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Gemeinsam stark:Formenbau-Cluster in Europa

Wege zum globalen Markteintritt
Gemeinsam stark:Formenbau-Cluster in Europa

Immer häufiger organisieren sich meist kleinere und mittelständische Unternehmen in Clustern. Mit gemeinsam erarbeitetem Know-how und koordiniertem Marketing beabsichtigen sie, ihre Position im weltweiten Wettbewerb deutlich zu verbessern. Autor: Konrad Mücke

Auch kleine und mittelständische Unternehmen, zum Beispiel Werkzeug- und Formenbauer, arbeiten inzwischen globalisiert. Allerdings begegnen sie dabei einigen Schwierigkeiten. Über eine Region oder gar einen Kontinent hinaus tätig zu sein, bedarf erheblicher Anstrengungen. Wie schafft man den Markteintritt? Welche landestypischen Gepflogenheiten sind zu beachten? Welche Markthindernisse gibt es? Wie kann man potentielle Kunden erreichen und überzeugen? Welche Konditionen sind passend, um wettbewerbsfähig aufzutreten?

Diese Fragen zufriedenstellend zu beantworten, fehlen den klein- und mittelständischen Unternehmen meist die personellen und finanziellen Kapazitäten sowie das erforderliche Know-how. Allerdings sind weitreichende Kenntnisse der Zielmärkte und der regionalen Besonderheiten essentiell, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Im globalisierten Wettbewerb ist es aber unabdingbar, überregional und international neue Kundenpotentiale zu erschließen.

Netzwerke stärken Kompetenz

Allen voran deutsche Werkzeug- und Formenbauer, aber auch kleine und mittelständische Betriebe in anderen Branchen, nutzen deshalb ein branchenorientiertes Networking. In Clustern organisieren und bündeln die Partner vor allem mehrere Kompetenzfelder mit Beteiligten aus unterschiedlichen Bereichen. Das befähigt sie beispielsweise Synergien zu nutzen, Innovationen im passenden Umfeld zu präsentieren und neue Marktchancen zu erkennen. Ebenso schaffen sie eine zukunftsgerichtete Zusammenarbeit zwischen staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen, Verbänden und Interessengruppen.

Gemeinsam mehr wissen und leisten

Eine Zusammenarbeit lohnt sich vor allem, weil alle beteiligten Unternehmen Infrastrukturen koordinieren und gemeinsam nutzen können. Kapzitäten lassen sich aufeinander abstimmen. Das kann die Logistik bei Lieferungen und Rohstoffbeschaffung betreffen. Als besonders vorteilhaft erweist sich, Wissen in der Zusammenarbeit mit Instituten gemeinsam zu beschaffen und zu nutzen. Das betrifft beispielsweise Management-Methoden, die unternehmensübergreifend entwickelt und auf spezielle Belange optimiert werden. Ein Beispiel sind gemeinsam koordinierte, vereinfachte Abläufe im Qualitätsmanagement. Weiter lassen sich kaufmännische und technische Abläufe vereinfachen durch übergreifend koordinierte und standardisierte Verträge zur Auftragsabwicklung und zur Gewährleistung.

Insbesondere bei der derzeit geforderten Digitalisierung trägt ein Cluster dazu bei, Erfahrungen und Erkenntnisse untereinander zu teilen, weiterzuentwickeln und derart Konzepte zu Industrie 4.0 deutlich schneller und wirtschaftlicher voranzutreiben. Gegenüber Kunden fördert dies die Flexibilität und die Zuverlässigkeit sowie die betriebswirtschaftliche Kompetenz und Glaubwürdigkeit.

