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Druckguss-Formenbau: Fräsen schneller als Erodieren

Präzise und schnell dank moderner HSC-Frästechnik
Druckguss-Formenbau: Fräsen schneller als Erodieren

Jürgen Jung, Inhaber und Geschäftsführer des gleichnamigen Formenbaubetriebes in Gransdorf, ersetzt im eigenen Betrieb zunehmend Erodieroperationen durch HSC-Fräsen. Aktuelle Kapazitätserweiterung für die 5-Achs-Bearbeitung ist ein HSC-Zentrum RXU 1001 DSH von Röders. Autor: Klaus Vollrath

Druckgussformen sind Hochleistungserzeugnisse aus gehärtetem Werkzeugstahl. Die formgebenden Konturen werden entweder durch Senkerodieren oder durch Fräsen hergestellt. Bei den verwendeten Warmarbeitsstählen konnten aufgrund ihrer hohen Härte die früheren Frästechnologien nur in eingeschränktem Umfang angewendet werden, weshalb das Erodieren wesentliche Anteile an der Gesamtwertschöpfung hat, zumal häufig feine und zugleich tiefe Konturbereiche – wie z. B. Rippen – gefertigt werden müssen.

Daraus ergaben sich jedoch Nachteile bezüglich Produktivität und Oberflächengüte, aber auch hinsichtlich der erforderlichen Nacharbeit (wie z. B. Polieren). Hier bieten moderne Bearbeitungszentren für das HSC-Fräsen deutliche wirtschaftliche Vorteile.

„Unsere Kunden sind vor allem Druckgießereien, die Aluminium-, Magnesium- oder Zinkdruckgussteile für die Automobilindustrie und deren Zulieferer sowie andere Hightech-Branchen herstellen“, sagt Jürgen Jung, Inhaber und Geschäftsführer der Formenbau Jürgen Jung GmbH in Gransdorf.

Darüber hinaus werden auch Spritzgießwerkzeuge angefertigt. Nach langjähriger Tätigkeit im Formenbau der Druckgießerei, wo er bereits seine Ausbildung absolviert hatte, machte Jung sich 1991 im Nebenerwerb und ab 1997 im Vollerwerb selbstständig. Mittlerweile beliefert er Druckgießereien in ganz Deutschland und in der Schweiz, wo man die von ihm mit seiner kompetenten Mannschaft hergestellte Qualität „Made in Germany“ kennt und schätzt.

Der Kundenstamm umfasst etwa 80 % Lohngießereien und 20 % Eigenbedarfsgießereien. Die Zusammenarbeit mit den Eigenbedarfsgießereien bietet deutliche Vorteile, da hier eine primäre Einflussmöglichkeit auf das Bauteildesign besteht, was letztlich Kosten und Nacharbeit beim Gießwerkzeug spart.

Entwicklungs-Knowhow zum Vorteil des Kunden

„Da ich meine ersten Erfahrungen noch zu Zeiten machte, als die Gießwerkzeuge nach Zeichnungen und nicht nach 3D-CAD-Daten angefertigt wurden und die Maschinenachsen manuell verfahren wurden, habe ich die Entwicklung moderner IT-Technologien besonders aufmerksam verfolgt“, ergänzt Jung.

Dank langjähriger Tätigkeit im Formenbau für Druckgusswerkzeuge habe er viele unterschiedliche Erfahrungen bezüglich der Möglichkeiten und Grenzen des Druckgießprozesses sammeln können. Die gesammelten Erfahrungen fließen bei der Konstruktion der Gießwerkzeuge mit in den Designprozess oder als Beratungsanteil ein. Diese Kooperation wirke sich positiv auf die Produktivität des Prozesses, die Haltbarkeit des Werkzeugs und die Eigenschaften des Druckgussteils aus. Auch seine Belegschaft kenne die speziellen Anforderungen an Druckgießwerkzeuge und achte bereits zu Beginn der Herstellung auf die wichtigen Punkte.

Bei der Zusammenarbeit mit den Kunden setzt Jung in der eigenen CAD/CAM-Abteilung auf die CAD-Software „Visi“. Diese Software biete ihm optimale Durchgängigkeit von den Schnittstellen für die Datenübernahme der verschiedensten Kundendatenformate bis zu den Postprozessoren der Werkzeugmaschinen in seiner Fertigung.

Zur zusätzlichen Erweiterung der internen Fachkompetenz konnte ein Ingenieur mit langjähriger Gießereierfahrung gewonnen werden, der die Kunden zusätzlich auch bei der Auslegung der gießtechnischen Elemente der Druckgießwerkzeuge unterstützt. Für die Gieß-Simulationsberechnungen wird ein versierter externer Dienstleister mit eingebunden. Von Vorteil sei auch seine Kooperation mit Forschungseinrichtungen wie den Hochschulen in Aalen und Aachen.

