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Dynamik hoch drei

Direktantriebe in allen Achsen bringen Doppelspindler zu Höchstleistung
Dynamik hoch drei

Mit einem neuen Horizontal-Doppelspindler erfüllt ein schwäbischer Werkzeugmaschinenbauer die Anforderungen der Endbearbeitung immer größerer Leichtmetallteile, zum Beispiel von Getriebegehäusen. Lineare Direktantriebe in den drei Hauptachsen, Torquemotoren am Doppelschwenkträger und eine performante CNC sind dabei entscheidende Automatisierungskomponenten für maximale Dynamik, Steifigkeit sowie Präzision – und damit letztlich für bis zu 30 Prozent höhere Maschinenproduktivität.

Autor: Hubert Leibbrand, Siemens AG, Sektor Industry

Moderne Automatikgetriebe mit sechs, sieben oder acht Gängen und dazu einem Hybridteil lassen im Automobilbau die Getriebegehäuse immer größer und länger werden. Damit wächst auch der Bedarf an leistungsfähigen Bearbeitungszentren (BAZ), die derart große Bauteile technologisch und wirtschaftlich „stemmen“ können. Das hat auch die Schwäbische Werkzeugmaschinen GmbH, kurz SW, aus Waldmössingen im Schwarzwald erkannt und ihr bewährtes Maschinenkonzept in eine neue Dimension übertragen. Resultat ist die BA W08-22, ein zur AMB 2012 vorgestellter Horizontal-Doppelspindler mit teils einzigartigen Ausstattungs- und Leistungsmerkmalen. Feste Größe daran ist die neueste, durchgängige Steuerungs- und Direktantriebstechnik von Siemens.
Effizienz in neuen Dimensionen
Die Acht in der Maschinenbezeichnung steht für den auf 800 Millimeter vergrößerten Spindelabstand in einem auf 800 x 900 x 650, jeweils in Millimeter, erweiterten Arbeitsraum je Spindel. Neben unabhängig voneinander agierenden Z-Achsen, ein Quasi-Standard an SW-Maschinen für einfache Werkzeuglängenkorrektur, gibt es jetzt erstmals auch zwei unabhängige X-Achsen. „Das ist weltweit einzigartig an einer mehrspindligen Maschine und ermöglicht eine noch effizientere Kompensation zum Beispiel temperaturbedingter Einflüsse, das heißt noch höhere Flexibilität und Genauigkeit“, so Wolfgang Armleder, Entwicklungsleiter bei SW. Fortgeführt hat der Hersteller sein bewährtes Doppelschwenkträgersystem für hauptzeitparalleles Be- und Entladen auf der Vorderseite. Beibehalten wurde zudem die patentierte Monoblock-Bauweise, so dass auch die W08 eine Kranhakenmaschine ist, die in einem Stück transportiert werden kann. Auch die neue Maschine ist unter vier Meter breit. Um Transporthöhe zu sparen, lässt sich das bis zu 182 Werkzeuge fassende Magazin demontieren.
Dynamik durch Direktantriebe
Der Monoblock ist eine sehr stabile und steife Schweißkonstruktion, die sich auch an den bisher größten SW-Maschinen (W06) in unterschiedlichsten Anwendungen bewährt hat. Von hinten darin integriert ist eine durchgängig auf linearen Direktantrieben aufbauende 3-Achs-Bearbeitungseinheit (Box-in-Box-Prinzip). Diese besteht aus zwei zum Gantry-Verband miteinander gekoppelten Linearmotoren der Baureihe Simotics L-1FN3 in der vertikalen Y-Achse. In der X- und Z-Achse kommen Linearmotoren desselben Typs zum Einsatz und bewegen jeweils zwei unabhängig voneinander verfahrbare Spindeleinheiten. Der vertikale Gantry-Verband lässt dem Maschinenbauer größtmögliche Freiheit bei der Auslegung seiner Mehrspindler. Er kann damit alternativ einen Blockspindelkasten, zwei Einzelspindelkästen oder bis zu vier Spindeln in zwei Z-Schlitten aufbauen. An der W08 realisieren die für Spitzenlast ausgelegten Linearmotoren Eilganggeschwindigkeiten von bis zu 120 Meter pro Minute und Beschleunigungen bis zum Doppelten der Erdbeschleunigung. Mit über 20 000 Newton maximaler Vorschubkraft der Motoren bewegt die Y-Achse eine Masse von über zwei Tonnen. Ein hydraulischer Gewichtsausgleich ermöglicht den Einsatz von Linearmotoren für vertikale Anwendungen in dieser Gewichtsklasse. Durch den Verzicht auf mechanische Übertragungselemente wird ein extrem steifer Antriebsstrang realisiert. In Kombination mit hoch präzisen Absolutwertgebern wird eine Positioniergenauigkeit von 0,008 Millimeter in allen drei Achsen erreicht (nach VDI/DGQ 3441).
