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Wie Bits und Bytes die Welt der Zerspanung verändern

▶ Die umwälzende Kraft der digitalen Vernetzung
Wie Bits und Bytes die Welt der Zerspanung verändern

Es hat sich bereits viel auf dem Weg zur vernetzten Fertigung getan. Beispielsweise die Gestaltungsfreiheiten in der Konstruktion oder die realisierbare Präzision in der Zerspanung haben sich stark erweitert. Die Vernetzung von digitaler Konstruktion und digitaler Fertigung bringt Produkte mit wesentlichen Vorteilen hervor. Doch es besteht weiterhin großes Potenzial.

Wo früher am Reißbrett konstruiert und an handgeführten Maschinen gefertigt wurde, bestimmen heute mehrachsige Bearbeitungszentren das Bild, die aufgrund ihrer komplexen Möglichkeiten eine Programmierung im CAM-System und unter Berücksichtigung der Maschinenkinematik und -dynamik erfordern. Überhaupt sind in den vergangenen Jahren sehr kurze Innovationszyklen in der spanenden Fertigung zu verzeichnen.
Die sogenannte 4. Industrielle Revolution auf Basis der Cyber-Physischen Systeme ist in ihrer Geschwindigkeit mit keiner der vorangegangenen industriellen Revolutionen zu vergleichen. Waren diese geprägt von Mechanik mit Hilfe von Wasser- und Dampfkraft, von der Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Hilfe elektrischer Energie und zuletzt von der weiteren Automatisierung der Fertigung durch Elektronik und IT sind heute immer komplexere Datensätze und die intelligente Vernetzung der Fertigung entscheidend.
Mit diesen komplexen Daten kann etwa dreidimensional konstruiert und simuliert werden. Quasi ein digitales Pendant des Werkzeugs erstellt werden. Ein weiterer Punkt, der sich stark auf die Zerspanung ausgewirkt hat, ist die Kopplung von CAD/CAM-Systemen. Alle Komponenten werden intelligenter und kommunizieren im Idealfall sogar miteinander. Neue Fertigungsverfahren wie die additive Fertigung oder hochdynamische Prozesse wie das trochoide Fräsen und die HSC-/HPC-Bearbeitungen – nur möglich dank komplexer Daten – machen völlig neue geometrische Werkstückformen und effizientere Bearbeitungen möglich.
Freiformflächen und spezifische Topografien bei Schneidplatten, Hydrodehnspannfutter ohne den limitierenden Faktor der Lötverbindung, Bohrer mit stabilem Kern und optimaler Kühlkanalgestaltung auch in kleinen Durchmessern, Reibahlen deren Gewicht durch neue Leichtbauverfahren um die Hälfte reduziert ist – Beispiele, die heute bei Mapal Stand der Technik sind. Es rücken vermehrt intelligente Werkzeuge in den Fokus. So hat Mapal beispielsweise die TOOLTRONIC-CAT entwickelt, die sich ohne externen Einfluss der Werkzeugmaschine selbst regelt.
Bedeutung von Plattformen und Ökosystemen
Alle genannten Produkte und Verfahren tragen dem vieldiskutierten Thema Industrie 4.0 Rechnung. Doch sie sind nur einzelne Bausteine. Die digitale Vernetzung der Fertigung bedeutet viel mehr als das. Und hier steckt auch das große Potenzial. Digitale Vernetzung bedeutet die Durchgängigkeit der Daten, deren automatisierte Verarbeitung und damit reduzierte Grenzkosten. Die Bedeutung von Plattformen und Ökosystemen nimmt zu. Und es ergeben sich völlig neue Geschäftsmodelle. Werkzeuge bestehen künftig nicht mehr nur aus Hardware. Zu den analogen Aspekten wie Preise, Lieferzeiten, Leistung, Technologie und Qualität, kommen die digitalen Anforderungen nach zugehörigen Daten und Services hinzu. Die digitale Dimension der Produkte erweitert die Wertschöpfungskette. Die Art von Beschaffung und Logistik hat sich unter anderem mit Hilfe von Beschaffungsportalen auf Shopfloor-Ebene, aktivem Werkzeugdatenmanagement und automatisierten Dispositionssystematiken verändert. Umwälzungen auf allen Ebenen.
Intelligente Komponenten und ihre Interaktion