„Bei unseren Formen legen wir größten Wert auf hohe Genauigkeit, da sich dies positiv auf die Gebrauchseigenschaften der Gießwerkzeuge und die Qualität der Gussteile auswirkt“, ergänzt Jan Petri, Werkzeugmechaniker und „rechte Hand“ von Jung. Bei der Bearbeitung konzentriere man sich vor allem auf die harten, konturgebenden Formaktivteile und vergebe unkritischere Arbeitsgänge, wie die Herstellung von Formrahmen, an Zulieferer.

Präzision – und Flexibilität bei
„Feuerwehreinsätzen“

Zu den wesentlichen Pluspunkten des Unternehmens gehörten auch hohe Flexibilität und schnelle Reaktionsgeschwindigkeiten bei Ausfällen oder dringend erforderliche Reparaturen von Kunden-Gießwerkzeugen. Dies gelte für Werkzeugbruch (Teilausbrüche der Konturoberfläche) ebenso wie z. B. für das Aufschweißen und Neubearbeiten von verschlissenen Konturbereichen. Hier kämen die Stärken des direkt vom Inhaber geführten kleineren Mittelstandsbetriebs voll zur Geltung.

Der Chef kenne seine Ressourcen und Produktionsplanungen aus dem FF und könne zeitnah Entscheidungen über Neu- oder Umplanungen von Maschinenkapazitäten und Personal treffen. Solche „brandeiligen“ Aufträge nehme man auch für Gießformen an, deren ursprüngliche Hersteller Probleme damit hätten, bei ihren Kapazitäten entsprechend flexibel umzudisponieren. Zudem gebe es, so Petri, im Unternehmen keine Verkettungen der Fertigungsanlagen, wodurch sich Prozessketten ohne größere Probleme auftrennen und neu zusammenstellen lassen.

Kürzlich hätte ein Kunde einen Folgeauftrag zu einem baugleichen Nachfolgewerkzeug einer vor Jahren gebauten älteren Form beauftragt, die man damals noch überwiegend durch Senkerodieren hergestellt hatte. In diesem Fall wurde beschlossen, die Herstellung des neuen Werkzeugs weitgehend von Erodieren auf HSC-Fräsbearbeitung umzustellen. Statt wie früher auswerfseitig acht Elektroden einzusetzen, wurde diesmal nur noch eine benötigt, und auch düsenseitig blieb von damals zwei Elektroden nur noch eine übrig. „Obwohl der Aufwand für diese Neukonzipierung der Fertigungstechnologie erheblich war, hat es sich von der Gesamtkostenkalkulation her gerechnet“, bilanziert Jürgen Jung.

HSC-Fräsen schneller als Erodieren

„Im Lauf der letzten Jahre haben wir unsere Arbeitsweise nach und nach vom Erodieren zum HSC-Fräsen umgestellt“, erläutert Jung. Das Erodieren sei ein Verfahren, durch das in der Konturoberfläche schädliche Zugspannungen sowie eine „Weißschicht“ entstehen, die bei ungenügender Poliertiefe zu vorzeitigem Konturverschleiß an der Druckgießform führen können. Diese „Weißschicht“ müsse nach dem Erodieren mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand abgetragen werden.

Auch stelle die beim Erodieren erreichbare Genauigkeit ihn nicht immer zufrieden. Deshalb habe man vor vier Jahren zunächst in ein Fünfachs-Fräsbearbeitungszentrum mit Schwenkkopf und Rundtisch von Matec investiert. Damit sei man in die 5-Seiten-Bearbeitung von Formen eingestiegen. Die Kostenvorteile stellten sich schnell dar, was sich dann auch für die Kunden lohnte. Mittlerweile werde viel weniger erodiert als noch vor einigen Jahren, weil das HSC-Fräsen schneller und genauer ist. In der Folge stieg der Fräsanteil deutlich an, während das Erodieren signifikant abnahm.

Nach drei Jahren habe man bereits über ein zweites System nachgedacht, das allerdings höhere Ansprüche an Genauigkeit und Fahrdynamik erfüllen sollte als die vorhandene Anlage.

Röders von Fachkollegen empfohlen

„Einen wichtigen Beitrag zur Entscheidung für das neue Fertigungssystem bildete die Erfahrung von Branchenkollegen“, sagt Petri. Natürlich habe man recherchiert, Prospekte gesichtet und Daten verglichen, doch im Vordergrund standen insbesondere praktische Langzeiterfahrungen von befreundeten Formenbauern.

Dabei kristallisierte sich heraus, dass mit Röders-Maschine hervorragende Langzeitgenauigkeiten erreicht werden können und zudem diese Maschinen eine gute Zuverlässigkeit hätten. Auch biete Röders einen schnellen und kompetenten Service. Angesichts der Bedeutung der Investition wurde auch ein Kollegenbetrieb besucht, der bereits zwei Röders-Anlagen im Einsatz hatte. Dessen Empfehlung zugunsten von Röders gab dann letztlich den Ausschlag.