Wahrnehmung stärken

Besonders profitieren die in einem Cluster organisierten Unternehmen vom gemeinsamen Marktauftritt. Dazu verwirklichen sie gemeinsam Konzepte fürs Marketing. So treten die Betriebe beispielsweise bei Messen zusammen auf, gestalten eine gemeinschaftliche Werbung und nehmen koordiniert an Fachtagungen und Präsentationen teil. Das verringert zum einen die Kosten und den Aufwand für jedes einzelne Unternehmen, das im Cluster organisiert ist. Zum anderen ermöglicht diese koordinierte Arbeitsweise häufig überhaupt erst eine sinnvolle, öffentlich wahrnehmbare Darstellung der Kompetenzen und Leistungen der beteiligten Unternehmen. Fertigungsbetriebe unterschiedlicher Kompetenzen bieten ein Gesamtpaket an Leistungen. Sie können als „One-Stop-Shop“ auftreten. Das stärkt die Marktposition und vereinfacht für Kunden den Kontakt.

Unternehmen und Regionen stärken

Darüber hinaus ergeben sich im Netzwerk intern weiterführende Technologiepartnerschaften und ein ergiebiger Austausch an Know-how. Das fördert Innovationen. Die kooperierenden Fertigungsbetriebe können zukunftsgerichtete Produkte und Leistungen entwickeln und anbieten, die sie allein nicht verwirklicht hätten. Damit beschleunigen Cluster die technologische und wirtschaftliche Entwicklung der Region, in der die beteiligten Unternehmen angesiedelt sind.

Ebenso unterstützen gemeinsame Projekte der Cluster die Aus- und Weiterbildung von Personal. Insbesondere in der aktuellen Situation fehlender Fach- und Nachwuchskräfte wird die öffentliche Präsentation eines gesamten industriellen Bereichs verbessert, der ansonsten wahrscheinlich von potentiellen Bewerbern im Arbeitsmarkt nur marginal wahrgenommen würde. Dadurch finden die Unternehmen schneller und einfacher geeignete Arbeitskräfte und sorgen zudem im regionalen Arbeitsmarkt für eine höhere Beschäftigungsrate. Damit stärken sie zusätzlich ihre Heimatregion. Cluster fördern so das Wirtschaftswachstum und erhöhen insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit einer Region.

Schwäbische Spezialität?

Speziell in Baden-Württemberg hat man die Vorteile von Clustern erkannt. In mehr als 120 solcher Strukturen haben sich Unternehmen aus einer Vielzahl Branchen, darunter Automotive, Medizin- und Verpackungstechnik, Leichtbau, Textilindustrie, Optik und Photonik sowie Energie und Logistik, organisiert. Beteiligt sind neben Produktionsbetrieben und anderen Wirtschaftsunternehmen Forschungseinrichtungen (zum Beispiel einige Fraunhofer-Institute) und öffentliche Stellen (regionale Industrie- und Handelskammern).

Zum Beispiel hat sich in Tuttlingen ein Cluster aus Herstellern und Dienstleistern zum „Weltzentrum der Medizintechnik“ gebildet. Die MedicalMountains GmbH vernetzt und unterstützt als Clustermanagement die Unternehmen. Die wertvolle Arbeit im Cluster lässt sich das am Beispiel der neuen Europäischen Medizinprodukteverordnung (EU-MDR) zeigen.Wie Julia Steckeler, eine der Geschäftsführerinnen des Cluster-Managements, berichtet, vermitteln die Weiterbildungsangebote praxisnahes Wissen, damit Medizintechnikhersteller die neuen Forderungen erfüllen können. Checklisten, Leitfäden sowie die Publikationen des gemeinsam erarbeiteten ExpertTables geben weitere pragmatische Hilfe und eine Plattform, um gemeinsame Probleme zu lösen. „So kann jedes Medizintechnik-Unternehmen von der Nähe zu anderen profitieren und die Herausforderungen besser meistern“, ergänzt Julia Steckeler.

Unter anderem bilden mehr als 200 Unternehmen ein Cluster der Kunststoffbranche im Wirtschaftsraum Heilbronn. Mit der Initiative KunststoffDIALOG, an der 38 Unternehmen und Institutionen beteiligt sind, wurden die Strukturen geschaffen, um eine Vielzahl an Unternehmen aller Teilbereiche der Kunststoffbranche zu organisieren. Im Rahmen von Kunststoff-Foren mit jeweiligen Schwerpunktthemen treffen sich die Beteiligten zu einem Erfahrungsaustausch und zum Wissenstransfer von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dort werden auch gemeinsame Messeauftritte, Werbemaßnahmen und Präsentationsveranstaltungen geplant. Ähnlich arbeitet der Cluster MetallDIALOG mit mehr als 250 Unternehmen im Wirtschaftsraum Heilbronn.