Die digitale Vernetzung in der zerspanenden Fertigung findet in zwei Dimensionen statt. Zum einen geht es um intelligente Komponenten, wie Produktlösungen und Technologien, und die entsprechenden Schnittstellen. Zum anderen geht es um die übergeordnete Verknüpfung dieser Einzelkomponenten. Und um ihre Interaktion und Kommunikation untereinander sowie die digitalen Services.
Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, Angebot und Nachfrage enger zusammenzubringen. Und das ohne regionale und zeitliche Grenzen. Was im B2C-Bereich mit Plattformen wie ebay oder airbnb allerdings schon reibungslos funktioniert, ist in der Maschinenbau-Branche gar nicht so einfach. Zwar können durchaus Parallelen gezogen werden, allerdings ist die Komplexität im Geschäftsbereich deutlich höher. Die mögliche Idealvorstellung analog zum Verbraucherbereich: Eine Plattform, die alle beteiligten Unternehmen verknüpft, so dass der gesamte Fertigungsprozess abgedeckt ist. Und jedem die für ihn relevanten Daten zur Verfügung stehen.
Warum entspricht dieses Szenario nicht der Realität? Das liegt zum einen an den in der Industrie völlig anderen Bedingungen, die beispielsweise von Freigabeschleifen, unterschiedlichen Normen und Zertifizierungen geprägt sind, sowie an der im Gegensatz zum B2C-Bereich sehr heterogenen Systemlandschaft. Als gutes Beispiel lassen sich hier die Betriebssysteme mit den Steuerungen vergleichen. Die vier Betriebssysteme iOS, Android, Windows und Linux bestimmen den Markt. Wer eine Plattform mit Kompatibilität zu diesen Systemen entwickelt, kann davon ausgehen, dass sie für nahezu jeden nutzbar sind. Ganz anders bei den Maschinensteuerungen. Wer hier eine Plattform zur Verfügung stellen möchte, trifft auf zahllose Systeme, nahezu jeder Maschinenhersteller hat sein eigenes. Die Stammdaten in unterschiedlichen Formaten sind oft nicht miteinander kompatibel. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zu den relativ offenen Systemen im B2C-Bereich, beispielsweise bei der App-Entwicklung, eigene Entwicklungen im B2B-Bereich schwierig bis nicht erwünscht sind. Die Steuerungen sind überwiegend nicht frei konfigurierbar.
Daten bedeuten Wettbewerbsvorteil
Der Umgang mit Daten ist ein weiterer Aspekt, der den B2B-Bereich stark vom B2C-Bereich unterscheidet. Werden private Daten relativ bedenkenlos auf Plattformen hinterlegt, bergen die Daten im B2B-Bereich oft den entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Das heißt, auch wenn die Daten für nachfolgende Prozesse, beispielsweise beim Kunden, nützlich wären, werden sie nicht oder nur ungern preisgegeben. Zudem möchten sich die Unternehmen vor Industriespionage schützen und schränken deshalb den Zugang zu den Daten stark ein.
Produkte im B2B-Bereich erfordern in vielen Fällen Betreuung. Werkzeuge beispielsweise müssen eingestellt, eingefahren und gewartet werden. Auch sind Folgen, die defekte oder beschädigte Produkte mit sich bringen können, im B2B-Bereich, nicht wie im B2C-Bereich gesetzlich, sondern vertraglich geregelt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Veränderungen auf dem Weg zur digital vernetzten Fertigung deutlich zu spüren sind. Dass der Einsatz von Werkzeugen in modernen Zerspanungsprozessen durch digitale Komponenten schneller und effektiver wird sowie völlig neue Möglichkeiten geboten sind. Aber auch, dass die Suche nach Lösungen und Konzepten noch in vollem Gange ist. Der wohl wichtigste Faktor dazu ist, neben der Durchgängigkeit der Daten, die Harmonisierung der Schnittstellen und Systemlandschaften.
Mapal Dr. Kress KG

Der Autor
Stephan Köstler, Leiter Engineering Mechatronische Systeme, MapalDr.Kress KG.
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