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Fertigungslinie zur Montage von 4-Zylinder-Motoren

Automatisierung und Flexibilität in höchster Perfektion
Fertigungslinie zur Montage von 4-Zylinder-Motoren

Eine der komplexesten Fertigungslinien in der Grob-Geschichte konnte im April dieses Jahres im Daimler-Motorenwerk in Untertürkheim seiner Bestimmung übergeben werden. Eine Fertigungslinie zur Montage von 4-Zylinder-Motoren mit bis dato noch nicht gekannten Anforderungen an Flexibilität und Automatisierung für nahezu alle Mercedes-Volumenmodelle mit Längs- bzw. Quereinbau mit einer Vielfalt von bis zu 36 Varianten.

Was Anfang 2006 mit der Ausschreibung des Daimler Konzerns für eine Fertigungslinie zur Montage von 4-Zylinder-Motoren begann, entwickelte sich schnell zu einem Projekt allerhöchster Herausforderungen an die Grob Projektierungsabteilung. Dabei ging es um die Ausschreibung einer Fertigungslinie zur Montage des völlig neu entwickelten 4-Zylinder-Diesel-Motors, der in seiner Grundvariante in fast allen Pkw-Plattformen zum Einsatz kommen sollte. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dann eine Erweiterung der Fertigungslinie auf die Nutzfahrzeugpalette erfolgen, also waren Längs- und Quereinbauten sowie Allradvarianten zu berücksichtigen. Anforderungen, die nicht nur sehr hohe Produktionsstückzahlen bei höchster Flexibilität bedeuteten, sondern konsequenterweise eine hoch automatisierte Fertigung durch den Einsatz von Robotern verlangten. Eine Maxime, der auch durch den herrschenden Konkurrenzdruck in der Automobilindustrie entsprochen werden musste. Sie sorgt bei minimalem direkten Personaleinsatz für reduzierte Produktionskosten.

