuzahlen ist. So fallen für eine vier Jahre zu späte Steuerzahlung nochmal 24 Prozent Hinterziehungszinsen an.
Gute Gründe für eine Selbstanzeige
Die Frage einer Selbstanzeige stellt sich für Unternehmen und Privatleute manchmal plötzlich. Steuerzahler schrecken häufig auf, wenn das Finanzamt schriftlich um Aufklärung eines Sachverhaltes bittet oder sich der Betriebsprüfer ankündigt. Wurde eine Steuerhinterziehung begangen, so kann die Selbstanzeige den Weg in die Steuerehrlichkeit ebnen.
Es existieren vielfältige Formen der Steuerverkürzung, die von den Finanzbehörden immer strenger geahndet werden. Eine Selbstanzeige kann das Gewissen beruhigen und vor weit reichenden strafrechtlichen Konsequenzen bewahren. Zu den „beliebtesten“ Steuerdelikten zählen:
  • Schwarze Gelder: Nicht alle Vorgänge werden ordnungsgemäß verbucht. Die Varianten reichen von Bargeschäften, über Scheinkosten bis hin zu inoffiziellen Rabatten. Achtung: Die Finanzverwaltung kommt Übeltätern mit Software gestützten Branchenstatistiken immer schneller auf die Schliche.
  • Fingierte Betriebsausgaben: Private Aufwendungen werden als Betriebskosten deklariert. Dazu zählen etwa Restaurantbesuche, Reisen oder Einrichtungsgegenstände, die nur vordergründig geschäftlicher Natur sind.
  • Geheime Auslandskonten: Kapital mit höheren Zinserträgen im Ausland anzulegen, ist legal. Wer jedoch die erzielten Zinseinkünfte nicht versteuert und dem Finanzamt verschweigt, begeht Steuerhinterziehung. Es ist davon auszugehen, dass die Transparenz über internationale Kapitalströme in Zukunft weiter zunehmen wird.
  • Vorgetäuschte Umsatzsteuer: Immer wieder versuchen Firmen, durch gefälschte Rechnungen Vorsteuerbeträge geltend zu machen. Durch so genannte Karussellgeschäfte wird der Staat jedes Jahr erheblich geschädigt.
Auch im Erbfall kann die Selbstanzeige schnell zum Thema werden. Liegt eine Steuerhinterziehung des Erblassers vor, ist höchste Vorsicht geboten. Zwar werden Erben nicht für die Vergehen des Erblassers bestraft, doch werden die Erben in diesen Fällen schnell selbst zum Täter. Führen Erben ein „schwarzes“ Auslandskonto weiter, machen auch sie sich strafbar.
Eine überhastete Selbstanzeige kann mehr schaden als nutzen. Es empfiehlt sich, den Umfang der nicht deklarierten Einnahmen im Vorfeld genau zu erfassen. Dies kann gerade bei ausländischen Konten sehr aufwändig sein. Nur so können Steuerzahler vorliegende Strafbestände lückenlos darstellen und aufklären. Die Steuerfahndung nimmt bekannt gewordene Fälle genauestens unter die Lupe. Wer eine Selbstanzeige stellt, sollte deshalb in jedem Fall vollständig „reinen Tisch machen“ und nicht nur Teilsachverhalte offen legen.
In vielen Fällen kommt erschwerend hinzu, dass verschiedene Rechtsgebiete betroffen sind. Gestehen Steuerpflichtige eine Hinterziehung, werden schnell auch andere Vergehen offenkundig. Besonders häufig geht Steuerhinterziehung mit Sozialversicherungsbetrug oder Urkundenfälschung einher. Hier ist im Einzelfall genau zu prüfen, inwieweit sich die Selbstanzeige auch über das Steuerrecht hinaus strafmildernd auswirkt. Klarheit hierüber verschafft eine fachübergreifende Beratung.
Vor der Entdeckung handeln
Die Strafbefreiung durch eine Selbstanzeige hat Grenzen. Steht der Betriebsprüfer bereits vor der Tür oder ist die Tat entdeckt, kommt jede Selbstanzeige zu spät. Hier kann sich ein Geständnis jedoch noch strafmildernd auswirken.
