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Turbinengehäuse günstiger fräsen

Neues System kombiniert Semischlicht- und Schlichtwendeschneidplatte – bis zu 40 % weniger Kosten
Turbinengehäuse günstiger fräsen

Downsizing macht Motoren sparsamer. Damit dennoch die Leistung stimmt, sorgen Turbolader immer öfter auch in kleineren Fahrzeugen für Ausgleich. Der Markt wächst, aber auch der Druck auf die Preise. Walter entwickelte ein neues Fräser-System speziell für die Anforderungen dünnwandiger Turbinengehäuse. Es spart bis zu 15 % Zerspanungskosten pro Teil.

Die Kraftstoffverbräuche der Autos müssen reduziert werden – nicht nur im Labor. Gesetzliche Vorgaben aus allen Regionen der Welt zwingen die Automobilindustrie zu Maßnahmen in praktisch allen Fahrzeugklassen. Das stellt die Automobilindustrie vor große Herausforderungen. Eine wichtige Stellschraube: Turbolader, die aus kleineren und effizienteren Motoren viel Leistung herausholen. Doch auch die Turbolader selbst sollen immer kleiner, effizienter und nicht zuletzt kostengünstiger werden.

Zerspanungskosten senken
„Wir gehen davon aus, und das bestätigen auch Untersuchungen führender Hersteller von Turboladern, dass die Anzahl der Turbolader für Benzinmotoren innerhalb von fünf Jahren um das etwa 2,5-Fache steigen wird“, sagt Rolf Buob, Component Manager für Turbinengehäuse bei der Walter AG (lesen Sie hierzu auch das Interview mit Rolf Buob – Seite 90). Gerade Turbolader für Benzinmotoren stellen im Vergleich zu Dieselmotoren besondere Anforderungen an die Zerspanung. Die Abgastemperaturen im Turbinengehäuse erreichen zwischen 1000 und 1050 °C, bei Dieselmotoren liegen sie bei moderaten 800 bis 850 °C. „1000 Grad und mehr erfordern hoch temperaturbeständige Stähle, typischerweise Chrom-Nickel-legierte Stähle der Werkstoffkennnummer 1.48 mit den Endziffern 49, 48, 37 oder 26. Wobei der Trend in Richtung 1.4826 geht. Diese 1.48er-Stähle werden ständig weiterentwickelt, und es wird immer schwieriger, sie zu bearbeiten“, weiß Buob.
Sie machen das Turbinengehäuse auch zum teuersten Bauteil für die Zerspanung. Buob: „Wir rechnen, je nachdem, ob mit oder ohne Abgaskrümmer, mit unterschiedlichen Zerspanungskosten pro Bauteil.“ Vor allem der hohe Chromanteil senkt die Standzeiten, „es gibt Applikationen, bei denen ein Werkzeug gerade einmal zwanzig bis dreißig Bauteile hält.“ Zum Vergleich: Die Materialien für Turbinengehäuse von Dieselmotoren ermöglichen 5- bis 10-fach höhere Standzeiten bei gleichzeitig 50 % höherer Bearbeitungsgeschwindigkeit.
Die Zerspanungsexperten bei Walter haben deshalb ein neues Fräser-Konzept für das Schruppen, Semischlichten und Schlichten speziell von Turboladergehäusen entwickelt. Es senkt die entscheidenden Kosten pro gefertigtem Teil und verbessert gleichzeitig die Oberflächenqualität deutlich. Im Verlauf der Entwicklung wechselte man vom bisher üblichen Kassettensystem für das Schlichten zu einem bewusst einfachen Werkzeugaufbau mit Festplattensitz. Durch diese „Plug & Play“-Lösung entfallen die Voreinstellarbeiten, die eine Genauigkeit zwischen 3 und 5 µm erforderten.
16 Schneidkanten reduzieren den Druck
Weitere Sparmaßnahme: Walter setzt identische Wendeschneidplatten mit 16 Schneidkanten als Semischlicht- und Schlichtwendeschneidplatte ein. Marktüblich waren bisher zwölf für das Semi-Schlichten und vier für das Schlichten. Es vereinfacht zudem die Lagerhaltung und schließt Fehler durch ein Verwechseln der Wendeschneidplatten aus. Die Wendeschneidplatten sind PVD- oder CVD-beschichtet und in unterschiedlichen Geometrien verfügbar. Typisch sind Wendeschneidplatten der Sorte Walter WSP45S oder WSM45X. Kurze Schneidkanten senken den Druck auf die labilen Bauteile. Dadurch entstehen weniger Vibrationen, was der Oberflächenqualität zugutekommt. Diese verbessert sich von den üblichen Rz 7-8 auf ca. Rz 5. „Insgesamt verbessern sich durch diese Maßnahmen Handhabung und Prozesssicherheit“, so Buob.
Beim Schlichtwerkzeug wird in der Regel jede dritte bis fünfte Platte anders positioniert. Die Semischlichtwendeschneidplatten sind wie beim Schruppfräsen etwa 5° freigestellt, die Schlichtwendeschneidplatten sind planschneidend eingebaut. Rolf Buob: „Wir reden deshalb von Semischlicht- und Schlichtplatte im selben Werkzeug, auch wenn es sich um identische Wendeplatten handelt. Lediglich der Plattensitz ist unterschiedlich eingeschwenkt.“ Die Schnittgeschwindigkeit beträgt beim Schlichten etwa 140 m/min, der Umdrehungsvorschub bis zu 4 mm. Speziell für das Schruppen gibt es diesen Fräser auch für Aufmaße bis 3 mm. Anders als beim Schlichtfräser sind bei ihm die Wendeschneidplatten axial und radial gleich angestellt. Sie haben alle die gleiche Funktion für die Bearbeitung.
Mit dem neuen Fräser-Konzept ist das Ende der Entwicklung aber noch nicht erreicht. Weitere Fortschritte erwartet man bei Walter von neuen PVD-Beschichtungen, die derzeit noch in der Entwicklung sind. ■
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