Intensive erfolgreiche Vorarbeiten und hohe Grundanforderungen
Sechs Monate wurden bei Grob Konzepte erstellt, kalkuliert, verworfen und verbessert bis schließlich eine Lösung gefunden und den Anforderungen im vollen Umfang gerecht wurde. Sie war so überzeugend, dass das Unternehmen im Sommer 2006 nach langwierigen Verhandlungen den Auftrag zur Lieferung einer ersten Fertigungslinie bekam, mit der Option für die Lieferung einer zweiten Linie in etwa zwölf Monaten.
In diesem Projekt musste Grob aufgrund der Anforderungen ganz neue Wege beschreiten. Knickarm-Roboter sollten in dieser Montagelinie zum Einsatz kommen. Sie hatten in der Vergangenheit bei vergleichbaren Projekten eher Seltenheitswert. Das entsprechende Know-how für ihre Programmierung und Inbetriebnahme wurde bisher extern zugekauft. Doch nachdem die Planung eine sehr große Anzahl von Robotern vorsah (zehn Roboter für zwei Linien, mit der Option für weitere 65 Roboter), sollte die Programmierung und Inbetriebnahme der Roboter durch Grob-Mitarbeiter durchgeführt werden. Dafür wurden in einem umfassenden Schulungsprogramm einige Grob-Mitarbeiter aus Konstruktion und Produktion entsprechend ausgebildet. Mit Simulationsprogrammen wurden die Stationen von Beginn an am Computer auf die Machbarkeit der geplanten Abläufe getestet. Auf engsten Raum mussten die vollautomatischen Stationen mit manuellen Handarbeitsplätzen kombiniert und aufeinander abgestimmt werden. Die Planung sah den Einsatz von 65 Roboter in 43 Stationen, mit bis zu vier Roboter pro Station in der ersten Linie vor. Durch die große Anzahl der Roboter und den engen Verhältnissen konnten die Abläufe der Roboterbewegungen nur durch das optionale SafeRobot von Kuka abgesichert werden. Eine Technologie, mit der bei Grob Neuland betreten wurde, da diese Softwareoption zu Konstruktionsbeginn noch neu auf dem Markt war.
Grob-Know-how zur Standardisierung der Montagetechnik
Glücklicherweise hatten sich die Spezialisten bei Grob schon längere Zeit mit der Standardisierung der Montagetechnik auseinandergesetzt. Hoher Kostendruck und ein enger Terminplan verstärkten nun in diesem Prestigeprojekt die Notwendigkeit, die Standardisierungsidee konsequent voranzutreiben. Die Stationen sollten aus einem Baukastensystem zusammengestellt werden. Jeweils mit gleichem Aufbau und identischer Installation. Basis dafür war die Entwicklung der A-Säule als standardisiertes Grundgestell. An ihr wurden die für alle Stationen gleichermaßen notwendigen Anschraubflächen für die Stationsausrüstungen definiert. Außerdem wurden die Positionen für Schaltschrank und Pneumatikplatten einheitlich festgelegt. Ein weiterer Schritt in Richtung Standardisierung ergab sich durch die Übernahme von bewährter Technik aus dem Grob-Zerspanungsbereich. So konnte die gesamte Verkettungstechnologie aus dem aktuellen Serienstand für diese Linie übernommen, und damit kostensparende Synergien im Bereich der Instandhaltung und des Ersatzteilmanagements geschaffen werden.
Hohe Anforderung an die Montageeinrichtung
Aufgrund der engen Platzverhältnisse und der wenigen Entkopplungsspeicher müssen die einzelnen Stationen höchst zuverlässig arbeiten. Wie an einer Perlenkette aufgereiht, arbeiten teilweise hochkomplexe Stationen mit bis zu 24 NC-Achsen dicht an dicht hintereinander. Auf Pufferstrecken zwischen den Stationen zur Entkopplung sollte weitgehend verzichtet werden, und diese ließen sich auch aus Platzgründen nicht einbringen. Lediglich vor den wenigen manuellen Handarbeitsplätzen sollten kleine Speicher eingeplant werden. Die manuellen Arbeitsplätze mussten taktgenau zu den Automatikstationen eingerichtet werden. Um den kontinuierlichen Betrieb bei der großen Anzahl von Varianten zu gewährleisten, war es seitens Daimler unabdingbar, neue Belade- und Logistikkonzepte zu erarbeiten.
Für mögliche Ausfälle einzelner Stationen wurde eine Stand-by-Strategie entwickelt. Die hohe Flexibilität der Montageeinrichtung erlaubt es erstmals, die Stand-by-Umfänge auf Teilarbeitsfolgen zu beschränken. Fällt zum Beispiel an einer Station mit drei Robotern ein Roboter aus, arbeitet der Rest der Station weiter. Ersatzweise werden die Umfänge des ausgefallenen Roboters in einem Stand-by-Arbeitsplatz manuell ausgeführt. Somit konnte der Weiterbetrieb der Linie auf einem niedrigeren Niveau gesichert werden. Dies erhöht einerseits die Ausbringung der Linie, vergrößert aber anderseits deutlich die Komplexität der Zellensteuerung.
Ein absolutes Highlight der Anlage ist die vollautomatische Kolbenvormontage. In einer in sich abgeschlossen Einheit werden die Kolben mit Pleuel und Lagern vollautomatisch vormontiert, um als eigene Baugruppe in der Hauptlinie wiederum vollautomatisch in den Motor eingebaut werden zu können. Die Bauteile mit ihren empfindlichen Oberflächen müssen transportiert, gefügt und Verunreinigungen, die in diesem Prozess beim „Cracken“ der Pleuel zwangsläufig entstehen, zu hundert Prozent entfernt werden.
Bei der Umsetzung des Projekts flossen unzählige große und kleine Ideen von Grob-Mitarbeitern mit ein. Beispielhaft ist unter anderem der Einsatz eines Werkstückträgers mit Adapterplatte. Durch ihn konnten bestimmte Bauteile mit einem Roboter direkt gefügt und durch Indexierung der Adapterplatte die Toleranzketten deutlich reduziert werden. Der Werkstückträger dient dabei nur zum Transport des Motors.
Permanenter Zeitdruck fordert hohe Flexibilität
Eine weitere große Herausforderung bei der Realisierung des Projekts war die Tatsache, dass parallel zur Konstruktionsarbeit bei Grob der hochmoderne Daimler-Motor kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert wurde. Klassisch, bei einer derartigen Neuentwicklung. Auf die sich immer wieder ändernden Verhältnisse musste konsequent reagiert werden. Ein Umstand, der höchste Anforderungen an das Projektmanagement und alle seine Beteiligten stellte.
Nach der konstruktiven Umsetzung begann Ende 2007 unter beträchtlichem Termindruck der Aufbau der Anlage in Mindelheim. Immer wieder mussten bereits fertiggestellte Maschinenumfänge durch Optimierungen und Änderungen in der Motorkonstruktion neu überarbeitet werden. Schließlich erforderte der fristgerechte Serienanlauf im Daimler-Motorenwerk im Januar 2009 höchste Anstrengungen auf beiden Seiten. Zu hoch war die Komplexität der Anlage. Ein „Plug and play“ konnte nicht erwartet werden. Der neue Motor und die neuen Konzepte der Montagetechnik erforderten ein intensives Anlaufmanagement. Die dazu notwendigen Optimierungsarbeiten konnten nur durch den enormen Einsatz der Grob-Mitarbeiter – auch an Wochenenden und in Nachtschichten – umgesetzt werden.
Aber das flexible Konzept der Anlage schuf durch seine hohe Komplexität nicht nur Probleme. Besonders durch seine hohe Flexibilität konnten viele notwendige, motorbedingte Änderungen in den Montage- stationen während der Produktion softwaretechnisch realisiert werden. Änderungen an Werkstücken oder Montagepositionen ergaben sich rein programmtechnisch durch den innovativen Einsatz der Robotertechnik. Alle Erkenntnisse aus der ersten Linie flossen direkt in die Parallellinie ein, die in den letzten Monaten ebenfalls in Produktion gegangen ist und seit April 2010 Motoren liefert. Eine ungebrochene Nachfrage nach diesem Motor in einer Zeit der weltweiten Krise in der Automobilindustrie. Insgesamt handelte es sich bei der Projektierung und Lieferung dieser Montagelinien um ein faszinierendes Projekt mit dem wunderbaren Ergebnis, dass eine Grob-Anlage zu einer Daimler-Erfolgsstory, unter dem Motto „Innovative Anlagentechnik trifft innovative Motortechnik“ beitragen kann.

Technische Daten – jeweils pro Linie
Anzahl der Stationen 50
Anzahl der Roboter 65
Länge der Anlage 800 m
Taktzeit ca. 40 sek.
Ausbringung der Anlage 1390-1500/Tag
Motorgrundvarianten
im Endausbau 36
Motortyp Dieselmotor
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