Das Entdeckungsrisiko für Steuerstraftaten wird in Zukunft weiter zunehmen. Durch einen länderübergreifenden Informationsaustausch, eine zunehmende Technologisierung der Finanzverwaltungen und eine spezielle Prüfungs- und Plausibilitätssoftware wird es immer schwerer, dem Fiskus etwas zu verbergen. Schon heute machen Finanzverwaltungen regen Gebrauch von der Bankdatenabfrage. Es werden zwar keine Kontobewegungen ermittelt, aber die Angaben umfassen Name, Geburtsdatum, Konto- und Depotnummer, Einrichtungs- und Auflösungsdatum. Besondere Aktualität hat das Entdeckungsrisiko durch den Ankauf von rechtswidrig erlangten Daten über ausländische Bankkonten.
Noch ist das Unrechtsbewusstsein unter Steuersündern häufig nicht sehr stark ausgeprägt. Es ist davon auszugehen, dass die zunehmende Verschärfung staatlicher Fahndungsmaßnahmen nicht nur zur Abschreckung beiträgt, sondern auch einen Bewusstseinswandel einleitet.
Die richtigen Schritte zur Selbstanzeige
Der Staat gewährt reuigen Steuersündern unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit. Wichtig ist ein planvolles Vorgehen in enger Abstimmung mit Steuer- und Rechtsexperten. Nur so lassen sich gesetzliche Fußangeln umgehen und die Wirksamkeit der Selbstanzeige sicherstellen.
  • Ausschlussgründe klären: Es gibt drei Tatbestände, die eine strafbefreiende Selbstanzeige verhindern. Hierzu zählen etwa das Erscheinen eines Betriebsprüfers, die Bekanntgabe eines eingeleiteten Straf- und Bußgeldverfahrens oder die Entdeckung der Tat, wobei dies dem Täter bekannt war oder bekannt sein musste.
  • Ruhe bewahren: So mancher Steuerzahler neigt zu Spontanaktionen und gibt vorschnell Informationen aus der Hand, die unter Umständen belastend sind. Tückisch ist auch eine Mitteilung ans Finanzamt, dass bald weitere Unterlagen folgen. Dies gilt nicht als Selbstanzeige und zieht unter Umständen ein Strafverfahren nach sich.
  • Fristen prüfen: Strafverfahren werden nur für Vergehen der vergangenen fünf Jahre eingeleitet. Wer ältere Verstöße offenlegt, macht der Finanzverwaltung womöglich ein „Geschenk“. Im Besteuerungsverfahren beträgt die Verjährung bei Steuerstraftaten nämlich zehn Jahre.
  • Form wahren: Obwohl es keine Formvorschriften für die Selbstanzeige gibt, empfiehlt sich aus Beweisgründen immer eine schriftliche Erklärung. Auf die Darstellung von Beweggründen oder ein Schuldeingeständnis sollte verzichtet werden. Gegebenenfalls reicht eine einfache Berichtigungserklärung an das Finanzamt.
  • Lücken vermeiden: Wer klare und vollständige Angaben macht und sie mit Belegen nachweist, erleichtert dem Finanzamt die steuerliche Beurteilung. Möglich ist es auch, Dokumente unter Fristankündigung nachzureichen. So können Finanzbeamte eine bereits erfolgte Veranlagung einfacher und schneller berichtigen.
Über DHPG:
Die DHPG Dr. Harzem & Partner KG gehört zu den 15 größten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland. Sie ist mit über 350 Mitarbeitern an sechs Standorten im Rheinland (Bonn, Bergisch Gladbach, Bornheim, Euskirchen, Gummersbach, Köln) sowie in Berlin vertreten. Die DHPG ist aktives Mitglied von NEXIA International und stellt mit Prof. Dr. Norbert Neu den Chairman. NEXIA International zählt mit ca. 20 000 Mitarbeitern in über 100 Ländern und rund 600 Büros zu den zehn größten Accounting Networks weltweit.
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