Weiterer wichtiger Punkt war auch die Möglichkeit, das System sowohl für die HSC-Bearbeitung der gehärteten Konturteile der Formen als auch für das Fräsen von Graphitelektroden einzusetzen, denn trotz sinkenden Anteils bleibe das Erodieren in bestimmten Bereichen wie z. B. bei tiefen, schmalen Rippen nach wie vor unverzichtbar. Bis dato habe man rund 90 % des Bedarfs an Elektroden zukaufen müssen.

Nach Einführung der neuen Röders werden inzwischen so gut wie alle Elektroden im Hause gefertigt. Ein weiterer Faktor war die Kompetenz des Vertriebsmitarbeiters von Röders, der bei der Auslegung der für die Anforderungen von Jung passenden Maschine beratend zur Seite stand. Im September/Oktober 2016 wurde die Anlage – ein fünfachsiges HSC-Fräsbearbeitungszentrum RXU 1001 – schließlich in Betrieb genommen.

Learning by Doing

„Im Prinzip konnten wir mit dieser Anlage schon vom ersten Tag der Inbetriebnahme an produzieren“, erinnert sich Jung. Praktisch von Beginn der Schulung an habe man Bearbeitungen an realen Frästeilen durchgeführt. Dabei erwies sich als Vorteil, dass das genutzte CAM-System auch im Hause Röders zum Einsatz kommt. Somit kennen die Leute dort vor Ort die Knöpfe und Bildschirm-Icons genau, so dass man bei Rücksprachen für optimale HSC-Strategien über Teamviewer eins-zu-eins Informationen austauschen kann.

Die windowsbasierte Röders-Steuerung sei erfreulich einfach und intuitiv bedienbar und sehr einprägsam, auch bei Rückmeldungen zur Abarbeitung der Anwendung werde nach Relevanz sortiert, was sehr hilfreich sei.

CNC-Programme könnten ohne großen Aufwand händisch ergänzt werden, etwa um eine Bohrung einzufügen oder Operationen mit anderem Ursprung zu wiederholen. Zum Service von Röders könne er eigentlich nur sagen, dass dieser einen guten Leumund habe, weil er in den anderthalb Jahren seit Inbetriebnahme noch gar nicht richtig gefordert wurde.

Überzeugende Präzision

„Die Präzision der neuen HSC-Fräse ist beeindruckend und erleichtert uns die Arbeit erheblich“, verrät Petri. Bearbeitet werden sowohl Formen-Warmarbeitsstähle mit Härten von 44–47 HRC als auch Graphitelektroden. Für die Abreinigung des Graphitstaubs ist die Maschine mit einem leistungsfähigen Staubsaugsystem ausgestattet.

Die Bearbeitungswerkzeuge erreichten auch bei der Hartbearbeitung hohe Standzeiten, wohl auch wegen der geringen Vibrationen. Deshalb überzeuge das System aus Bearbeitungswerkzeugen und Röders-Maschine auch hinsichtlich der Oberflächengüte. Man könne mit Fräsern bis herab zu Durchmessern von 0,3 mm arbeiten und damit erforderlichenfalls in den Formen kleinste Eckenradien von lediglich 0,2 mm realisieren.

Früher habe man Schieber mit Vorhalt gefräst und dann manuell nacharbeiten müssen. Heute könne man sie fertig bearbeitet aus der Maschine nehmen und meist sofort in die Form schieben.

Auch der Zeitbedarf für das Tuschieren der Formen ist seit Verwendung der neuen Röders-Fräse in den meisten Fällen erheblich reduziert worden. Die Qualität der Formen sei inzwischen so gut, dass die gelieferten Druckgießwerkzeuge im Schnitt mit lediglich einem Bemusterungsdurchlauf abgenommen werden. Zudem betreffe mögliche Nachbearbeitung oft eher die Gießtechnik, als die Teilekontur. Mit solchen Ergebnissen mache das Arbeiten sehr viel Spaß.

Das zum Einsatz kommende, durchgängig auf allen Fertigungsanlagen installierte Nullpunktspannsystem, dessen Spannzapfen direkt an der Werkstückunterseite angebracht werden, bietet für den zeitlichen Rüstaufwand entscheidende Vorteile. In Kombination mit der Koordinatenmessmaschine können die Werkstücke und die zur Anwendung kommenden Spannmittel schon vor dem Einsetzen in das Bearbeitungszentrum genau eingemessen werden, so dass der bisher in der Maschine erforderliche Zeitaufwand für das Rüsten auf ein Minimum reduziert werden konnte.

Formenbau Jürgen Jung GmbH
www.jung-formenbau.de

Röders GmbH
www.roeders.de

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