Die gewählten Linearmotoren der Baureihe Simotics L-1FN3 haben sich durch ihre Robustheit und Kompaktheit seit vielen Jahren für den Einsatz in Werkzeugmaschinen bewährt. Die geschweißte Bodenplatte der Primärteile und ein magnetisches Abdeckband für die Sekundärteile – beides aus Edelstahl gefertigt – ermöglichen den Einsatz in sehr aggressiven Umgebungsbedingungen. Sie machen das Gesamtsystem wartungsarm und zuverlässig. Speziell für den Einsatz in Werkzeugmaschinen ist eine Präzisionskühlung der Primär- und Sekundärteile erhältlich, um den Wärmeeintrag in die Maschine zu minimieren.
Einfach handhabbare Steckverbindungen
Fast eine logische Konsequenz des Box-in-Box-Prinzips ist die von SW gewünschte Ausführung der Linearmotoren mit steckbaren Anschlussleitungen direkt am Primärteil. „Das vereinfacht und beschleunigt die Montage der Bearbeitungseinheit sowie eventuelle Austausch-, Reparatur- und Wartungsarbeiten daran, auch weil die Anschlussleitungen nicht auf beengtem Raum durch Engstellen geführt werden müssen“, so Wolfgang Armleder. So lässt sich die Bearbeitungseinheit weitgehend vormontieren, einfach in den Monoblock einsetzen und elektrisch in Betrieb nehmen. Die robusten, metallischen „Speed-Connect“-Rundstecker sind in Schutzart IP65 für den industriellen Einsatz konzipiert, durch eine Viertelumdrehung schnell und dauerhaft haltend verriegelt und ebenso einfach wieder entriegelt.
Neben den Linearachsen werden auch die für Präzision und Produktivität relevanten Rundachsen A und U am Doppelschwenkträger direkt angetrieben. SW-Standard dafür sind drehmomentstarke Einbau-Torquemotoren Simotics T-1FW6 von Siemens. Für den Maschinenbauer entscheidende Kriterien sind wie bei den linearen Pendants Kompaktheit, Robustheit, Dynamik und Wiederholgenauigkeit. Weitere vier Motoren desselben Typs bewegen auch die jeweils zwei Planetentische (Achsen C, W), die eine hochpräzise, parallele 5-Achs-Bearbeitung in einer Aufspannung ermöglichen. Gut die Hälfte der jährlich über 200 Maschinen der Schwaben wird mit dieser Option geordert.
Produktiv und energieeffizient
Die durchgängig direkt angetriebenen Maschinen von SW haben im Schnitt eine um 20 bis 30 Prozent höhere Ausbringung als die sonst baugleichen Ausführungen mit Kugelgewindetrieben. „Durchaus überrascht waren wir vom relativ niedrigen Energieverbrauch unserer bislang größten Maschine. Mit den derzeit leistungsstärksten Linearmotoren der Reihe Simotics L-1FN3 einschließlich Hydraulik- und Kälteaggregat liegt dieser bei etwa 18 Kilowattstunden“, so Elektro-Konstrukteur Edgar Rapp. Auch diesbezüglich haben die direkt angetriebenen Maschinen gegenüber den konventionellen die Nase vorn. Sie sind damit prädestiniert für die (Finish-)Bearbeitung großer Leichtmetallteile und ermöglichen reduzierte Stückkosten.
Aufeinander abgestimmtes Komplettpaket
Standardsteuerung der BA W08-22 ist eine Sinumerik 840D sl, das derzeit leistungsstärkste CNC-System (Typ 1B, mit NCU 730.3) von Siemens, mit der mehrkanaligen, technologieunabhängigen Bedien- und Programmieroberfläche Sinumerik Operate. Die CNC in der (Booksize-)Aufbautechnik des modularen Antriebssystems Sinamics S120 ist in Funktionalität und Achsanzahl in einem weiten Bereich skalierbar und damit in jedem Fall wirtschaftlich. Integrierte Sicherheitsfunktionen (Safety Integrated) ersparen zusätzliche Sicherheits-Hardware und Verdrahtungsaufwand.
„Es hat unbestreitbare Vorteile, alle Steuerungs- und Antriebskomponenten von einem Hersteller einzusetzen, der wie Siemens die Systemverantwortung übernimmt“, so Wolfgang Armleder. „Die Komponenten sind von Haus aus aufeinander abgestimmt, das erspart langwierige Anpassungen und hilft, die Projektzeiten auf durchschnittlich sechs bis neun Monate zu verkürzen. Dazu trägt auch bei, dass die Erstinbetriebnahme immer auch ein Antriebsspezialist von Siemens begleitet.“ Bei einem Global Player bekomme man außerdem weltweit schnell Ersatzteile und Support, was die eigenen Ressourcen entlaste.
In der Praxis bestätigt
Dieses Maschinenkonzept beschreibt eines von acht baugleichen Bearbeitungszentren für Getriebegehäuse bei einem namhaften deutschen Automobilzulieferer. Sechs davon sind bereits im Einsatz und haben ihre Bewährungsprobe erfolgreich bestanden.
Finish-bearbeitet werden Steuer- und Lagerteil von Getriebegehäusen in einer Aufspannung.
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