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Industriedesigner: Das Werkzeug der Zukunft fliegt

Industriedesigner ist überzeugt: Werkzeugdrohnen werden die Fabriken erobern
Das Werkzeug der Zukunft fliegt

Wie sieht das Werkzeug der Zukunft aus? Auf einem Innovationsworkshop, moderiert vom Industriedesigner Design Tech, warfen Maschinen- und Werkzeughersteller wie Mapal, Schunk, Liebherr, Nagel und Kadia im Frühjahr 2017 einen Blick in die Glaskugel – mit verblüffendem Ergebnis: Das Werkzeug der Zukunft fliegt…

Der Austausch der Unternehmensvertreter und der Teilnehmer aus der Forschung und Entwicklung wie dem Fraunhofer IPA oder dem Hochschulcampus Tuttlingen startete zwar mit der Frage, wie das ideale Werkzeug der Zukunft aussieht – am Ende stand aber ein Konzept, das die gesamten Prozesse der Fertigung auf den Kopf stellen wird.

Initiiert und geleitet wurden die Workshops von Design Tech, einem Industrial-Design-Unternehmen, das seit über 30 Jahren ausschließlich für Maschinenbauunternehmen arbeitet. Mitinitiatoren der Innovationsworkshops waren die Wirtschaftsförderung Stuttgart, der Verein Manufuture-BW e.V. und das Kompetenznetzwerk Mechatronik Baden-Württemberg. Die Industrial Designer visualisierten die Ergebnisse und stellten diese im Juli den Fachexperten zur Diskussion.

Drohnen, die in der Luft kreisen und sich automatisch an ein Shuttle, eine mobile Werkstückaufnahme, andocken, um die Werkstücke selbstständig zu bearbeiten – das Fertigungsszenario, das Design Tech über 40 Werkzeugherstellern und Unternehmern der Industrie im Juli als das Ergebnis der beiden Workshops zum Thema „Werkzeug der Zukunft“ präsentierte, übertraf die Erwartungen aller Teilnehmer bezüglich der Innovationsstärke um „zwei Etagen“, wie es Hans-Peter Böhm, stellvertretender Leiter Forschung und Entwicklung der Elgan Diamantwerkzeuge GmbH & Co. KG, auf den Punkt brachte. Denn obwohl das Thema Drohnen an sich nicht neu ist, wurden diese bisher laut Jürgen R. Schmid, Industrial Designer und Inhaber des Industrial-Design-Unternehmens Design Tech, noch nicht in Fabrikhallen verortet.

Eine Idee für die Zukunft

„Unverständlicherweise“, wie der 61-Jährige betont, der sich von den fliegenden Werkzeugen bzw. den daraus resultierenden Prozessveränderungen „enorm viele Vorteile für alle Beteiligten“ verspricht. Um dieses Potenzial greifbar zu machen, präsentierte Design Tech die verdichteten Ergebnisse aus den beiden Workshops auch visuell. Das kam bei den Teilnehmern an. Insbesondere jene, die nicht an den vorhergehenden Workshops teilgenommen hatten, verstanden nach dem Animationsfilm „wohin die Entwicklung geht“, so Rainer Bachmann, Sales Manager der Elabo GmbH. Der Vertriebler nimmt aus der Veranstaltung daher auch „viele Gedanken mit“, die er „mit Kunden besprechen wird“. Auch Peter Schneck, Geschäftsführer der TDM Systems GmbH, will die vorgestellten Ideen, „die über das normale Engineeringdenken ein Stück hinausgehen“ in die eigenen Innovationsprozesse einbringen. Denn auch wenn er als Ingenieur noch etliche technische Herausforderungen ausmacht, „die Idee ist innovativ und ich möchte mich dieser auf keinen Fall verschließen“.

Bearbeitung im Schwarm

Die Begeisterung der Teilnehmer hatte für Schmid wesentlich damit zu tun, dass bereits viele für Ingenieure relevante technische Details vorgestellt wurden. Die referierenden Industrial Designer thematisierten beispielsweise die Verbindung zwischen Drohne und Werkstückaufnahme, dem Transport- und Bearbeitungsshuttle. Um eine präzise Bearbeitung zu ermöglichen, verbinden sich diese Teilsysteme vor der Bearbeitung zu einem festen Gesamtsystem. Und auch das Shuttle selbst wird sich mit dem Fabrikboden verankern, um die bei der Bearbeitung entstehenden Gegenkräfte aufnehmen zu können.

