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Laserstrahlschweißen von Aluminium

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Laserstrahlschweißen von Aluminium

Eine der ersten Anlagen für die Serienfertigung lasergeschweißter Aluminiumbauteile ist in Tamm bei Ludwigsburg installiert. Der aufgrund des Materials schweißtechnisch besonders anspruchsvolle Prozeß bereitet keine Probleme. Für diesen Erfolg waren allerdings intensive Entwicklungsanstrengungen erforderlich. Sie erfolgten in Kooperation zwischen dem Anlagenhersteller, dem als Zulieferer der Automobilindustrie für die Produktion und Entwicklung der Bauteile zuständigen Unternehmen und Forschungsinstituten.

Autoren: Dipl.-Ing. Jürgen-Michael Weick, TRUMPF GmbH+Co., Ditzingen Lothar Meyle, Willi Elbe GmbH+Co KG, Tamm

Nachdem das Laserschweißen von Stahlbauteilen schon lange etabliert war und solche Teile in großen Stückzahlen im Automobilbau Einsatz fanden, setzte sich ein Zulieferbetrieb, die Firma ELBE in Tamm, das Ziel, auch Teile aus dem schweißtechnisch wesentlich schwerer beherrschbaren Aluminium mit dem Laser zu fügen. Verschiedene Forschungsinstitute hatten den Prozeß grundsätzlich bereits untersucht. Die veröffentlichten, unter Laborbedingungen erzielten Ergebnisse legten nahe, daß einer prozeßsicheren Fertigung nichts im Wege stünde.
Der mittelständische Zulieferer ELBE wandte sich an den Werkzeugmaschinenhersteller TRUMPF, um eine praxisgerechte Lösung für die industrielle Produktion zu finden. So wurden im Sommer 1993 die ersten Muster einer Lenkspindel aus Aluminium im Applikationslabor in Ditzingen mit einem 4-kW-Laser geschweißt. Durch das Schweißen mit Zusatzdraht, den der Werkstoff Al MG Si 1 zur Vermeidung von Heißrissen benötigt, wurden auch tatsächlich optisch sehr ansprechende Nähte erzielt. Doch als – noch im Applikationslabor- die ersten Bauteile unter Serienbedingungen gefertigt wurden, stellte sich heraus, daß ein offenbar unterschätztes Phänomen die Produktion erschweren würde: sogenannte Nahtauswürfe.
Aus zwei Teilen lasergeschweißt: Lenkspindel aus Aluminium
Das zu fertigende Bauteil sollte eine einteilige Vorgängerkonstruktion ersetzen. Eine zweiteilige Lösung ist wirtschaftlicher, obwohl sie einen Schweißvorgang erforderlich macht. Das Baukastenprinzip erhöht deutlich die Flexibilität, um auf Änderungen und Variantenwünsche eingehen zu können.
Hohe sicherheitstechnische Anforderungen mußte auch die neue Konstruktion erfüllen: Die Naht muß ein statisches Drehmoment von 260 Nm aufnehmen können, und die dynamische Dauerfestigkeit muß 600 000 Lastwechsel mit +/-70 Nm übertreffen. Diese Vorgaben schränkten die Verfahrensauswahl stark ein. WIG-Schweißen hätte nicht alle Forderungen erfüllen können. In Frage kamen noch das Elektronenstrahl- und das Laserstrahlschweißen. Die Entscheidung fiel zugunsten des Lasers.
Die Rohlinge für die Lenkspindel sind mit hoher Präzision gefertigte Drehteile. Trotzdem ist die Laserschweißanlage dafür ausgelegt worden, mit einer Genauigkeit von zwei Hundertstel Millimetern die exakte Lage der Fügestelle zu finden. Die Sensorikspezialisten wählten dafür einen Triangulationssensor aus, der verschiendenste Aufgaben optimal erfüllen kann.
Vor dem Schweißen werden die Position der Fügestelle, der Rundlauf des Bauteils und der Spalt detektiert, um fehlerhafte Teile oder auch Einspannfehler zu erkennen. Nach dem Schweißen wird mit demselben Sensor die Naht abgetastet. Das dabei aufgenommene Profil zeigt Überhöhung bzw. Einfall und Gleichmäßigkeit der Naht an. Nur wenn die Daten innerhalb des vorgegebenen Toleranzfensters liegen, wird das Teil als „gut“ für die weitere Bearbeitung freigegeben. Anderenfalls wird mit entsprechend angepaßten Parametern erneut geschweißt. Sollten auch danach noch Beanstandungen auftreten, wird das Teil gesperrt und kann nur durch eine autorisierte Person freigegeben werden. Die Meßdaten des Bearbeitungsprozesses erfaßt und verarbeitet ein mit der Anlage gekoppelter Rechner, so daß dem Qualitätsmanagement von jedem Los alle relevanten Daten zur Verfügung stehen.
Von den praktisch auftretenden Fehlern waren es hauptsächlich unakzeptable Nahtauswürfe, die von der Sensorik als „unakzeptabel“ gemeldet wurden. Obwohl nachfolgende Tests belegten, daß selbst diese Teile bezüglich ihrer Festigkeit noch um das Dreifache über den vom Kunden gestellten Sicherheitsanforderungen lagen, wurden sie aus dem Fertigungsprozeß ausgeschleust und als Ausschuß deklariert. Ihr Anteil an der Produktion machte fast ein Prozent aus.
