Mitte Oktober gab die Landesregierung grünes Licht: Das „Leistungszentrum für Mass Personalization“ in Stuttgart wird mit insgesamt fünf Millionen Euro über zweieinhalb Jahre vom Land gefördert. Prof. Thomas Bauernhansl, der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und des Instituts für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Universität Stuttgart, hatte die Initiative für dieses Projekt mit einem Gesamtvolumen von 12,5 Millionen Euro ergriffen und weitere Fraunhofer-Institute sowie Institute der Universität Stuttgart ins Boot geholt. Jetzt startet das neue Leistungszentrum und erforscht interdisziplinär und branchenübergreifend Methoden, Verfahren, Prozesse, Produktionssysteme und Geschäftsmodelle zur Herstellung personalisierter Produkte.
Die Ergebnisse sollen wichtige Impulse für die Wirtschaft setzen. Die Leitung hat Dr. Andrea Traube vom Fraunhofer IPA übernommen: „Das Potenzial personalisierter Wertschöpfung und die Integration der individuellen Nutzerbedürfnisse sind derzeit noch kaum erschlossen und spielen insbesondere in den Bereichen Wohnen, Mobilität und Gesundheit eine große Rolle“, so die Wissenschaftlerin, „daher werden diese drei Bereiche unsere Schwerpunkte sein.“ Zur Sicherstellung möglichst durchgängiger Ergebnisse beziehen sich bereits die ersten drei Pilotprojekte auf konkrete Anwendungsszenarien.
Maßgeschneiderte tragbare Roboteranzüge
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist beispielsweise eine der Fragestellungen, wie zukünftig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit personalisierten biomechatronischen Assistenzsystemen länger aktiv im Beruf sein können, indem die körperliche Belastung verringert wird. Ziel eines der Pilotprojekte ist es, durch den Einsatz von maßgeschneiderten tragbaren Roboteranzügen (Exoskeletten) in verschiedensten Tätigkeiten eine optimale Haltung und Lastenverteilung im Körper des Trägers zu erreichen, einen Trainingseffekt zu erzielen und zusätzlich komplexe Fertigungs- oder Montageschritte maschinell zu unterstützen. Da hierbei neueste Verfahren der Ergonomie und Sicherheit angewandt, modernste Roboter- und Medizintechnik eingesetzt und das System in ein Gesamtkonzept der vernetzten Produktion einbezogen werden sollen, können die insgesamt hochkomplexen und anspruchsvollen Fragestellungen nur durch enge transdisziplinäre Zusammenarbeit und mit Hilfe einer herausragenden Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur gestemmt werden.
Höherer Durchsatz und Bauteilqualität beim 3D-Druck
In einem weiteren Projekt wird beispielsweise daran geforscht, Implantat-Materialien während der Herstellung an der Oberfläche zu funktionalisieren und durch additive Fertigungsverfahren wie den Inkjet-Druck aufzubringen. Darüber hinaus entwickeln die Wissenschaftler generische digitale Menschmodelle weiter, die durch Realdaten aus experimentellen Messungen validiert werden, befassen sich mit einer modularen und vollintegrierten Maschine, die durch modulare Zahnbauweise flexibel skalierbar ist und bauen einen Prüfstand zur Vermessung verschiedener Maschinen hinsichtlich ihrer Eignung für Robotik-Anwendung auf.
Methoden zur flexiblen Nutzereinbindung in der Produktkonfiguration beziehungsweise in Umnutzungsprozessen von Produkten, Methoden für die Bewertung von Mass Personalization im Kontext der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen oder auch grundlegende Untersuchungen zur Steigerung von Durchsatz und Bauteilqualität für additive Verfahren – die Wissenschaftler am Zentrum für Mass Personalization sind interdisziplinär und sehr breit aufgestellt.
Transfer hochinnovativer Technologien in die Industrie
Bei allen Projekten spielt die konzeptionelle Entwicklung einer einheitlichen Prozesskette, die Entwicklung von cyber-physischen Systemen für die angepasste Fertigungstechnik und die Erweiterung der Prozessgrenzen eine zentrale Rolle.
„Die gemeinsame strategische Initiative der Stuttgarter Fraunhofer-Institute und der Universität Stuttgart zielt auf eine frühe Einbindung von Industriepartnern ab, um den Transfer hochinnovativer Technologien in die industrielle Anwendung zu beschleunigen und durch die Entwicklung von disruptiven Geschäftsmodellen die Wettbewerbsfähigkeit unsere Industrie sicherzustellen“, so die Leiterin des neuen Leistungszentrums, Dr. Andrea Traube.
Am Zentrum für Mass Personalization sind folgende Institute beteiligt: Fraunhofer IAO, IBP, IGB, IRB und IPA und Institute der Universität Stuttgart: IAT, IABP, IEW, IFF, IFSW, IGVP, INSPO und ISW.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und
Automatisierung IPA
www.ipa.fraunhofer.de