Anders als bei der Inline-Fertigung mit ihren vordefinierten Arbeitsschritten bewegen sich die Werkzeuge bei dem Drohnenkonzept jedoch völlig frei in der Fabrikhalle. Sie fliegen erst „wie ein Vogel zum Futterhäuschen“, wenn sie vom Shuttle, auf dem das Werkstück aufgespannt ist, dazu aufgefordert werden. Dann docken sie sich an und bearbeiten das Werkstück. Der gesamte Prozess steuert sich autonom je nach Auslastung und dabei logistisch intelligent.

Möglich wird dies durch die Sensorik des Werkzeugs, der Drohne und des Shuttles – so wird eine Schwarmintelligenz erzeugt, die alle Produktionsschritte und die Logistik innerhalb des Bearbeitungssystems einschließt. Diese offene, auf die jeweilige Situation abgestimmte Fertigung, ermöglicht Unternehmen laut Schmid erst „wirtschaftlich eine Losgröße 1 anzubieten, die mehr als eine Adaption von Standardmodulen ist“.

Den Prozess im Fokus

Auch das Industrial Design des Shuttles beweist, dass die Idee nicht der Feder eines Science-Fiction-Schreibers entsprungen ist. So bewegt das Shuttle nicht nur das zukünftige Produkt sicher durch die unterschiedlichen Produktionsstufen. Es nimmt auch die Späne sowie die Schmierstoffe während des Bearbeitungsvorgangs auf. An den Ankerplätzen, den Produktionsspots, versorgen sich die Shuttles mit der notwendigen Energie.

Auch die Drohnen werden über eine Dockingstation induktiv aufgeladen. Zudem können sie hier ihre Materialspeicher auffüllen oder entstandene Späne oder Hitze direkt abführen. Das Shuttle steuert die Abfolge der Bearbeitungsschritte und kommuniziert mit dem Werkzeug und den Drohnen. Diese übernehmen dann je nach Ausstattung unterschiedliche Bearbeitungsaufgaben. Das heißt, die einen bohren, die anderen schleifen oder sintern, wieder andere laserschweißen oder bringen Materialien additiv auf – ganz so, wie es der Auftrag erfordert.

Autonome Shuttles und Drohnen erobern neue Räume

Durch den variablen Einsatz der Drohnen und die hoch flexiblen Produktionsabläufe werden nach Ansicht der Experten aus der Werkzeugindustrie und der Forschung auch neue Produktionsräume entstehen. So könnten die autonomen Shuttles und Drohnen beispielsweise in vielstöckigen Produktionsplattformen, den sogenannten „Supertalls“, agieren. Dies hätte gleich mehrere Vorteile: Zum einen würde dank der kurzen Wege innerhalb dieser Supertalls die Effizienz in der Produktion erheblich gesteigert werden. Zum anderen ermöglicht der geringe Platzbedarf der flexiblen Bearbeitungsstationen zukünftig auch Produktionsstandorte in Ballungsräumen und damit in unmittelbarer Nähe der Kunden zu etablieren – sowohl unter- als auch überirdisch.

Fliegende Drucker optimieren Reparaturen

Wann die Werkzeugdrohnen herkömmliche Maschinen ersetzen werden, ist für Schmid eine „untergeordnete Frage“. Seine Überzeugung, dass „Werkzeugdrohnen die Fabriken dieser Welt erobern werden“, speist sich dabei aus zwei Quellen: Den möglichen wirtschaftlichen Vorteilen, die die Schwarmintelligenz Unternehmen wie Kunden verspricht und den positiven Erfahrungen mit den ersten Prototypen von Arbeitsdrohnen, wie dem fliegenden 3D-Drucker.

Eine Lösung, die wie ihr Entwickler Dr. Mirko Kovac laut einem Welt-Artikel aus dem Jahre 2014 bereits betonte, die Wartungsindustrie umkrempeln wird. Der Wissenschaftler sieht als mögliches Szenario seiner konstruierten fliegenden 3D-Drucker, dass diese von Beobachtungsdrohnen gerufen werden, wenn sich Risse oder Schwachstellen in der Oberfläche von Windrädern oder Ölpipelines zeigen. Diese Risse füllen die Drohnen dann mit Klebstoffen oder anderen Füllmaterialien.

Kovac ist Senior Lecturer an der Faculty of Engineering, Department of Aeronautics am Imperial College, London, und gilt als ausgewiesener Experte für Robotertechnologie. Seine Forschungen werden wie die vieler anderer Wissenschaftler nach Ansicht von Schmid „die Grundlage dafür schaffen, dass die Werkzeugdrohnen über kurz oder lang den herkömmlichen Maschinenpark ersetzen werden“.

Design Tech
www.designtech.eu


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