Weltweit als Vorteil gesehen

Inzwischen haben Unternehmen in weltweit zahlreichen weiteren Regionen erkannt, dass eine Organisation in Clustern lohnt. Bayerische Unternehmen koordinieren inzwischen in mehreren Dutzend Netzwerken ihr Know-how und ihre Marktteilnahme. In der Schweiz bestehen ebenso Netzwerke, die auf ausgesuchte Branchen fokussieren. Das betrifft unter anderem den Cluster Health Tech. In ihm sind Unternehmen, Institutionen und Forschungseinrichtungen integriert, die sich mit der gesamten Wertschöpfungskette der gesundheitlichen Prävention befassen. Das Netzwerk umfasst Zulieferer, Dienstleister, Aus- und Weiterbildungsstätten sowie Investoren in den Bereichen Medizintechnik, Pharmazeutik, Biotechnologie, Diagnostik und allgemein Gesundheitswesen.

Speziell in Portugal haben sich eine Vielzahl an Werkzeug- und Formen- sowie Maschinenbauern überwiegend aus der Region Marinha Grande und Oliveira de Azeméis im Cluster Engineering & Tooling organisiert. Dadurch können sie als kompetenter Partner der internationalen Automobilindustrie tätig werden.

Für den Sektor Kunststoffe bildet in Österreich der Kunststoff-Cluster (KC) ein branchenübergreifendes Netzwerk. Die Vereinigung umfasst etwa 400 Unternehmen mit mehr als 63 000 Beschäftigten. Zum Cluster gehören überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen aus allen vor- und nachgelagerten Branchen sowie aus der Kunststoffverarbeitung selbst. Übergreifend im Cluster befassen sie sich damit, Werkstoffe und Bauteilkonstruktionen weiterzuentwickeln, Fertigungstechnologien und Produktionsstrukturen zu optimieren und zu flexibilisieren sowie die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften voranzutreiben.

Selbst in der chinesischen Industrieregion Shenzen haben inzwischen Werkzeug- und Formenbauer ein Cluster gebildet. Sie verwirklichen damit vor allem ein gemeinsames Marketing für den europäischen Markt. Beauftragte des Clusters veröffentlichen speziell im Internet die Leistungen der integrierten Fertigungsbetriebe. Zusätzlich vermitteln sie den Kontakt zwischen europäischen Auftraggebern und den chinesischen Werkzeug- und Formenbauern. Sie unterstützen die wechselseitige Kommunikation und überwinden Sprachbarrieren. Sie steuern auch, dass spezifische Anfragen den geeigneten Fertigungsbetrieben in China jeweils optimal passend zu deren technischer Kompetenz und wirtschaftlicher Kapazität zugeordnet werden.

Clusterportal-bw
www.clusterportal-bw.de

Medical Mountains
https://medicalmountains.de

KunststoffDIALOG
https://wfgheilbronn.de/kunststoffdialog.html

Health Tech Cluster Switzerland
https://www.healthtech.ch

Kunststoff-Cluster Österreich
www.kunststoff-cluster.at


Gemeinsam für Fairness in der Automotivebranche

Mehr als ein Viertel der über 1000 Mitgliedsunternehmen des Wirtschaftsverbands industrieller Unternehmen Baden e. V. (WVIB) sind Automobil-Zulieferer. Sie haben sich im Cluster Automotive organisiert. Auf Initiative der Mitgliedsunternehmen entstand im Automotive-Beirat des Clusters das Positionspapier für faire Zusammenarbeit in der Lieferkette „Mit Fairness voran“. Über 130 Unternehmen haben ihre Zustimmung zu den Leitsätzen dokumentiert, leben sie innerhalb ihres Unternehmens und fordern sie in der Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten.

Die Mitglieder sind überzeugt, dass der Umbruch in der Automotive-Welt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit benötigt, nicht weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit.

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