Merkmale der Anlage und Prozeßkenngrößen
Die Anlage ist als hochproduktive Fertigungseinrichtung für rotationssymmetrische Bauteile konzipiert. Die Teile werden wechselweise in zwei Drehachsen geschweißt, während die andere Station jeweils be- und entladen wird. Als Laserquelle kommt ein CO2-Laser von TRUMPF mit 3 kW Leistung und einer Strahlkennzahl von 0,4 zum Einsatz. Mittels Spiegeloptik wird der Strahl fokussiert und die für den Schweißprozeß notwendige Intensität von mehr als zwei Millionen W/cm² erzeugt. Die konstant hohe Strahlqualität ist der Garant dafür, daß Schweißfehler wie Nichteinschweißen oder Plasma-Abschirmung so gut wie nie auftreten.
Erste Prozeßoptimierung durch Anpassung der Schweißparameter
Schon bei der Fertigung der ersten Testserien hatte sich gezeigt, daß die nach oben offenen Poren, die sogenannten Nahtauswürfe, das Hauptproblem darstellten. 1994 war das Verständnis über ihre Entstehung noch gering. Die Spekulationen darüber reichten von Schwankungen der Legierungselemente im Material bis zu Instabilitäten, ausgelöst durch die Wechselwirkung des Laserstrahls mit dem Plasma. Die Diagnose der eigentlichen Ursache wurde zusätzlich erschwert: Rückstände von Stoffen wie Ziehfetten, Kühlschmiermitteln und Reinigungslösungen, mit denen die Bauteile zuvor in Kontakt gekommen waren, erzeugten das gleiche Fehlerbild wie die eigentliche schweißprozeßbedingte Ursache.
Durch intensive Weiterentwicklung der Reinigungsmethode konnten die prozeßbedingten Fehler isoliert und weiter untersucht werden. Eingesetzt wurde zum Beispiel ein Prozeßregler zur Ermittlung der Stellgrößen aus dem Stickstoffgehalt des Schweißplasmas. Doch die Erkenntnis war lediglich, daß die Auswürfe nicht durch Plasma-Abschirmung ausgelöst werden. Für die Verbesserung der Anlage ergab diese Untersuchung also keinen Ansatzpunkt.
So stand zum damaligen Zeitpunkt lediglich der Weg offen, die Schweißparameter so anzupassen, daß eine Minimierung der Nahtauswürfe erzielt werden konnte. Wichtige Parameter waren Fokuslage und das Mischungsverhältnis der Arbeitsgase.
Parallel eröffnete sich eine neue Möglichkeit, eine bessere Lösung zu finden: YAG-Laser, die nun mit einer höheren Strahlqualität von 2 kW zur Verfügung standen. Mehrere Testreihen wurden gefahren, und der YAG-Laser konnte seinen prinzipbedingten Vorteil bei der Aluminiumbearbeitung tatsächlich nachweisen: eine Reduzierung der Auswurfrate um den Faktor 10 ergab eine erste Alternative, um die Produktion auf einen besseren Level zu heben. Noch während der Diskussion über eine Umstellung der Anlage auf die YAG-Technik zeichneten sich neue Erkenntnisse beim Einsatz von Gas-Lasern ab.
Erfolgreiche Problemlösung: Doppelfokus zur Prozeßstabilisierung
Untersuchungen mit CO2-Lasern am Institut für Strahlwerkzeuge (IFSW), Stuttgart, ergaben 1995 folgendes: Durch eine Erweiterung des Keyholes mit der Zweistrahltechnik (am Institut wurden zwei Laserquellen auf ein Werkstück fokussiert) können die spontanen Einschnürungen, die eine explosionsartige Ausdehnung des eingeschlossenen Plasmas zur Folge haben, wirksam unterdrückt werden. Diese Erkenntnis veranlaßte TRUMPF, ein eigenes Projekt zu starten. Ziel: den Doppelfokus mit nur einer Laserquelle zu erzeugen und damit das Schweißen von Aluminium zu optimieren.
Strahlteilung mit Umlenkspiegel
Eine einfache Anordnung zur Strahlteilung mit einem Umlenkspiegel, der zwei zueinander verkippte Flächen hat, brachte das gewünschte Ergebnis. Über den Winkel kann der Fokusabstand der „Zwillinge“ eingestellt werden. Projektabschluß war es, den optimalen Abstand und die optimale Größe der beiden Brennpunkte zu ermitteln. Da die Aufteilung in zwei Brennpunkte die Intensität jedes Punktes halbiert, mußte zur Aufrechterhaltung der Schwellintensität die Leistung verdoppelt werden, da der 3-kWLaser für die Schweißaufgabe mit einem Fokus genau passend dimensioniert war. Positive Nebeneffekte aus dieser Maßnahme: die Schweißgeschwindigkeit kann um 50% erhöht werden, und die mögliche Schweißtiefe reicht über die geforderte Mindesttiefe hinaus.
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