Startseite » Allgemein »

Japaner fokussieren auf Zukunftstechnologien

Digitalisierung, smarte Automationslösungen und additive Verfahren prägen die Tokioter Leitmesse Jimtof
Japaner fokussieren auf Zukunftstechnologien

Technologiebegeisterung prägt die japanische Industrie seit Langem. Wie stark dabei disruptive Veränderungen wie die Digitalisierung, der demografische Wandel oder die Elektromobilität die Zukunft der Fertigungswelt beeinflussen, war auf der japanischen Metallbearbeitungs-Leitmesse Jimtof 2018 spürbar. Entsprechend beherrschten Themen wie Internet of Things (IoT), Automation und additive Fertigung als Erweiterung der Möglichkeiten der Zerspanung die Szene. Autor: Dr. Frank-Michael Kieß

Alle zwei Jahre wird die Jimtof (Japan International Machine Tool Fair) zum Schaufenster der Werkzeugmaschinenentwicklung in Japan. Vom 1. bis
6. November 2018 waren über 1000 Aussteller auf dem futuristischen Messegelände Tokyo Big Sight versammelt, die mit ihren Innovationen um das Interesse der mehr als 150 000 Besucher wetteiferten. Im Blickpunkt standen diesmal vor allem smarte Automationslösungen, die Einbindung additiver Fertigungsverfahren sowie die Digitalisierung in allen ihren Facetten.

Wer sich für additive Fertigungsverfahren im Metallbereich interessierte, wurde auf der Jimtof an vielen Ständen fündig – auch wenn das Thema 3D-Druck längst nicht in der Breite präsent war wie etwa bei der IMTS im September in Chicago. In Tokio standen Ergänzungs- und Erweiterungsverfahren zur klassischen CNC-Bearbeitung im Vordergrund. Dabei wurde einmal mehr das Faible der Japaner für Technologieintegration offenbar. So bietet Yamazaki Mazak mittlerweile fünf verschiedene additive Verfahren in Gestalt von Hybridmaschinen an. Neu auf der Jimtof: die Variaxis J-600/5X AM. Dank eines Auftragskopfes, der mit einem blauen Laser ausgerüstet ist, können auch hochreflektive Metalle wie Kupfer produktiv aufgebaut werden. Außerdem im Blickpunkt: das Vertikal-Bearbeitungszentrum FJV-60/80 FSW mit integrierter Rührreibschweiß-Einheit (Friction Stir Welding), interessant etwa für die Elektronikindustrie.

Auch an anderer Stelle treibt Mazak übrigens den „Done-in-one“-Ansatz weiter voran: Stets von Besuchergruppen umlagert war die Integrex e-1250V/8S AG – ein Multitalent, das 5-Achs-Dreh-Fräs-Bearbeitung und mehrere Verzahnungstechnologien inklusive Vermessung auf der Maschine mittels eines Sprint-Testers von Renishaw integriert.

Zurück zum 3D-Druck: Okuma präsentierte mit dem MCR-S ein Portal-Bearbeitungszentrum für große Automobilteile, das ebenfalls einen integrierten Laserauftragsschweißkopf mitbringt. Eingesetzt werden kann er für komplexe Strukturen und Reparaturarbeiten, ebenso wie für Finishing und Härten.

Maschinenstruktur mit additiven Genen

DMG Mori zeigte in Halle 8 sein Additive-Manufacturing-Portfolio, das sowohl Hybridmaschinen mit Laserauftragschweißen als auch reine Pulverbett-Printer umfasst. Ein Hingucker war die Konzeptstudie eines Fräsmaschinenkörpers, strukturoptimiert via additive Fertigung.

Nicht alle japanischen Werkzeugmaschinenhersteller setzen auf Hybridmaschinen. Diese seien unter dem Aspekt der Technologieintegration interessant, aber nicht immer wirtschaftlich, meint etwa Toshiba-Chef Yukio Iimura, zugleich Chairman des japanischen Branchenverbands JMTBA (Japan Machine Tool Builders’ Association). Bei größeren Stückzahlen sollten die Prozesse besser getrennt stattfinden. Entsprechend dieser Devise hat sein Unternehmen mit der ZK-T2010 eine großformatige Laserauftragschweißanlage entwickelt. Ausgerüstet mit zwei CNC-geführten Auftragsköpfen mit rund 6 kW Laserleistung, soll sie sehr hohe Bauraten für Stahl, Nickel- und Titanlegierungen erreichen und für Aerospace- oder Automotive-Teile Einsatz finden. Eine Nullpunktspannplatte ermöglicht den direkten Transfer auf ein CNC-Bearbeitungszentrum für das Finishing. Die Auslieferung soll noch in diesem Jahr starten.

Mit Mitsubishi mischt ein weiterer japanischer Multi im 3D-Druck-Geschäft mit. Am Stand war der Prototyp eines 3D-Metalldruckers für mittlere Baugrößen zu sehen, der auf Laserauftragschweiß-Technologie mit Drahtzuführung basiert. Produktionsreif könnte er in etwa zwei Jahren sein. Sodick schließlich wartete mit dem LPM 325 auf, einem neuen 3D-Metalldrucker, der eine hohe Baugeschwindigkeit im Laserschmelzverfahren erreichen soll und eine eigenentwickelte NC-Steuerung samt CAM-Software mitbringt.

Der zweite große Trend auf der Jimtof hieß Automatisierung. Gefragt waren vor allem smarte Automationslösungen, die einfach integrier- und bedienbar sein sollen und wenig Automationswissen erfordern. So stattet Matsuura, bekannt für Bearbeitungszentren mit komplexer Palettenautomation, seine Maschinen Zug um Zug auch mit einfacheren, leicht durchschaubaren Automationslösungen aus (siehe auch S. 24). Okuma zeigte auf der Messe den Armdroid, ein Palettiersystem, das sich sehr einfach in die Werkzeugmaschine einbinden lässt und über die CNC mit bedient wird – spezielle Robotikkenntnisse seien nicht erforderlich. Im Frühjahr soll es auf den Markt kommen.

Mehrere Maschinenhersteller waren mit eigenentwickelten, fahrerlosen Transportsystemen am Start. Makino etwa präsentierte den i-Assist, bestückt mit einem Fanuc-Roboter, der in einem Szenario für den automatisierten Werkzeug- und Formenbau Anlagen für das Elektrodenfräsen und -erodieren bedient. DMG Mori konterte mit dem Prototyp eines eigenen fahrerlosen Transportsystems mit Roboter: Die RV 3 soll zur EMO 2019 marktreif sein.

Smarte Automationslösungen

Außerdem präsentierten die Deutsch-Japaner das Robotersystem Matris, das keine besonderen Kenntnisse für den Betrieb benötige. Mit modularen Peripheriegeräten, einem Roboter und Mapps connected, einem dedizierten System für den Anschluss von Peripheriegeräten und Maschinen, eliminiere es die komplexe Programmbearbeitung und ermögliche eine unkomplizierte Systemeinrichtung auf einem einfachen Bedienbildschirm.

Am Stand von Mazak wiederum war eine bedienerfreundliche und kompakte Lösung für das automatische Bestücken und Entladen von CNC-Maschinen zu sehen, die in Zusammenarbeit mit dem belgischen Automationsspezialisten Robojob entwickelt wurde.

Als Trendthema, wenngleich nicht wirklich neu, kristallisierte sich auf der Jimtof auch die 5-Achs-Bearbeitung heraus. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Programmierung und die Umgebungsbedingungen hat sie sich bei vielen Fertigungsbetrieben noch nicht durchgesetzt. Um die Entwicklung zu pushen, hat DMG Mori 70 japanischen Kunden Maschinen für die 5-Achs-Simultan-Bearbeitung kostenlos zur Verfügung gestellt und bietet ihnen auch entsprechende Kurse an.

Spricht man über die großen Trends auf der Jimtof, dann darf das Thema Digitalisierung nicht fehlen. Immerhin gab schon das Messemotto „ Connect by technology for the future“ die Richtung vor. Wie stark das Thema die Japaner umtreibt, zeigte die Keynote von Chiaki Ito, früherer Vice-Chairman von Fujitsu. Er diskutierte die Revolution des Monozukuri, des japanischen Begriffs für Fertigungstechnik, durch künstliche Intelligenz und das Internet of Things (IoT). Seine Schlussfolgerung: Das Silicon Valley hat die Fertigungstechnik wiederentdeckt. „Software ist der Schlüssel zu Monozukuri“, so die Botschaft.

Entsprechend wollten die Jimtof-Macher beweisen, dass die Anbindung der Fertigung an die digitalisierte Welt kein Hexenwerk mehr ist, sondern heute funktioniert. So stieß die IoT-Installation in Halle 7, die fast 300 Maschinen von 72 Herstellern über Fanucs Field-Technologie zu einer Smart Factory verknüpfte, auf großes Publikumsinteresse.

An einer Reihe von Messeständen waren Lösungen zu sehen, wie sich unter Einsatz von Cloud-Technologien die Bearbeitungsergebnisse optimieren lassen. So zeigte etwa Makino, wie sich 3-Achs-Bearbeitungsdaten in die Cloud hochladen lassen, dort in 5-Achs-Daten konvertiert und zurück auf die Maschine gespielt werden, um lokale Rechenpower zu schonen. Zur Anbindung braucht man lediglich das Pronetconnex-Interface, das den vor allem in den USA verbreiteten Datenstandard MT Connect unterstützt.

Aus deutscher Sicht war natürlich interessant, welche Rolle der vom deutschen Branchenverband VDW mit führenden heimischen Werkzeugmaschinenherstellern entwickelte Datenstandard Umati (Universal Machine Tool Interface) in Tokio spielen würde. Dass die erst zur AMB im September vorgestellte Schnittstelle auf der Messe noch kein großes Thema sein würde, war abzusehen – schließlich ist das in den USA seit Jahren verbreitete MT Connect für die exportorientierten japanischen Werkzeugmaschinenhersteller weit wichtiger.

Umati-Projektleiter Dr. Alexander Broos berichtete immerhin von positiven Gesprächen, unter anderem mit Branchengrößen wie Fanuc und Mitsubishi. Im Januar 2019 hat die Joint Working Group mit der OPC
Foundation ihre Arbeit aufgenommen und der nächste große Meilenstein ist die Vorstellung eines umfangreicheren Showcases auf der EMO Hannover 2019. „Dort wollen wir eine deutlich größere Anzahl vor allem auch internationaler Partner für Umati vorstellen“, kündigt Broos an.

Aktuelle Ausgabe
Titelbild mav Innovation in der spanenden Fertigung 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Trends

Aktuelle Entwicklungen in der spanenden Fertigung

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Alle Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de